Keine Speicherung aller Daten geplant


Vorratsdatenspeicherung: Die nach den Urteilen verbliebenen Möglichkeiten für eine gesetzliche Umsetzung seien "sehr eng, sehr begrenzt"
Sie sei von zentraler Bedeutung für die Datensicherheit und den Datenschutz sowie aus Sicherheitserwägungen ein notwendiges Instrument, um Gefahren abzuwehren und schwerstkriminelle Straftaten aufklären zu können, sagte ein Unionsvertreter

(08.04.15) - Positive Erwartungen, beträchtliche Sorgen, komplette Ablehnung: Das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP ("Transatlantic Trade and Investment Partnership") stieß unter Experten bei einer Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie auf ein geteiltes Echo. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Klaus Barthel (SPD), der die öffentliche Anhörung leitete, sah den Bundestag vor noch vielen Beratungsstunden, da "bis jetzt nur Grundzüge" zu erkennen seien. Die EU-Kommission strebe an, dass es bis Ende dieses Jahres ein "Grundgerüst" für TTIP gebe, sagte ihr Vertreter Lutz Güllner.

Viele Fragen kreisten um die rechtlichen Auswirkungen. Jedes solcher Abkommen begrenze staatliches Handeln, machte Professor Markus Krajewski (Universität Erlangen-Nürnberg) klar. Freilich halte er den Bundestag für "hinreichend selbstbewusst", Beschlüsse zu fassen und es notfalls auf eine Klage ankommen zu lassen. Der Sachverständige Jürgen Maier (Forum Umwelt und Entwicklung) führte aus, dass es nicht insgesamt zu höheren Standards kommen werde. Beim Geben und Nehmen der Verhandlungen werde es um die vorhandenen unterschiedlichen Standards gehen.

Der Unternehmer Bertram Kawlath hob die "Chance" hervor, "besonders den kleinen Unternehmen große Markteintrittsbarrieren zu nehmen". Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund befürchtete hingegen einen "Wettlauf, um Arbeitnehmerstandards zu senken". Professor Gabriel Felbermayr (ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) sprach von "Vorteilen in der langen Frist" mit einem Wirtschaftswachstum von ein bis drei Prozent.

Professor Sebastian Dullien (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin) machte "leichte wirtschaftliche Vorteile" für die EU und "etwas stärkere, aber immer noch recht geringe" für Deutschland aus. Allerdings würden derzeit "Bereiche mit verhandelt, die keinerlei gesamtwirtschaftliche Vorteile erkennen lassen, aber große Risiken für die Handlungsfähigkeit der Politik mit sich bringen" - etwa Investitionsschutz oder Schlichtungsmechanismus.

Jürgen Maier wartete mit einem Generalverriss auf: Aus wirtschaftlichen Gründen sei TTIP nicht nötig. Man brauche das Abkommen "nur, wenn man eine neue Welle von Deregulierung einleiten" wolle, wenn man "der Wirtschaft mehr Macht geben will, unerwünschte Regulierungen abzuwehren". Thomas Fritz (PowerShift e.V.) befand, die Investitionsschutzregeln seien "nicht nur vor dem Hintergrund überflüssig, dass beide Partner entwickelte Rechtsschutzsysteme aufweisen". Sie seien auch "ökonomisch widersinnig".

Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen das Ziel des Abkommens, machen aber auch "erhebliche Risiken" geltend: "Sollten typische kommunale Dienstleistungen wie die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, der Öffentliche Personennahverkehr, Sozialdienstleistungen, Krankenhäuser oder die Kultur Regeln zur Liberalisierung unterworfen werden, würde die derzeit garantierte umfassende Organisationsentscheidung von Kommunalvertretern durch rein am Wettbewerb ausgerichtete einheitliche Verfahren ersetzt", heißt es in ihrer Stellungnahme.

Ausgangspunkte für die Anhörung waren drei Anträge der Opposition. Die Fraktion Die Linke verlangt, die laufenden Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA über das TTIP-Abkommen "unverzüglich zu stoppen"(18/1093). Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/1457; 18/1964) fordert "fairen Handel ohne Demokratie-Outsourcing" und dringt darauf, keine Regelungen zu schaffen, die "die Handlungs- und Gestaltungsspielräume der demokratisch legitimierten Gesetzgeber zukünftig einschränken". Die Bundesregierung solle sich außerdem dafür einsetzen, dass weder in das mit den USA geplante TTIP noch in das mit Kanada geplante "Comprehensive Economic and Trade Agreement" (CETA) ein Mechanismus zu außergerichtlichen Schiedsverfahren zwischen Investoren und Staaten aufgenommen wird. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bürokratie auf Bundesebene

    Zum Stichtag 24. Mai 2024 sind auf Bundesebene 1.797 Gesetze mit 52.401 Einzelnormen sowie 2.866 Rechtsverordnungen mit 44.475 Einzelnormen gültig gewesen. Das führt die Bundesregierung in einer Antwort (20/11746) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/11510) zu "Maßnahmen zur Reduzierung von Bürokratie auf Bundesebene" aus. Bezogen auf die Zahl der Gesetze beziehungsweise Rechtsverordnungen ist das jeweils der Höchstwert seit 2010.

  • Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz

    Der Rechtsausschuss hat sich in einer öffentlichen Anhörung mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines "Gesetzes zur Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien" (20/11308) befasst. Das Echo der geladenen Expertinnen und Experten zum Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz fiel dabei sehr unterschiedlich aus.

  • Finanzierung des EEG-Kontos

    Um erneuerbare Energien zu fördern, werden Betreibern von Photovoltaik- und Windanlagen Preise garantiert. Der paradoxe Effekt in der gegenwärtigen Situation: Die Strompreise an der Börse sinken, was gut für den Verbraucher ist.

  • Bekämpfung von Finanzkriminalität

    Geldwäsche soll in Deutschland besser bekämpft werden. Das ist das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (20/9648) zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, FKBG), das der Finanzausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion sowie der Gruppe Die Linke verabschiedet hat.

  • Innovative Ansätze in der Datenpolitik nötig

    Mit den Rahmenbedingungen für eine innovative Datenpolitik, also Datenaustausch und -nutzung sowie Datenschutz, hat sich der Digitalausschuss in einer öffentlichen Anhörung befasst. Die Sachverständigen bewerteten auch die nationalen Spielräume bei der Umsetzung des europäischen Data Acts, des Data Governance Acts aber auch der KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen