Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Weitere Urteile

Zweckbetrieb gemäß § 65 AO


Kostümparty eines gemeinnützigen Karnevalsvereins kein Zweckbetrieb
Die "Nacht der Nächte" habe in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO)



Ein von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführtes Kostümfest ist kein Zweckbetrieb. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 2016 V R 53/15 unterliegen die Einkünfte aus der Veranstaltung daher der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Umsatzsteuerregelsatz. Kläger war im Streitfall ein eingetragener Verein. Er war mit seinem Satzungszweck "Förderung des Karnevals in seinem historischen Sinne" als gemeinnützig gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 23 der Abgabenordnung (AO) anerkannt. Neben klassischen Karnevalssitzungen veranstaltete der Kläger seit vielen Jahren am Karnevalssamstag die Kostümparty "Nacht der Nächte".

Das Finanzamt (FA) ging davon aus, dass hierin kein Zweckbetrieb gemäß § 65 AO zu sehen sei und unterwarf daher die daraus erzielten Einkünfte der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Regelsteuersatz. Während die Klage zum Finanzgericht (FG) Erfolg hatte, hob der BFH auf die Revision des FA das Urteil des FG auf und wies die Klage ab. Nach dem Urteil des BFH fehlen alle Voraussetzungen für die Annahme eines Zweckbetriebs.

Die "Nacht der Nächte" habe in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO). Dies setze voraus, dass der der Brauchtumspflege gewidmete Geschäftsbetrieb der Kulturförderung, nicht aber zur Förderung kommerzieller Ziele diene. Entgegen der Auffassung des FG umfasse das traditionelle Brauchtum in Gestalt des Karnevals nicht jede von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte gesellige Veranstaltung, die durch Kostümierung der Teilnehmer, musikalische und tänzerische Darbietungen sowie ausgelassenes Feiern geprägt werde. Erforderlich sei vielmehr, dass die Veranstaltung selbst durch Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form gekennzeichnet werde. Dies treffe auf die Veranstaltung im Streitfall nicht zu.

Zudem habe es sich bei der "Nacht der Nächte" nicht um einen für die Vereinszwecke i.S. des § 65 Nr. 2 AO "unentbehrlichen Hilfsbetrieb" gehandelt. Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine Kostümparty, bei der Darbietungen, die nicht im engeren Sinne karnevalistischer Art sind, einen wesentlichen Anteil ausmachen, das unentbehrliche und einzige Mittel zur unmittelbaren Förderung des Karnevals in seiner historischen Form sein soll. Schließlich scheitere die Annahme eines Zweckbetriebs auch an der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO. Für den BFH war insoweit ausschlaggebend, dass eine Kostümparty während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern veranstaltet werden kann. Zudem habe das FG selbst festgestellt, dass der Kläger in Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten kommerziellen Anbietern vergleichbarer Veranstaltungen getreten sei.
(Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 7. Februar 2017: ra)

eingetragen: 03.03.17
Home & Newsletterlauf: 28.03.17


Meldungen: Weitere Urteile

  • Klage auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 06.05.2025 - IX R 2/23 entschieden, dass statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung eines gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist. Er schließt sich damit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an (vgl. Urteile vom 30.11.2022 6 C 10.21, Rz 14, und vom 16.09.2020 6 C 10.19, Rz 12).

  • Betriebliche Veranlassung der Swap-Verträge

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.04.2025 - VI R 11/22 entschieden, dass Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps als Betriebsausgaben abzugsfähig sein können, soweit mit diesem ein betriebliches Zinsänderungsrisiko abgesichert werden soll.

  • Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz

    Ein Steuerpflichtiger hat nach dem Informationsfreiheitsgesetz keinen Anspruch auf Informationen hinsichtlich der Unterlagen, die der Erstellung der amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 09.05.2025 - IX R 1/24 entschieden. Die amtliche Richtsatzsammlung ist ein Hilfsmittel, das von den Betriebsprüfern der Finanzämter als Hilfsmittel für die Verprobung von Umsätzen und Gewinnen von Steuerpflichtigen herangezogen wird. Sie wird jährlich in Form eines Schreibens vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf seiner Homepage veröffentlicht.

  • Steuererklärung und Steuerbescheid

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.11.2024 - X R 25/22 entschieden, dass ein Steuerbescheid stets geändert werden kann, wenn elektronisch übermittelte Daten an das Finanzamt (FA) übermittelt werden. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob der Inhalt der Daten dem FA bereits bekannt war.

  • Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.11.2024 - VI R 1/23 entschieden, dass Aufwendungen für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch dann, wenn die Teilnahme an einem dort angebotenen, ärztlich verordneten Funktionstraining die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio voraussetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen