Verbreitung terroristischer Online-Inhalte
Europäische Kommission schlägt neue Vorschriften zur Entfernung terroristischer Inhalte aus dem Internet vor
Terroristische Inhalte innerhalb einer Stunde aus dem Web entfernen
Am 12. September 2018 erklärte Präsident Jean-Claude Juncker anlässlich seiner Rede zur Lage der Union: "Die Europäer erwarten, dass die Europäische Union sie beschützt. Deshalb schlägt die Kommission neue Regeln vor, um terroristische Propaganda binnen einer Stunde aus dem Internet zu entfernen – eine Stunde ist nämlich das entscheidende Zeitfenster während dessen Öffnung größter Schaden angerichtet werden kann."
In seiner Rede zur Lage der Union 2018 kündigte Präsident Jean-Claude Juncker neue Rechtsvorschriften an, um terroristische Inhalte innerhalb einer Stunde aus dem Web zu entfernen. Die neuen Vorschriften werden eine Woche vor der informellen Tagung in Salzburg vorgestellt, auf der erwartet wird, dass die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten das Thema Sicherheit erörtern. Jede Internetplattform, die ihre Dienste in der Europäischen Union anbieten will, wird klaren Regeln unterliegen, um zu verhindern, dass ihre Dienste zur Verbreitung terroristischer Inhalte missbraucht werden. Außerdem sind starke Sicherheitsvorkehrungen vorgesehen, um die Meinungsfreiheit im Internet zu wahren und sicherzustellen, dass nur terroristische Inhalte erfasst werden.
Der Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft, Dimitris Avramopoulos, äußerte sich wie folgt: "Für terroristische Propaganda – ob online oder offline – ist kein Platz in unserer Gesellschaft. Durch unsere freiwillige Zusammenarbeit im Rahmen des EU-Internetforums haben wir bereits bedeutende Fortschritte bei der Entfernung terroristischer Online-Inhalte erzielt. Wir müssen jedoch die Schnelligkeit und Wirksamkeit unserer Maßnahmen in der gesamten EU erhöhen, um immer einen Schritt voraus zu sein. Bei vielen der jüngsten Anschläge in der EU wurde deutlich, wie Terroristen das Internet missbrauchen, um ihre Botschaften zu verbreiten."
Julian King, Kommissar für die Sicherheitsunion, fügte hinzu: "Würde jemand in den Straßen unserer Städte Handzettel verteilen, die zu Terrorismus anstiften, würde diese Person damit nicht so einfach davonkommen – und so sollte es auch im Internet sein. Wir haben zwar im Rahmen der freiwilligen Zusammenarbeit bereits Fortschritte bei der Entfernung terroristischer Online-Inhalte erzielt, jedoch reicht das nicht aus. Wir müssen verhindern, dass diese Inhalte überhaupt hochgeladen werden, und wenn es doch so weit kommt, muss dafür gesorgt werden, dass sie so schnell wie möglich entfernt werden, bevor sie ernsthaften Schaden anrichten."
Die Kommissarin für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Mariya Gabriel, dazu: "Diese Verordnung ist eine Antwort auf die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger. Wir schlagen spezielle Vorschriften zur Bekämpfung terroristischer Inhalte vor, die eine besondere Bedrohung für unsere Sicherheit und das Vertrauen in das digitale Umfeld darstellen. Was außerhalb des Internets verboten ist, ist auch im Internet illegal. Die EU setzt sich weiterhin für ein sichereres, auf unseren Werten basierendes Internet ein, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht."
Weiterhin bestehen und verbreiten sich terroristische Online-Inhalte im Netz, was eine sehr reale Gefahr für die europäische Gesellschaft darstellt. So wurden allein im Januar 2018 fast 700 neue offizielle Propagandabeiträge vom sogenannten Islamischen Staat online verbreitet.
Die Kommission arbeitet auf freiwilliger Basis bereits mit einer Reihe wichtiger Akteure im Rahmen des EU-Internetforums (Online-Plattformen, Mitgliedstaaten und Europol) zusammen, um die Präsenz terroristischer Online-Inhalte zu begrenzen. Im März empfahl die Kommission eine Reihe von Maßnahmen, die von den Unternehmen und den Mitgliedstaaten ergriffen werden sollen, um diese Bemühungen zu verstärken. Obwohl diese Bemühungen zu positiven Ergebnissen geführt haben, waren die Fortschritte insgesamt nicht ausreichend.
Die von der Kommission vorgeschlagenen neuen Vorschriften werden dazu beitragen, dass terroristische Online-Inhalte rasch entfernt werden. Kernpunkte der neuen Vorschriften:
>> Eine-Stunde-Regel: Terroristische Inhalte sind in den ersten Stunden ihrer Online-Präsenz wegen der Geschwindigkeit, mit der sie sich ausbreiten, am schädlichsten. Deshalb schlägt die Kommission eine rechtsverbindliche einstündige Frist vor, innerhalb derer die Inhalte infolge einer Entfernungsanordnung der nationalen Behörden zu löschen sind;
>> Eine klare Definition terroristischer Inhalte als Material, mit dem zu terroristischen Straftaten aufgerufen wird oder diese verherrlicht werden, das die Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung fördert oder das technische Anleitungen zur Begehung terroristischer Straftaten enthält;
>> Eine Sorgfaltspflicht für alle Plattformen, um sicherzustellen, dass sie nicht für die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte missbraucht werden. Je nach Höhe des Risikos, das von den über ihre Plattformen verbreiteten terroristischen Inhalten ausgeht, müssen die Diensteanbieter auch proaktive Maßnahmen – wie den Einsatz neuer Werkzeuge – ergreifen, um ihre Plattformen und ihre Nutzer vor terroristischem Missbrauch zu schützen;
>> Verstärkte Zusammenarbeit: Der Vorschlag schafft einen Rahmen für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Anbietern von Hosting-Diensten, Mitgliedstaaten und Europol. Um die auf Entfernungsanordnungen und Meldungen folgenden Maßnahmen zu erleichtern, müssen Diensteanbieter und Mitgliedstaaten Kontaktstellen benennen, die ständig rund um die Uhr erreichbar sind.
>> Starke Schutzvorkehrungen: Die Inhalteanbieter können sich auf wirksame Beschwerdemechanismen verlassen, die von allen Diensteanbietern eingerichtet werden müssen. Werden Inhalte ungerechtfertigt gelöscht, so ist der Diensteanbieter verpflichtet, diese so schnell wie möglich wiederherzustellen. Dazu werden die nationalen Behörden wirksame Rechtsbehelfe schaffen. Außerdem werden die Plattform- und Inhalteanbieter das Recht haben, gegen eine Entfernungsanordnung Einspruch zu erheben. Wenn Plattformen automatische Erkennungswerkzeuge einsetzen, ist für eine manuelle Beaufsichtigung und Überprüfung zu sorgen, um irrtümliche Entfernungen zu verhindern;
Mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht: Die Transparenz und die Aufsicht werden durch jährliche Transparenzberichte gewährleistet, in denen die Diensteanbieter und die Mitgliedstaaten darüber berichten müssen, wie sie gegen terroristische Inhalte vorgehen und welche proaktiven Maßnahmen sie ergriffen haben;
Schwere und abschreckende finanzielle Sanktionen: Die Mitgliedstaaten müssen wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen Anordnungen zur Entfernung terroristischer Inhalte festlegen. Bei systematischen Verstößen gegen solche Entfernungsanordnungen können gegen einen Diensteanbieter finanzielle Sanktionen in Höhe von bis zu 4 Prozent seines weltweiten Jahresumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr verhängt werden.
Hintergrund
In ihrer Mitteilung vom September 2017 sagte die Europäische Kommission zu, dass sie die Fortschritte überwachen und bewerten werde, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um – beispielsweise mit Vorschriften zur Ergänzung des bestehenden Rechtsrahmens – die rasche Erkennung und Entfernung illegaler Online-Inhalte zu gewährleisten.
Als Folgemaßnahme empfahl die Kommission im März 2018 eine Reihe operativer Maßnahmen, die von den Unternehmen und den Mitgliedstaaten ergriffen werden sollen, um diese Bemühungen zu verstärken. Die Empfehlungen gelten für alle Formen illegaler Inhalte, mit einem besonderen Schwerpunkt auf terroristische Propaganda.
Zur Bekämpfung anderer Formen illegaler Inhalte wie illegaler Hetze im Internet haben große IT-Unternehmen (Facebook, Microsoft, Twitter, YouTube, Instagram, Google+, Snapchat und Dailymotion) den Verhaltenskodex unterzeichnet. Damit verpflichten sich die Unternehmen, illegale, fremdenfeindliche und rassistische Inhalte zu prüfen und gegebenenfalls rasch zu entfernen (einen Großteil innerhalb von 24 Stunden), um den Nutzern bei der Meldung illegaler Hetze zu helfen und sowohl die Unterstützung der Zivilgesellschaft als auch die Koordinierung zwischen den nationalen Behörden zu verbessern.
Im Juni 2018 begrüßten die Staats- und Regierungschefs der EU in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates die Absicht der Kommission, einen Gesetzgebungsvorschlag zur Verbesserung der Erkennung und Entfernung von Inhalten, die Hass schüren und zu terroristischen Handlungen anstiften, zu unterbreiten.
(Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 21.09.18
Newsletterlauf: 19.10.18
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