Unmut in der Öffentlichkeit


Linke fragt nach Ehrenkarten-Vergabe bei der Fußball-EM
Nutzung von Ehrenkarten für die Fußball-EM der Männer durch Vertreterinnen und Vertreter des Bundes



Nach Auffassung der Abgeordneten der Gruppe Die Linke hat die Bundesregierung mit ihren Auftritten bei der EURO 2024 fehlendes Augenmaß und unzureichende Transparenz demonstriert. Als Beispiel nennen sie unter anderem den Flug mit der Flugbereitschaft der Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) am 23. Juni 2024 nach einem Fußballspiel von Frankfurt am Main in das 200 km entfernte Luxemburg trotz grundsätzlichem Nachtflugverbot, fehlender Nachhaltigkeit und den dafür entstandenen Kosten von über 47.000 Euro ebenso wie die fünffache Teilnahme von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an Spielen und seine eigene Berichterstattung via Facebook.

In einer Kleinen Anfrage (20/12686) mit dem Titel "Nutzung von Ehrenkarten für die Fußball-EM der Männer durch Vertreterinnen und Vertreter des Bundes" fragen die Abgeordneten die Bundesregierung, wie viele "Ehrenkarten" ihr für die Fußball-EM durch die UEFA insgesamt zur Verfügung gestellt und , wie viele davon in Anspruch genommen wurden. Zudem wollen sie wissen, ob an allen 51 Spielen mindestens ein Mitglied der Bundesregierung und ein Mitglied des Bundestages teilgenommen haben und ob der Kreis der Personen, der laut Protokollkonzept von UEFA und Bund im März 2024 als Anspruchsberechtigte für die Ehrenkarten definiert wurde, durch weitere Vereinbarungen erweitert wurde - und wenn ja, wann, in welcher Form sowie für welche Personen beziehungsweise Funktions- oder Mandatsträger.

Vorbemerkung der Fragesteller
Zur Antwort der Bundesregierung auf seine Schriftliche Anfrage erklärte der Abgeordnete und sportpolitische Sprecher der Gruppe der Linken im Bundestag: "Ich meine, es ist gut und richtig, dass die Repräsentanten aus Parlamenten und Regierungen im Stadion in angemessener Zahl präsent sind, aber auch bei dieser Ticketvergabe sind Augenmaß und Transparenz unabdingbar" (Transparenz und Augenmaß bei kostenfreien Tickets für die EURO 2024 sind unabdingbar – Dr. André Hahn.

Laut einem zwischen der Union of European Football Associations (UEFA) und dem Bund im März 2024 vereinbarten Protokollkonzept stellte die UEFA dem Bund rund 600 kostenlose "Ehrenkarten zur Nutzung aus dienstlichem Anlass" für die insgesamt 51 Spiele der EURO 2024 zur Verfügung. Die Antworten der Bundesregierung auf Schriftliche Anfragen der Abgeordneten Dr. André Hahn (vom 6. Juni 2024, Bundestagsdrucksache 20/11712, S. 32/33), Jan Korte (vom 9. Juli 2024, Bundestagsdrucksache 20/12255, S. 41/42), Christian Görke (vom 11. bzw. 19. Juli 2024, Bundestagsdrucksache 20/12255, S. 36) und Sören Pellmann (vom 18. Juli 2024, Arbeitsnummer 7/70) lieferten einige Informationen zu den im Protokollkonzept vereinbarten Regularien, ließen aber viele Fragen offen.

Zu den Regularien gehörte, dass beim Eröffnungs- und Endspiel der Bundespräsident und bzw. oder die Präsidentin des Deutschen Bundestages und bzw. oder der Bundeskanzler sowie die für den Sport zuständige Bundesministerin des Inneren und für Heimat zugegen sein sollten. Bei allen anderen Spielen der deutschen Nationalmannschaft sollte in jedem Fall ein Mitglied der Bundesregierung und ein Mitglied des Deutschen Bundestages dabei sein, bei allen anderen Spielen wäre eine derartige Präsenz wünschenswert.

Die VIP-Ehrenkarten waren unverkäuflich, standen nur für einen klar definierten Personenkreis zur Verfügung, eine Übertragung der Karten wurde ebenso ausgeschlossen, wie eine Begleitung. Die Bundesregierung hatte sich mit dem Deutschen Bundestag auf eine hälftige Verteilung der sogenannten Ehrenkarten verständigt. Von ihrem Anteil sollte die Bundesregierung Karten an Repräsentanten der Verfassungsorgane des Bundes (Bundespräsidialamt, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht) abgeben. Berechtigt für die Verwendung der Karten waren nach Kenntnis der Fragesteller seitens der Bundesregierung der Bundeskanzler, die Bundesministerinnen und Bundesminister und die Staatsministerin für Kultur und Medien. Die für den Deutschen Bundestag vorgesehenen Karten sollten ausschließlich für die Mitglieder des Präsidiums, die Vorsitzenden der Fraktionen, die Vorsitzenden der im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenen Parteien sowie dem Vorsitzenden des Sportausschusses zur Verfügung stehen.

