Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Weitere Urteile

Berechnung der Anzahlungsquote


TUI darf für Pauschalreisen keine 40 Prozent Anzahlung verlangen - Mehr als 20 Prozent Anzahlung sind nur in Ausnahmen zulässig
vzbv gewinnt erneut Klage vor dem OLG Celle: Die Anzahlung überstieg die Vorleistung des Veranstalters



Der Reiseveranstalter TUI darf für Pauschalreisen keine Anzahlung in Höhe von 40 Prozent des Reisepreises verlangen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle (Urteil vom 23.06.2016, Az. 11 U 279/12 – nicht rechtskräftig) nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) entschieden. Der Reiseveranstalter konnte vor Gericht nicht nachweisen, dass die eigene Vorleistung die Höhe der Anzahlung rechtfertigt.

"Das Urteil stellt klar, dass Reiseanbieter die Höhe der Anzahlung nicht beliebig festlegen können. Verbraucher müssen nur so viel anzahlen, wie der Anbieter tatsächlich an Vorauszahlungen etwa für Flug oder Hotel aufwenden muss", sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv.
Anzahlung darf Vorleistung des Reiseveranstalters nicht übersteigen

Bei mehreren TUI-Marken sollten Kunden 40 Prozent des Reisepreises sofort nach der Buchung bezahlen. Das OLG Celle hatte bereits 2013 entschieden, dass eine derart hohe Anzahlung die Kunden unangemessen benachteiligt und deshalb unzulässig ist. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil jedoch teilweise aufgehoben: Eine Anzahlung von mehr als 20 Prozent des Reisepreises könne ausnahmsweise zulässig sein, wenn das Unternehmen selbst entsprechend hohe Vorleistungen erbringe. Das OLG Celle musste daher erneut über den Fall verhandeln und prüfen, ob TUI für die betroffenen Reisen tatsächlich Vorleistungen von mindestens 40 Prozent erbringt.

Vermittlungsprovision zählt nicht zu den Vorleistungen
An der hohen Anzahlungspauschale hielt TUI während des Verfahrens nur noch für Reisen seiner beiden Marken "X 1-2-Fly" und "XTUI" fest. Die Berechnungen des Reiseveranstalters erkannten die Richter aber nicht an. Die vermeintlichen Vorleistungen überschritten nur deshalb 40 Prozent des Reisepreises, weil das Unternehmen die an Reisebüros gezahlten Vermittlungsprovisionen einrechnete. Die Richter stellten klar: Zu den Vorleistungen gehören nur Aufwendungen für konkrete Reiseleistungen. Das sind zum Beispiel Vorauszahlungen an Fluggesellschaften oder Hotelbetreiber, nicht aber Vertriebs- oder allgemeine Betriebskosten.

Vorleistungen müssen für die einzelnen Reisearten repräsentativ sein
Die Richter monierten außerdem, dass die TUI-Berechnungen längst nicht für alle betroffenen Reisen der beiden Marken repräsentativ seien. Aus den Zahlen des Reiseveranstalters ging hervor, dass der Löwenanteil der Vorleistungen auf Zahlungen an Fluggesellschaften entfiel. Doch für elf Prozent der Flüge fielen im Geschäftsjahr 2014/2015 gar keine Vorauszahlungen an. In mehr als 14.000 Fällen erbrachte der Veranstalter laut Gericht daher nur Vorleistungen von neun Prozent des Reisepreises. Trotzdem mussten die Kunden 40 Prozent anzahlen. Die Richter sahen darin eine erhebliche und nicht zu rechtfertigende Mehrbelastung. Ein Veranstalter dürfe sich bei der Kalkulation der Anzahlungspauschale nicht auf Durchschnittszahlen berufen, die für einen erheblichen Teil der Reisenden nicht zutreffen.

Im Ergebnis hielt das Oberlandesgericht Celle an seinem Urteil von 2013 fest und gab der Klage des vzbv in vollem Umfang statt. Ursprünglich hatte TUI für Pauschalreisen von sechs seiner Marken eine Anzahlung von 40 Prozent des Reisepreises gefordert, außerdem für "Top-Angebote", "Specials", "Sparreisen" sowie Ticket-Pakete unter dem Namen "Musicals und Shows". (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)
(Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

eingetragen: 26.07.16
Home & Newsletterlauf: 30.08.16

Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Weitere Urteile

  • Gewinnermittlung nach der Tonnage

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 19.10.2023 - IV R 13/22 dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -) verstößt, soweit diese Vorschrift die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG für Wirtschaftsjahre anordnet, die nach dem 31.12.1998 beginnen.

  • Wettbewerbsverstöße von Drittanbietern

    In dem Grundsatzverfahren der Wettbewerbszentrale zur Frage der Reichweite der Haftung von Marktplatzbetreibern für Wettbewerbsverstöße von Drittanbietern hat jüngst das OLG Frankfurt am Main geurteilt (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2023, Az. 6 U 154/22 - nicht rechtskräftig). Es hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und die Berufung gegen das Urteil des LG Frankfurt am Main (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.09.2022, Az. 3-12 O 42/21) zurückgewiesen.

  • Rahmenbedingungen der Steuerberaterprüfung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11.07.2023 - VII R 10/20 weitere Klarheit in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Steuerberaterprüfung geschaffen. Die Entscheidung bestätigt die Rechtmäßigkeit der Möglichkeit, die schriftlichen Prüfungsarbeiten ohne Verwendung eines anonymisierten Kennzahlensystems anfertigen zu lassen.

  • Aufwendungen für Ferienimmobilienanbieter

    Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17.08.2023 - III R 59/20 entschieden hat, können Aufwendungen, die ein Ferienimmobilienanbieter tätigt, damit ihm die Eigentümer von Ferienimmobilien diese zur Vermietung an Reisende überlassen, als Mieten zu qualifizieren sein und zu einer gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung zum Gewinn führen. Die Klägerin, eine Verwaltungs - und Beteiligungs-Gesellschaft mbH, war im Streitjahr 2010 zu 100 Prozent an einer Firma (X) beteiligt, die Reisenden Ferienimmobilien über Kataloge, eine Internet-Plattform und über Vermittler, wie zum Beispiel Reisebüros anbot. Zudem war die Klägerin Organträgerin der X, weshalb ihr das Ergebnis der Organgesellschaft steuerlich zugerechnet wurde.

  • Bestehen einer steuerlichen Organschaft

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11.07.2023 - I R 21/20 für den Fall der Verschmelzung einer Kapital- auf eine Personengesellschaft entschieden, dass der übernehmende Rechtsträger als ("neuer") Organträger auch dann in die bereits beim übertragenden Rechtsträger (als "alter" Organträger) erfüllte Voraussetzung einer finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft eintritt, wenn die Umwandlung steuerlich nicht bis zum Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezogen wird.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen