Ist Kapitalismuskritik verfassungswidrig?


Innenausschuss beriet über Beobachtung von Linke-Abgeordneten durch Verfassungsschutz
Auflistung von 27 beobachteten Mitgliedern der Linksfraktion nannte die SPD-Fraktion "nicht erklärlich"


(21.02.12) - Die Beobachtung von Abgeordneten der Fraktion Die Linke durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat den Innenausschuss beschäftigt. Während dabei aus den Reihen der Opposition deutliche Kritik an der Praxis des Bundesamtes kam, verteidigte die Bundesregierung das Vorgehen des BfV. Auch dessen Präsident Heinz Fromm rechtfertigte das Handeln seiner Behörde.

Ein Vertreter des Bundesinnenministeriums betonte, dass Die Linke vom BfV seit Jahren im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben beobachtet werde und dies auch unter der rot-grünen Bundesregierung der Fall gewesen sei. Diese Beobachtung sei aufgrund von Anhaltspunkten für linksextremistische Bestrebungen in der Partei gerechtfertigt. Er verwies zugleich auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2010, das das Vorgehen des Bundesamtes bestätigt hatte. Gleichwohl habe Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine Überprüfung der Liste der vom BfV beobachteten Abgeordneten der Linksfraktion veranlasst.

Fromm wies Vorwürfe zurück, seine Mitarbeiter handelten rechtswidrig. "Das BfV hält sich an Recht und Gesetz", sagte er. Die Rechtsposition des Bundesamtes sei vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Niemand könne von einer Behörde verlangen, dass sie Gesetze nicht anwende. Fromm kritisierte in diesem Zusammenhang, dass in der öffentlichen Diskussion über die Beobachtung von Linke-Abgeordneten durch das Bundesamt die Rechtslage keine Rolle spiele. Er verwies zudem darauf, dass das BfV bei der Beobachtung von Abgeordneten der Linksfraktion keine nachrichtendienstlichen Mittel einsetze.

Die SPD-Fraktion sagte, sie vertrete nicht die Auffassung, dass es überhaupt keine Beobachtung von Abgeordneten geben dürfe. Es müsse aber klar sein, dass es nur ausnahmsweise und mit guter Begründung zu einer solchen Beobachtung kommen dürfe. Die Auflistung von 27 beobachteten Mitgliedern der Linksfraktion nannte die SPD-Fraktion "nicht erklärlich".

Die Linksfraktion warf die Frage auf, wie der Begriff "extremistisch" definiert werde. Zugleich betonte die Fraktion, dass Kapitalismuskritik nicht verfassungswidrig sei. Zudem wollte sie wissen, ob ausgeschlossen werden könne, dass es im Umfeld von Abgeordneten V-Leute gibt.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte, man könne dem BfV nicht vorwerfen, jenseits des Rechts zu agieren. Dennoch halte man das Vorgehen des Bundesamtes für falsch. Die Fraktion plädierte zugleich für eine gesetzliche Regelung bei der Beobachtung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz und verwies auf Überlegungen, eine solche Beobachtung analog zum Immunitätsrecht bei Strafverfahren zu regeln.

Die CDU/CSU-Fraktion gab zu bedenken, dass eine Beobachtung von Abgeordneten zu einer Frage der Mehrheitsverhältnisse würde, wenn ein Bundestagsgremium einer solchen Maßnahme zustimmen müsste. Sie verwies zudem darauf, dass das Gesetz kein Abgeordnetenprivileg kenne.

Die FDP-Fraktion argumentierte, für die Entscheidung, ob Abgeordnete zu beobachten sind, habe man das BfV. Die Fraktion wandte sich zugleich dagegen, mit Begriffen wie "Überwachung" einen Zusammenhang zwischen dem Bundesamt und der DDR-Staatssicherheit herzustellen. Dies sei "absolut unzulässig". (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen