Bittere Pille für "Vitalsana"
OLG Stuttgart untersagt Apothekenkonzept "Vitalsana" der Drogeriemarkt-Kette Schlecker
Richter bestätigen die Auffassung der Wettbewerbszentrale, dass ein Unternehmen, das eine pharmazeutische Tätigkeiten in Deutschland ausübt, auch eine Apothekenbetriebserlaubnis benötigt
(23.02.11) - Die Wettbewerbszentrale verweist in einer Presseerklärung auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart, bei es um die Vertriebstätigkeit der Versandapotheke "Vitalsana" ging:
"Mit Urteil vom 10.02.2011 hat das Oberlandesgericht Stuttgart die holländischen Versandapotheke "Vitalsana" verurteilt, es zu unterlassen, in Deutschland ohne die erforderliche Apothekenbetriebserlaubnis einen Apothekenbetrieb auch nur teilweise zu unterhalten (Aktenzeichen 2 U 65/10). Hinter der Versandapotheke Vitalsana steht die deutsche Drogeriemarktkette Schlecker mit Hauptsitz in Ehingen.
Die Wettbewerbszentrale hatte unter anderem vorgetragen und beanstandet, dass die niederländische Versandapotheke Vitalsana maßgebliche Teile ihrer Geschäftsaktivitäten als Apotheke nicht von den Niederlanden, sondern von Deutschland aus erbringe. So werden unter anderem unter Zuhilfenahme der Ressourcen der Fa. Schlecker von dort aus Vertragsverhandlungen, Besprechungen und Vertragsabschlüsse mit Lieferanten, Dienstleistern und Krankenkassen geführt. Ferner erfolge dort die schriftliche Bestell- sowie die Rezeptannahme, die Sammlung retournierter Arzneimittel sowie auch die pharmazeutische Beratung.
Vor diesem Hintergrund bedürfe der Betrieb der Versandapotheke in Deutschland einer Apothekenerlaubnis, über die Vitalsana B.V. nicht verfüge. Die Wettbewerbszentrale hatte daher auf Unterlassung dieses Geschäftsmodells geklagt.
Nachdem das Landgericht Ulm in erster Instanz die Klage der Wettbewerbszentrale in diesem Punkt noch abgewiesen hatte, ist das Oberlandesgericht Stuttgart nunmehr der Auffassung der Wettbewerbszentrale gefolgt. Der Senat weist in der Entscheidung darauf hin, dass der deutsche Gesetzgeber durch verschiedene apothekenrechtliche Vorschriften sicherstelle, dass der Inhaber einer Apotheke die ihm obliegende Tätigkeit selbst oder durch sein weisungsgebundenes Personal wahrnehme.
Die Abgabe pharmazeutischer Kerntätigkeit an eine Gesellschaft ist nach Auffassung des Gerichts mit diesen gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Sie bestätigen damit die Auffassung der Wettbewerbszentrale, dass die Beklagte, die pharmazeutische Tätigkeiten in Deutschland ausübt, dann auch eine Apothekenbetriebserlaubnis benötige
Die Wettbewerbszentrale begrüßt das Urteil: Es schafft Klarheit, dass das Betreiben wesentlicher apothekentypischer Geschäftsverläufe und Handlungen nicht nur für in Deutschland ansässige Apotheker erlaubnispflichtig ist, sondern auch für "pro forma" im benachbarten Ausland angesiedelte Versandapotheken, deren wesentliche Tätigkeiten aber von Deutschland aus erfolgen.
Auch mit weiteren Beanstandungen setzte sich die Wettbewerbszentrale durch: Das Oberlandesgericht untersagte der Beklagten, zur pharmazeutischen Beratung eine Telefon-Hotline zur Verfügung zu stellen, die nur gegen Gebühr in Anspruch genommen werden kann. Die Richter weisen darauf hin, dass die Versandapotheke keinerlei Hürde aufrichten dürfe, die geeignet sein könnte, den Patienten davon abzuhalten, Rat einzuholen.
Schließlich bestätigte der Senat das Urteil des Landgerichts in zwei weiteren Punkten. Dieses hatte Werbung der Beklagten für irreführend gehalten, weil sie den unzutreffenden Eindruck vermittelte, Schlecker werde Vertragspartner. Das Oberlandesgericht wies außerdem darauf hin, dass es für die Kaufentscheidung des Verbrauchers durchaus relevant sei, wo der Vertragspartner seinen Sitz habe.
Das Landgericht hatte darüber hinaus eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unwirksam verworfen, auch dies bestätigte das Oberlandesgericht.
Es bleibt allerdings abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird. Das OLG Stuttgart hat die Revision zugelassen."
(Wettbewerbszentrale: ra)
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