Mittels Information vom Leiter des Protokolls des Bundestages an das Sportausschusssekretariat am 4. Juni 2024 wurde der Personenkreis um die sechs Obleute des Sportausschusses bzw. die sportpolitischen Sprecher erweitert. Weitere Kartenkontingente stellte die UEFA dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), Gästen aus dem Ausland, den "Host Cities" (den zehn Ausrichterstädten) und den kommerziellen Partnern (Sponsoren) zur Verfügung.

Mit ihren Auftritten bei der EURO 2024 demonstrierte die Bundesregierung nach Auffassung der Fragesteller fehlendes Augenmaß und unzureichende Transparenz. Dazu gehören der Flug mit der Flugbereitschaft der Außenministerin Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) am 23. Juni 2024 nach einem Fußballspiel (an dem mehrere weitere Bundesminister teilnahmen) von Frankfurt in das nicht mal 200 km entfernte Luxemburg trotz grundsätzlichem Nachflugverbot, fehlender Nachhaltigkeit und den dafür entstandenen Kosten von über 47.000 Euro ebenso, wie die fünffache Teilnahme des Gesundheitsministers Dr. Karl Lauterbach (SPD) an Spielen und seine fragwürdige eigene Berichterstattung darüber auf seiner Facebookseite, die für die Fragesteller berechtigte Zweifel aufkommen lassen, ob denn seine Teilnahme an den Fußballspielen eher Vergnügungsreisen statt Reisen aus "dienstlichem Anlass" waren.

Fragen werfen auch die Teilnahme der Ehefrau des Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) an mehreren Spielen auf, obwohl eine Begleitung für die Vertreter des Bundes zu Spielen ausdrücklich und ausnahmslos ausgeschlossen wurde (siehe Schriftliche Frage des Abgeordneten Christian Görke).

Aus Sicht der Fragesteller berechtigter Unmut in der Öffentlichkeit entstand auch, als die Bundesregierung auf die Anfrage des Abgeordneten Pellmann mitteilte, dass allein die von Mitgliedern der Bundesregierung in Anspruch genommenen sechs Flüge mit der Flugbereitschaft zu Spielen der EURO 2024 (Vergleichbare Karten in Lounges kosten "zwischen 1 250 und 2 300 Euro pro Begegnung" – siehe Business Insider vom 3. Juli 2024 "VIPs bei der Fußball EM 2024: Wer bezahlt eigentlich die Stadionbesuche von Scholz, Baerbock und Co.?") Kosten in Höhe von 531.000 Euro verursachten.
(Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 04.09.24
Newsletterlauf: 22.11.24


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • E-Rechnung: E-Mail-Postfach reicht aus

    Für den Empfang einer E-Rechnung reicht künftig die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus. Das erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/12742) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/12563). Allerdings können die beteiligten Unternehmen auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren.

  • Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt

    Die Nutzung neuer Flächen für Bau- und Verkehrsprojekte soll weiter reduziert und bis 2050 auf "Netto-Null" reduziert werden. Dieses Ziel wird in dem von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/12650) vorgelegten Transformationsbericht zum Bereich Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende formuliert.

  • Förderung für Reparaturinitiativen statt Reparatur

    Die Bundesregierung will laut einer Antwort (20/12723) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/12495) Reparaturinitiativen mit insgesamt drei Millionen Euro fördern. Die Einführung eines Reparaturbonus auf Elektrogeräte lehnt sie mit Verweis auf die Haushaltslage ab.

  • Vor möglichen Lieferengpässen gewarnt

    Eine Bedrohung der Arzneimittelversorgung ist nach Angaben der Bundesregierung durch das novellierte chinesische Anti-Spionage-Gesetz derzeit nicht zu befürchten. Es gebe einen engen Austausch mit den Ländern, um mögliche Bedenken und Risiken bei künftigen Inspektionsreisen zu minimieren, heißt es in der Antwort (20/12695) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/12482) der Unionsfraktion.

  • Bericht zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt

    Die Bundesregierung hat den "Bericht über die für die Europäische Kommission zu erstellenden Berichte über die durch die Strukturfonds geleisteten Beiträge zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt" als Unterrichtung (20/12550) vorgelegt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen