Gesetzentwurf lasse Klarheit vermissen


Kritik an geteilten Zuständigkeiten von Gesundheitsbehörden
Die Deutsche Gesellschaft für Public Health (DGPH) machte einige "Designfehler" in dem Gesetzentwurf geltend, darunter den irreführenden Namen, der ein "Fehlgriff" sei



Gesundheitsexperten begrüßen im Grundsatz die gesetzliche Initiative zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit, schlagen aber einige Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Kritisch gesehen wird vor allem die geplante Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem neuen Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und dem Robert-Koch-Institut (RKI), wie eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/12790) ergab. Von einem Konstruktionsfehler im Gesetz war in der Anhörung die Rede. Die Sachverständigen äußerten sich in der Anhörung des Gesundheitsausschusses sowie in schriftlichen Stellungnahmen.

Die Deutsche Gesellschaft für Public Health (DGPH) machte einige "Designfehler" in dem Gesetzentwurf geltend, darunter den irreführenden Namen, der ein "Fehlgriff" sei. Zudem sei die geplante Trennung der Zuständigkeiten für übertragbare Erkrankungen (RKI) und nicht-übertragbare Erkrankungen (BIPAM) fachlich nicht sinnvoll und konträr zu den Lehren der Corona-Pandemie. Das Kernproblem dieser Trennung sei ein zentraler Designfehler. Es müsse verhindert werden, dass im Ergebnis der Novelle das RKI geschwächt werde. Angesichts der Tatsache, dass erhebliche Anteile des RKI an das neue Institut abgegeben werden sollen, sei die Gefahr offensichtlich.

Ähnliche Bedenken äußerte die Bundesärztekammer (BÄK), die sich den Reformzielen grundsätzlich anschließt. Jedoch stehe die geplante Arbeitsweise des neuen Instituts im Widerspruch zu der von der Koalition angekündigten Public-Health-Strategie. Es sei nicht stimmig, die Aufgabenbereiche zur Vermeidung von nicht-übertragbaren Erkrankungen und der Bekämpfung von Infektionskrankheiten zu trennen. Die BÄK befürchtet zudem, dass der Aufbau neuer Organisationsstrukturen Jahre dauern könnte. Neben Sachmitteln müsse überdies in Fachärzte investiert werden. Der Gesetzentwurf lasse ferner Klarheit darüber vermissen, welche Perspektive sich für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) nach dem Ende der Mittelzuweisungen aus dem ÖGD-Pakt ergebe.

Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (bvkj) erklärte, aus struktureller und organisatorischer Sicht könne die Schaffung eines neuen Instituts nicht überzeugen. Es fehle an einem erkennbaren Mehrwert gegenüber der jetzigen Konstellation und dem Nachweis, dass die vorgesehenen Aufgaben effektiv nicht von bestehenden Einrichtungen wie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und dem RKI übernommen werden könnten. Zu befürchten sei, dass mit der Neuorganisation von Zuständigkeiten etablierte Strukturen beim Infektionsschutz geschwächt werden könnten. Es sei bereits festzustellen, dass Brüche im Monitoring von Impfquoten den dringend nötigen umfassenden Blick auf die Gesamtlage erschwerten.

Mehrere Sachverständige befürworteten in der Anhörung die Gründung des neuen Instituts und forderten eine bessere Auswertung von gesundheitsrelevanten Daten, eine zielgruppenspezifische Aufklärung der Bevölkerung über wichtige Gesundheitsthemen sowie eine unabhängige Arbeitsweise und eine solide Finanzierung der neuen Behörde. Die Einzelsachverständige Petra Thürmann von der Universität Witten-Herdecke sagte in der Anhörung, es gebe in Deutschland keinen breiten Public-Health-Ansatz. In Krisenlagen fehle es häufig an Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung.

Das Video der Anhörung und die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen auf bundestag.de: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw42-pa-gesundheit-oeffentliche-gesundheit-1022632. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 13.11.24
Newsletterlauf: 22.01.25


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen