Biohacking und Synthetische Biologie


Compliance in der Landwirtschaft: Herausforderungen der neuen Gentechnologie
Neutralität in der Gentechnikdebatte eine echte Herausforderung



Die synthetische Biologie ist die nächste Stufe der Gentechnik und eine Schlüsseltechnologie für die Bioökonomie. Das machte Patricia Lips (CDU), Vorsitzende des Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in ihrem Eingangsstatement zum Öffentlichen Fachgespräch "Synthetische Biologie, Genome Editing, Biohacking - Herausforderungen der neuen Gentechnologie" deutlich. Im Auftrag des Ausschusses hatte das Büro für Technikfolgenabschätzung (TAB) im Jahr 2016 bereits einen Bericht zur Synthetischen Biologie vorgelegt. In der Synthetischen Biologie werden künstliche, biochemische Systeme in Lebewesen integriert, die dadurch neue Eigenschaften erhalten. Das Fachgespräch baute auf diesem Bericht auf.

Arnold Sauter, stellvertretender Leiter des TAB, unterstrich, dass Gentechnik zweifelsohne eines der zentralen und auch kontroversen Themen in der Gesellschaft sei. Sauter machte deutlich, dass Neutralität in der Gentechnikdebatte eine echte Herausforderung sei, denn viele Akteure in Politik und Gesellschaft spitzten die Diskussion auf eine Art Bekenntnisfrage zu, die da laute: Sei man für oder gegen die Gentechnik? Wolle man zur weiteren Gefährdung von Umwelt und Gesundheit beitragen oder aber die Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts Deutschland schwächen? Zwischentöne würden oft nicht durchdringen oder sofort Opfer dieses Lagerdenkens werden.

Die Gentechnik habe in den vergangenen Jahren einen beispiellosen methodischen Schub durch sogenannte Genome-Editing-Verfahren erfahren. Das bekannteste zugehörige molekularbiologische Werkzeug heiße "CRISPR-Cas". Dabei gehe es darum, DNA-Bausteine im Erbgut zu verändern, und zwar so einfach und präzise, wie es bis vor kurzem unvorstellbar gewesen sei. Obwohl es aus Bakterien stamme, funktioniere CRISPR in nahezu allen lebenden Zellen und Organismen: Die Forscher hoffen auf neue Möglichkeiten bei der Bekämpfung von Aids, Krebs und einer Reihe von Erbkrankheiten.

Weil die neuen Verfahren technisch besonders unaufwendig und preisgünstig seien, sollen sie auch in technologisch und sozioökonomisch weniger entwickelten Ländern für lokal angepasste Lösungen und Produkte genutzt werden können. Auch für kleine und mittlere Unternehmen - zum Beispiel in der Pflanzen- und Tierzucht - scheinen sie leichter zugänglich und nutzbar zu sein. Doch nicht nur in Universitäten, Forschungeinrichtungen und Industrielaboren, sondern auch von ambitionierten Do-it-yourself-Biologen könnten Genome-Editing-Verfahren für vielfältige und möglicherweise auch weitreichende Versuche genutzt werden.

Im Fachgespräch ging es vor allem um die Aktivitäten der sogenannten Do-it-yourself-Biologen (DIY), auch Biohacker genannt. Rüdiger Trojok, vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Karlsruher Instituts für Technologie, ein wichtiger Vertreter dieser Szene, stellte in seinem Vortrag die Motive und Aktivitäten der DIY-Biologen dar, die international vernetzt und aktiv seien. Zentral sei der globale und freie Austausch von Wissen, Methoden und Material. Dieses machte Trojok am Beispiel der Antibiotikaforschung deutlich. Die Einordnung aus der Perspektive der etablierten Forschung nahm Ursula Theuretzbacher vom Centre für Anti-Infective Agents (Cefaia) vor.

Das Besondere an der DIY-Biologie und ihrer Akteure sei, dass die ganze Bewegung als aktive Bürgerwissenschaft oder Citizen Science quer zu den üblichen Gräben in der Bio- und Gentechnologiedebatte stehe, weil sie sich am molekularbiologischen Wissen und Können in einer Art und Weise beteiligen möchte, die in der bisherigen Auseinandersetzung über die Perspektiven der Gentechnik keine Rolle gespielt habe. Die Biohacker wollen eine Alternative zur etablierten "big science" bieten und sich vom "Korsett" und den Monopolen der universitären und industriellen Labore frei machen.

Bei der anschließenden Diskussion unter der Moderation von Harald König, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe und Co-Autor der TAB-Studie, stellte sich vor allem die Frage nach der gesellschaftlichen Beteiligung an Wissenschaft und Forschung im Bereich der Gentechnologie insgesamt.

Ferner beschäftigten sich die Wissenschaftler und Bundestagsabgeordneten mit dem Thema Biosafety und Biosecurity in Zeiten von "CRISPR-CAS&DIY-Bio", also dem Schutz vor unerwünschten ökologischen und gesundheitlichen Folgen des legalen Umgangs mit gentechnisch veränderten Organismen, als auch um Fragen der Biosecurity, dem Schutz vor illegalem, irrtümlichem oder auch böswilligem Umgang. Die Angst vor Bioterrorgefahren durch Biohacker ist regelmäßig Thema der Debatte und wurde auch im Fachgespräch diskutiert und unterschiedlich bewertet. Doch konkrete Anhaltspunkte für gravierende Sicherheitsmängel aus der DIY-Biologie konnte niemand benennen, wenngleich Detlef Bartsch, Leiter der Abteilung Gentechnik im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, die vorhandene Risikobewertung zwar als ausreichend aber auch als sehr wichtig einstufte. Anders als in den USA sei in Europa selbst die Eröffnung eines Labors an strenge Bedingungen geknüpft. Die Vertreter der DIY kritisieren diese Auflagen als zu streng, da dadurch Forschung nicht demokratisch generiert und das Wissen frei zugänglich sei. Dennoch trat auch Trojok für ein Reglement, eine Art "Führerschein" ein, damit eine Befähigung im Umgang mit Materialen und Technik gewährleistet sei.

Über ihre Arbeit in der Gensyntheseindustrie informierten anschließend Michael Liss von Thermo Fisher Scientific und für die Zivilgesellschaft Christof Potthof vom Gen-ethischen Netzwerk.

Im dritten Teil sprach Alfred Nordmann von der Technischen Universität Darmstadt unter dem Titel "Erfahrungen aus dem EU-Projekt Synenergene" über die gesellschaftliche Verankerung der Synbio-Forschung. Er machte deutlich, dass sich ganz grundsätzlich die Fragestellung in der synthetischen Biologie umkehren würde. Zukünftig werde nicht mehr gefragt, was könne der Ingenieur von der Natur lernen, sondern was könne die Natur vom Ingenieur lernen. Das bringe neue Forschung und neuer Forschertypen hervor. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 07.10.16
Home & Newsletterlauf: 20.10.16


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