Anzeichen für einen Hackerangriff
AG Düsseldorf: Halbgare Erklärungen zur fehlenden Verantwortlichkeit in Filesharing-Fällen reichen nicht
Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt demnach der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast
(08.07.14) - Wer als Anschlussinhaber behauptet, er sei in Filesharing-Fällen für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich, muss umfassend vortragen, welche alternativen Geschehensabläufe ihn entlasten können. Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf in einem von .rka Rechtsanwälte erstrittenen Urteil entschieden (Urteil. v. 13.06.2014, 57 C 270/14)."Der Anschlussinhaber", so das Gericht in seinem Urteil, "muss seine Verantwortlichkeit substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses ergibt (BGH GRUR 2013, 511 - Morpheus).
Der Beklagte stellt nur die vage Vermutung in den Raum, dass Dritte sich über den unsicheren Router in seinen Anschluss eingehackt haben. An konkreten Darlegungen, wie der Router verschlüsselt war, und welche Anzeichen er für einen Hackerangriff hat, fehlt es ebenso wie an der Darlegung, wie das Umfeld um den Rechner war." Die Vermutung, dass der Beklagte als Anschlussinhaber auch Täter der Verletzungshandlung war, ist damit nicht erschüttert worden und der Beklagte wurde antragsgemäß verurteilt.
"Die Entscheidung dokumentiert die abnehmende Bereitschaft der Gerichte, sich mit halbgaren Erklärungen der Beklagten in Filesharing-Fällen abspeisen zu lassen”, erklärt der Hamburger Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Nikolai Klute. In diese Richtung geht auch die neueste Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil v. 08.01.2014, I ZR 169/12 – Bearshare). Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt demnach der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und warum diese als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 – Sommer unseres Lebens; Urteil vom 15. November 2012 I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 – Morpheus).
"Werden diese Erklärungslasten – wie in dem Düsseldorfer Urteil – von den Gerichten ernst genommen, sind die Anschlussinhaber unter Schilderung der konkreten Umstande gehalten, konkret vorzutragen, wer für die Rechtsverletzung in Betracht kommen kann", so Rechtsanwalt Nikolai Klute, "mit Mauertaktik, Halbwahrheiten und beredtes Schweigen hilft nicht weiter." In einer anderen Entscheidung aus November 2013 hat das Amtsgerichts Düsseldorf dann auch unmissverständlich klar gemacht, dass die sekundären Darlegungslasten dafür da sind, dem Kläger Beweisangebote zu ermöglichen.
Werden weitere Nutzer des Internetanschlusses vom Beklagten nicht genannt, kommt dies einer Beweisvereitelung gleich und begründet allein aufgrund dieses Verhaltens die Haftung des Anschlussinhabers (AG Düsseldorf, Urt. v. 19.11.2013, 57 C 3144/13): Demnach "…ist vom Anschlussinhaber – schon im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 383 ZPO – nicht zu fordern, dass … der beklagte Anschlussinhaber … mögliche seine eigene Täterschaft untermauernde Zeugen – und somit letztlich sämtliche Mitnutzer – auf Verlangen der Klägerseite namhaft zu machen (hat), denn die namentliche Benennung der Zeugen ist dann nur dem Beklagten möglich, da die Zeugen aus dessen Sphäre stammen.
Kommt die nicht beweispflichtige Partei der Namhaftmachung bei einer solchen Sachlage schuldhaft nicht nach, liegt eine Beweisverteilung vor (BGH NJW 2008, 982 (984)), die sodann dazu führen kann, dass in entsprechender Anwendung von §§ 427, 441 Abs. 3 ZPO die Täterschaft des Anschlussinhabers als erwiesen zu betrachten ist (MüKo-Prütting ZPO § 286 Rn. 92)". Auf dieser Linie ist eine Verteidigung, die gleichzeitig von dem Interesse getragen ist, Dritte nicht als Täter der Rechtsverletzung zu offenbaren, nicht mehr möglich.
In der von .rka Rechtsanwälte erstrittenen Entscheidung ist es dann auch zu einer vollumfänglichen Verurteilung gekommen. AG Düsseldorf Urt. v. 13.06.2014, 57 C 270/14 AG Düsseldorf Urt.v.13.06.2014, 57C270-14; AG Düsseldorf, Urt. v. 19.11.2013, 57 C 3144/13
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/ag_duesseldorf/j2013/57_C_3144_13_Urteil_20131119.html
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