Experten für Korrekturen beim Mindestlohn


Frage der Abgrenzung von Ehrenämtern und regulären Arbeitsverhältnissen bezeichneten auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und ein für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zuständiger Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium (BMF) als klarstellungswürdig
Verbandsklagerecht einführen, um gegen Verstöße gegen das Mindestlohngesetz effektiv vorzugehen?


(20.04.16) - Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hat sich vor allem für Beschäftigte unterer Lohngruppen positiv ausgewirkt. Dennoch sehen Experten Nachbesserungsbedarf am seit 2015 geltenden Mindestlohngesetz. Das machte eine Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu einem Antrag (18/4183) der Linksfraktion deutlich, in dem diese ebenfalls Korrekturen am Mindestlohngesetz fordert.

Vorschläge zu möglichen Korrekturen kamen dabei aus verschiedenen Richtungen. So kritisierte Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) unter anderem die Regelungen zum Ehrenamt als Fehler. Das Ehrenamt sei kein Arbeitsverhältnis. Hier sei eine Regelung geschaffen worden, die man nicht hätte regeln müssen, so Wolf. Auch Praktika sollten nach Auffassung der BDA nicht als Arbeitsverhältnis definiert werden. "Man hat sie künstlich hinein definiert und nun gibt es in der Praxis zahlreiche Probleme, weil niemand genau sagen kann, was ein Pflichtpraktikum ist", sagte Wolf. Die BDA forderte in ihrer Stellungnahme, Pflichtpraktika generell von der Mindestlohnpflicht auszunehmen und freiwillige Praktika für zwölf Monate vom Mindestlohn zu befreien.

Die Frage der Abgrenzung von Ehrenämtern und regulären Arbeitsverhältnissen bezeichneten auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und ein für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zuständiger Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium (BMF) als klarstellungswürdig. Dies sei nötig, aber nicht im Mindestlohngesetz, sondern im Bürgerlichen Gesetzbuch, sagte DGB-Vertreterin Claudia Falk. Die Frage der Abgrenzung sei seit jeher ein Problem und eine Prüfung im Einzelfall nötig, fügte Julian Würtenberger vom BMF an.

Micha Heilmann, Leiter der Rechtsabteilung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), nannte als größte Probleme in der Praxis die Aufzeichnung der Arbeitszeiten und forderte in diesem Zusammenhang mehr Kontrollen. Ferner gebe es bei der Anrechnung von Zulagen und der Abgrenzung von Ehrenämtern noch große Unsicherheiten. "Die Erfassung der Arbeitszeit ist das A und O der Einhaltung des Mindestlohns. Wir brauchen aber auch eine klare Definition, was Arbeitszeiten sind, also ob Bereitschaftszeiten dazu gehören", betonte Heilmann. Auch Dieter Dewes, Bundesvorsitzender des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft, registrierte als gröbste Verstöße gegen das Gesetz Verstöße in der Stundenaufzeichnung. Er plädierte darüber hinaus dafür, nicht noch mehr Ausnahmetatbestände zu schaffen, da dies die Arbeit der Kollegen vor Ort zusätzlich erschwere. Um eine gewisse Kontrolldichte zu erreichen, bräuchte man mindestens 2.500 zusätzliche Mitarbeiter in der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, rechnete Dewes vor.

Marc Amlinger, Soziologe am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, führte aus, dass bisher vom Mindestlohngesetz vor allem Beschäftigte der unteren Lohngruppen profitiert hätten und dies vor allem im Osten Deutschlands überdurchschnittlich. Zuwächse habe es vor allem bei ungelernten Arbeitskräften gegeben. Amlinger plädiert in seiner Stellungnahme dafür, ein Verbandsklagerecht einzuführen, um gegen Verstöße gegen das Mindestlohngesetz effektiv vorzugehen. (Deutscher Bundestag: ra)




Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • PKGr-Bericht über Kontrolltätigkeit vorgelegt

    Als Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) liegt dessen "Bericht über die Kontrolltätigkeit gemäß Paragraf 13 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes" (21/12) für den Berichtszeitraum Oktober 2023 bis Februar 2025 vor. Das PKGr kontrolliert die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, Bundesnachrichtendienst).

  • Deutsche Bahn dominiert

    Die Bundesregierung hat eine auf das 9. Sektorgutachten Bahn der Monopolkommission (20/8027) bezogene Stellungnahme vorgelegt (21/21). Dabei werde auf die Marktsituation bis zum 1. Halbjahr 2024 sowie auf Maßnahmen der Bundesregierung Bezug genommen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen worden sind oder deren Umsetzung bevorsteht, heißt es in der Unterrichtung.

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen