Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa

Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung?


Kartellrecht: Die EU-Kommission untersucht mögliche Kartellrechtsverstöße durch Google
Die Kommission will auch Vorwürfen nachgehen, nach denen Google angeblich die Qualitätskennzahl ("Quality Score") bezahlter Suchergebnisse von konkurrierenden vertikalen Suchdiensten herabgestuft habe


(02.12.10) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, ein kartellrechtliches Prüfverfahren gegen Google Inc. wegen des möglichen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung in der Online-Suche unter Verstoß gegen die europäischen Kartellrechtsvorschriften (Artikel 102 AEUV) einzuleiten.

Die Einleitung des Verfahrens folgt Beschwerden von Anbietern von Suchdiensten über die Benachteiligung ihrer Dienste in den unbezahlten und bezahlten Suchergebnisses von Google, zusammen mit der möglicherweise bevorzugten Platzierung von Googles eigenen Diensten. Die Einleitung des Verfahrens bedeutet nicht, dass die Kommission eine Zuwiderhandlung nachweisen kann, sondern nur, dass sie der eingehenden Untersuchung des Falles Vorrang einräumt.

Bei der Suche nach Informationen bietet die Suchmaschine von Google zwei verschiedene Arten von Ergebnissen an. Dabei handelt es sich zum einen um unbezahlte Suchergebnisse, die teilweise auch als "natürliche", "organische" oder "algorithmische" Suchergebnisse bezeichnet werden, und zum anderen um Werbung von Drittanbietern, die oberhalb oder auf der rechten Seite von Google Suchergebnissen gezeigt werden (sogenannte bezahlte oder gesponsorte Suchergebnisse).

Die Kommission wird im weiteren Verlauf des Verfahrens untersuchen, ob Google eine marktbeherrschende Stellung in der Online-Suche missbraucht haben könnte, indem es möglicherweise unbezahlte Suchergebnisse von mit seinen Diensten in Wettbewerb stehenden Diensten, die sich auf die Bereitstellung von bestimmten Online-Inhalten wie zum Beispiel Preisvergleichen spezialisiert haben (sogenannte vertikale Suchdienste), in der Rangfolge herabgestuft und den Ergebnissen seiner eigenen vertikalen Suchdienste einen bevorzugten Rang eingeräumt hat, um konkurrierende Dienste auszuschließen.

Die Kommission wird auch Vorwürfen nachgehen, dass Google angeblich die Qualitätskennzahl ("Quality Score") bezahlter Suchergebnisse von konkurrierenden vertikalen Suchdiensten herabgestuft hat. Die Qualitätskennzahl gehört zu den Faktoren, die den Preis beeinflussen, den Werbetreibende an Google für die Schaltung ihrer Werbung zahlen. (1)

Die Untersuchung der Kommission wird sich zudem auf Vorwürfe konzentrieren, dass Google Werbepartnern möglicherweise Ausschließlichkeitsverpflichtungen auferlegt und sie dadurch daran gehindert hat, bestimmte Arten konkurrierender Werbung auf ihren Webseiten zu schalten. Derartige Ausschließlichkeitsverpflichtungen soll Google möglicherweise auch Computer- und Softwarevertreibern auferlegt haben, um konkurrierende Suchdienste auszuschließen. Darüber hinaus wird die Kommission das Bestehen etwaiger Beschränkungen für die Übertragbarkeit von Daten aus Online-Werbekampagnen auf konkurrierende Online-Werbeplattformen (2) untersuchen.

Welches ist die Rechtsgrundlage für diese Entscheidung?

Die Rechtsgrundlage für diesen Verfahrensschritt ergibt sich aus Artikel 11 Absatz 6 der Ratsverordnung Nr. 1/2003 und Artikel 2 Absatz 1 der Kommissionsverordnung Nr. 773/2004.

Gemäß Artikel 11 Absatz 6 der Verordnung Nr. 1/2003 entfällt mit der Einleitung des Verfahrens die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Artikel 101 und 102 des Vertrages.

Artikel 2 der Verordnung Nr. 773/2004 sieht vor, dass die Kommission ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung im Sinne der Artikel 7-10 der Verordnung Nr. 1/2003 zu einem späteren Zeitpunkt einleiten kann.

Die Kommission hat das Unternehmen über diese Entscheidung informiert. Auch die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten wurden von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt.

Die Untersuchung wettbewerbswidrigen Verhaltens ist an keinerlei rechtliche Fristen gebunden. Die Dauer des Prüfverfahrens ist durch eine Reihe von Faktoren bedingt, zu denen die Komplexität des Falls und der Umfang der Kooperationsbereitschaft der betroffenen Parteien mit der Kommission gehören.

Anmerkungen
(1)
Die Qualitätskennzahl hat einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Werbung von Google gezeigt wird, und ihre Platzierung auf der Suchergebnisseite. Benutzen zwei Werbetreibende dieselben Schlagworte, so muss die Webseite mit der geringeren Qualitätskennzahl einen höheren Preis zahlen, um denselben Rang zu erzielen.

(2) Eine Online-Werbeplattform ist ein virtueller Marktplatz, der Werbetreibende und Herausgeber, die Werbeplatz im Internet anbieten, zusammenbringt
.
(Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: EU und Europa

  • Schwachstellen in Lieferketten beseitigen

    Die Europäische Kommission hat im Namen der EU zusammen mit den USA und 15 anderen globalen Partnern eine Gemeinsame Erklärung unterzeichnet, um an globalen Lieferkettenproblemen zu arbeiten. Kommissar Thierry Breton, der die Erklärung unterzeichnete, begrüßte die globalen Bemühungen, um Störungen der Lieferketten gemeinsam anzugehen - insbesondere seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.

  • Keine vorgetäuschten Preisnachlässe

    Der Online-Marktplatz Wish hat sich bereit erklärt, seine Preistransparenz zu erhöhen, um die EU-Verbraucherschutzvorschriften einzuhalten. Die Erklärung ist das Ergebnis eines Dialogs mit der niederländischen Behörde für Verbraucher und Märkte (ACM), die eng mit der Europäischen Kommission und dem europäischen Netz der nationalen Verbraucherschutzbehörden (CPC) zusammenarbeitet.

  • Aktionsplans zur Kapitalmarktunion

    Der Rat hat seinen Standpunkt zu drei Vorschlägen festgelegt, mit denen ein zentrales europäisches Zugangsportal (ESAP) geschaffen wird, das die erste Maßnahme im Rahmen des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion darstellt. Mit dieser Maßnahme soll ein zentrales Zugangsportal für öffentliche finanz- und nachhaltigkeitsbezogene Informationen zu Unternehmen und Anlageprodukten in der EU geschaffen werden.

  • Einrichtung zur Bekämpfung der Geldwäsche

    Damit der Unionsrahmen für die Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT) effizienter funktioniert, wird die EU eine spezielle Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche einrichten. Der Rat hat seinen partiellen Standpunkt zu dem Vorschlag festgelegt. Angesichts des grenzüberschreitenden Charakters von Straftaten dürfte die neue Behörde einen wichtigen und nützlichen Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung leisten.

  • Meldung der Kompensationspflichten

    Der Ausschuss der Ständigen Vertreter hat ein Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über einen Beschlussvorschlag angenommen, mit dem die Meldung der Kompensationspflichten im Rahmen des Systems zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation, CORSIA) geregelt werden soll. Diese Initiative ist Teil des grünen Wandels und zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen des internationalen Luftverkehrs zu begrenzen. CORSIA ist ein globaler Mechanismus zur Verringerung der CO2-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr, den die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) 2018 ins Leben gerufen hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen