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Zulässige Kritik kontra Persönlichkeitsschutz


Meinungsfreiheit im Wirtschaftsleben: BGH stützt kritische Äußerungen über Unternehmen und deren Geschäftsleitung
Bei der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz der Kläger und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung musste der Persönlichkeitsschutz zurücktreten


(01.10.09) - Auch im Wirtschaftsleben streitet die Meinungsäußerungsfreiheit für Kritiker. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun entschieden (VI ZR 19/08) und ließ die Klage einer Aktiengesellschaft scheitern, die Äußerungen eines Aktionärs verboten wissen wollte.

Im Juli 2005 meldete die Klägerin der Öffentlichkeit, ihr Aufsichtsrat habe beschlossen, dass der seinerzeit agierende Vorstand zum Ende 2005 aus dem Unternehmen ausscheide. Kurz darauf wurde in der Fernsehsendung "SWR-Landesschau" ein mit dem Beklagten – einem Aktionär der Gesellschaft - geführtes Interview ausgestrahlt, in dem dieser unter anderem äußerte:

"Ich glaube nicht, dass der Rücktritt (des Vorstands der Klägerin) freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde. … und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."

Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg haben Verbotsurteile erlassen, die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung der Urteile und zur Abweisung der Klage.

Rechtsanwalt Nikolai Klute von .rka Rechtsanwälte kommentiert die Entscheidung: "Der BGH hat die Äußerungen des Beklagten nicht isoliert betrachtet sondern im Gesamtzusammenhang des Interviews. Sie unterliegen nach Auffassung der höchsten deutschen Zivilrichter als wertende Äußerungen dem Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes. Der erste Teil der Äußerung war demnach als Werturteil und nicht als Tatsachenbehauptung einzustufen, beim zweiten Teil handelte es sich auch nicht um unzulässige Schmähkritik, da der Beklagte sich zu einem Sachthema von erheblichem öffentlichen Interesse äußerte. Die Herabsetzung der Person des Vorstandsvorsitzenden habe dabei nicht im Vordergrund gestanden."

Bei der danach gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz der Kläger und dem Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung musste der Persönlichkeitsschutz der Kläger im vorliegenden Fall zurücktreten. An der Bewertung der Geschäftstätigkeit des Vorstandsvorsitzenden eines Großunternehmens und dessen vorzeitigem Rücktritt besteht ein großes öffentliches Interesse.

Demgemäß müssen die Grenzen zulässiger Kritik gegenüber einem solchen Unternehmen und seinen Führungskräften weiter sein. Würde man solche Äußerungen am Tag des Ereignisses unterbinden, wäre eine öffentliche Diskussion aktueller Ereignisse von besonderem Öffentlichkeitswert in einer mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise erschwert. (.rka Rechtsanwälte: ra)

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