Revision des EU-EHS
Warum hat die Kommission eine Revision des EU-EHS vorgeschlagen?
Fragen und Antworten zum Vorschlag für eine Revision des Emissionshandelssystems der EU (EU-EHS)
(21.08.15) - Im Einklang mit dem von den Staats- und Regierungschefs der EU im Oktober 2014 vereinbarten klima- und energiepolitischen Rahmen für 2030 hat die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag zur Revision des Emissionshandelssystems der EU (EU-EHS) vorgelegt. Dieser Vorschlag ist ein wesentlicher Teil der Arbeiten zur Verwirklichung einer robusten Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzpolitik, einer im Februar 2015 aufgestellten politischen Top-Priorität der Kommission Juncker.
Er ist der erste Schritt zur Verwirklichung des Ziels der EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 als Teil ihres Beitrags zu der neuen Weltklimakonvention, die im Dezember in Paris verabschiedet werden soll, intern um mindestens 40 Prozent zu reduzieren. Der Vorschlag sendet ein starkes Signal an die internationale Gemeinschaft zu einem kritischen Zeitpunkt, zu dem andere wichtige Akteure wie die G7-Staaten und China ebenfalls ihre feste Entschlossenheit bekundet haben.
Das EU-EHS ist der weltweit größte CO2-Markt. Mit dem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass das EU-EHS - der Eckpfeiler der Klimaschutzpolitik der EU - das Instrument bleibt, mit dem die Emissionen im kommenden Jahrzehnt am effizientesten verringert werden können. Dabei kann an die Erfahrungen von Unternehmen und Behörden aus dem ersten Jahrzehnt der Durchführung angeknüpft werden. Das EU-EHS sollte anderen internationalen Partnern wie beispielsweise China weiter dazu anregen, die Bepreisung von CO2-Emissionen als kosteneffizientes Mittel für eine schrittweise, aber nachhaltige Verringerung der CO2-Intensität ihrer Volkswirtschaften einzusetzen - zum Wohl künftiger Generationen.
Eine ehrgeizige Klimaschutzpolitik bietet den Unternehmen neue Chancen und eröffnet neue Märkte für CO2-arme Technologien. Mit dem heutigen Vorschlag wird bekräftigt, dass Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit Hand in Hand gehen. Das revidierte EU-EHS wird stärkere Innovationsanreize bieten und weiter gewährleisten, dass die europäischen Industriebranchen auf den internationalen Märkten wettbewerbsfähig bleiben. Zusätzliche Gelder aus dem EU-EHS werden für CO2-arme Innovationen - erstmals auch für energieintensive Branchen - sowie für die Modernisierung der Energiesysteme in Mitgliedstaaten mit geringem Einkommen bereitgestellt. Dadurch wird die Nutzung erneuerbarer Energieträger und anderer CO2-armer und energieeffizienter Technologien vorangetrieben, die neben der Verringerung der CO2-Intensität weitere Kernziele der Energieunion darstellen.
Schließlich wird das revidierte EU-EHS - auf der Grundlage der kürzlich beschlossenen Marktstabilitätsreserve - zu einem besser funktionierenden Energiebinnenmarkt führen und bessere langfristige Preissignale für Investitionen aussenden. Der heutige EU-EHS-Vorschlag wird daher zu einem besser funktionierenden europaweiten Strommarkt beitragen, der am besten eine möglichst kosteneffiziente Versorgung von privaten Verbrauchern und Industrie mit Strom gewährleisten kann.
Auf welche Weise werden EU-Bürger, Industrie und Mitgliedstaaten von der Revision profitieren?
Die vorgeschlagene Revision wird zahlreiche ökologische und wirtschaftliche Vorteile erbringen. Sie wird zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen und die Bemühungen der EU um Reduzierung der Treibhausgasemissionen vorantreiben. Weniger Emissionen bedeutet weniger Luftverschmutzung, was der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zugute kommt. Zudem wird Europa weniger abhängig von importierten fossilen Brennstoffen sein.
Ziel des Vorschlags ist ein stärkeres, funktionstüchtigeres EU-EHS, das die EU für eine CO2-arme Wirtschaft auf Kurs bringen soll. Er eröffnet Wirtschaft und Industrie erhebliche Möglichkeiten zur Entwicklung und Nutzung neuer Technologien und Märkte und fördert Innovationen sowie die Schaffung neuer Beschäftigungs- und Wachstumschancen. Der Vorschlag unterstützt auch den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft, indem mehr Mittel zur Deckung des Investitionsbedarfs von Mitgliedstaaten mit niedrigerem Einkommensniveau bereitgestellt werden.
Gleichzeitig erkennt die Kommission an, dass einigen Unternehmen, die internationalem Wettbewerb ausgesetzt sind, möglicherweise Risiken entstehen, solange andere große Volkswirtschaften keine vergleichbaren Klimaschutzmaßnahmen durchführen. Aus diesem Grund enthält der Vorschlag auch Vorkehrungen zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industriebranchen in der EU. Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Verringerung des Verwaltungsaufwands. Nach dem Vorschlag können die Mitgliedstaaten auch weiterhin Kleinemittenten wie kleine und mittlere Unternehmen mit geringem Emissionsaufkommen vom EU-EHS ausschließen, solange sie gleichwertige Maßnahmen durchführen.
Auf welche Weise trägt die Revision des EU-EHS zu den internationalen Klimaschutzbemühungen bei?
Die Emissionsreduktionen der EU sind ein wesentlicher Teil der internationalen Bemühungen, den durchschnittlichen Anstieg der Erdtemperatur auf unter 2 Grad C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Das gesamtwirtschaftliche Ziel von "mindestens 40 Prozent" zeigt die anhaltende Entschlossenheit der EU, im Dezember in Paris zu einem ehrgeizigen Klimaschutzübereinkommen mit rechtsverbindlichen Zusagen aller Vertragsparteien zu gelangen. Der Vorschlag, der die ersten der wesentlichen Schritte hin zu diesem ambitionierten Emissionsreduktionsziel enthält, geht in dieselbe Richtung.
Es wird davon ausgegangen, dass die Beschlüsse, die in Paris gefasst werden sollen, Klimafinanzierungen, Technologietransfers und Maßnahmen zum Kapazitätenaufbau für berechtigte Parteien, vor allem Länder mit den geringsten Kapazitäten, mobilisieren werden. Klimagelder aus dem öffentlichen Sektor werden auch für die Mittelbeschaffung nach 2020 wichtig sein. Im Vorfeld dieser Beschlüsse werden die Mitgliedstaaten mit dem Vorschlag aufgefordert, einen Teil ihrer Einnahmen aus Versteigerungen im Rahmen des EU-EHS zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in Ländern außerhalb der EU zu nutzen, auch für Maßnahmen zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels. Es wird Sache der Mitgliedstaaten sein, einen Teil dieser Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem zur Förderung von Klimaschutzmaßnahmen in Drittländern (auch in Entwicklungsländern) zu verwenden.
Inwieweit wird die Revision des EU-EHS die Gesamtmenge an Zertifikaten beeinflussen?
Die Gesamtmenge an Zertifikaten wird sich ab 2021 um jährlich 2,2 Prozent verringern.
Seit 2013 werden EU-EHS-Zertifikate hauptsächlich im Rahmen von Versteigerungen durch die Mitgliedstaaten verteilt. In der laufenden Handelsperiode (2013 bis 2020) werden 57 Prozent der insgesamt verfügbaren Zertifikate versteigert; die restlichen Zertifikate stehen zur kostenlosen Zuteilung zur Verfügung. Der Anteil der zu versteigernden Zertifikate bleibt nach 2020 unverändert. Die Einkünfte aus der Versteigerung geben den Mitgliedstaaten Mittel an die Hand, die für unterschiedliche Maßnahmen wie EE-Programme verwendet werden können. Sie können auch - zusätzlich zur Unterstützung internationaler Klimaschutzbemühungen in Drittländern einschließlich Entwicklungsländern - in sozialpolitische Maßnahmen fließen, um Unternehmen, Arbeitsnehmern und Verbrauchern den "gerechten und fairen Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft" zu erleichtern.
5. Inwieweit wird das System der kostenlosen Zuteilung nach 2020 verbessert?
Da die Gesamtmenge der Zertifikate begrenzt und rückläufig ist, muss das System der kostenlosen Zuteilung geändert werden, um die verfügbaren Zertifikate so wirksam und effizient wie möglich zu verteilen. Die vorgeschlagenen Änderungen zielen darauf ab, die Notwendigkeit eines Korrekturfaktors zu minimieren und den Unternehmen Berechenbarkeit zu gewährleisten.
Die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten wird vor allem die Sektoren betreffen, in denen das Risiko einer Produktionsverlagerung in Länder außerhalb der EU am höchsten ist.
Die Basisstruktur wird sich nach 2020 nicht ändern; lediglich einzelne Elemente werden im Einklang mit der von den Staats- und Regierungschefs der EU im Oktober 2014 erzielten Einigung verbessert:
>> Benchmark-Werte sollen aktualisiert werden, um dem technologischen Fortschritt in den verschiedenen Sektoren Rechnung zu tragen. Die derzeitigen Werte werden anhand von Daten des Zeitraums 2007-2008 berechnet und würden dem Stand der Technik nach 2020 nicht entsprechen.
>> Produktionsdaten – das System soll flexibler werden, indem Produktionssteigerungen oder ‑rückgänge stärker berücksichtigt werden und die Menge kostenloser Zertifikate entsprechend geändert wird. Eine bestimmte Anzahl kostenloser Zertifikate wird für neue und wachsende Anlagen zurückgehalten.
>> Carbon leakage - wie schon jetzt wird für alle wichtigen Industriesektoren auch für die Zeit nach 2020 davon ausgegangen, dass sie dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen ausgesetzt sind.
>> Indirekte CO2-Kosten – die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Einkünfte aus der Versteigerung für Ausgleichszahlungen im Einklang mit den Regeln für staatliche Beihilfen zu verwenden.
6. Inwieweit wird das EU-EHS CO2-arme Innovationen unterstützen?
Es soll ein Innovationsfonds eingerichtet werden, der völlig neue Investitionen (erneuerbare Energien, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) sowie CO2-arme Innovationen) in energieintensiven Industriebranchen unterstützt.
Rund 400 Millionen Zertifikate − mit einem Verkaufsgegenwert von etwa 10 Mrd. EUR − werden ab 2021 für diesen Zweck zurückgehalten. Zudem sollen weitere 50 Millionen nicht zugeteilte Zertifikate aus dem Zeitraum 2013-2020 zurückgelegt werden, damit der Innovationsfonds vor 2021 anlaufen kann, unter anderem für Projekte zur Förderung bahnbrechender Technologien in der Industrie.
Der Innovationsfonds baut auf dem Erfolg des bestehenden Finanzierungsprogramms für CO2-arme Innovationen auf und nutzt die Erlöse aus 300 Millionen Zertifikaten für den Zeitraum 2013-2020 ("NER 300").
7. Welche Ziele werden mit dem Modernisierungsfonds verfolgt?
Ziel des Modernisierungsfonds ist die Unterstützung von Mitgliedstaaten mit niedrigem Einkommensniveau, damit diese ihren hohen Investitionsbedarf in Bezug auf Energieeffizienz und die Modernisierung ihrer Energiesysteme decken können.
Zwischen 2021 und 2030 sollen 2 Prozent der Zertifikate, d. h. insgesamt etwa 310 Millionen Zertifikate, für die Errichtung des Fonds zurückgehalten werden. Alle Mitgliedstaaten werden zu diesem Fonds beitragen, der zehn Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-BIP von weniger als 60 Prozent des EU-Durchschnitts (im Jahr 2013) zugute kommen wird. Folgende Länder kommen für die Unterstützung in Frage: Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und die Slowakei.
Die EHS-Richtlinie sollte eine Verwaltungsstruktur für den Modernisierungsfonds vorsehen, die die Mitgliedstaaten, die Europäische Investitionsbank und die Kommission einbezieht.
Inwieweit ist die Marktstabilitätsreserve von der Revision des EU-EHS betroffen?
Nach der jüngsten Einigung über die Marktstabilitätsreserve (MSR) können nicht zugeteilte Zertifikate im Jahr 2020 in die MSR übertragen werden. Nach dieser Regel können Analysten zufolge rund 550 bis 700 Millionen Zertifikate 2020 in die MSR überführt werden. Nach einem Antrag des Parlaments und des Rates auf Prüfung der Verwendung von nach 2020 nicht zugeteilten Zertifikaten schlägt die Kommission vor, 250 Millionen nicht zugeteilte Zertifikate aus dem Zeitraum 2013-2020 für die Schaffung einer Reserve für neue und wachsende Anlagen zu verwenden.
Wurde die Öffentlichkeit zu diesem Vorschlag konsultiert?
Mitgliedstaaten, Vertreter der Industrie, Nichtregierungsorganisationen, Forschungsinstitute und Hochschulen, Gewerkschaften sowie Bürgerinnen und Bürger wurden auf den verschiedenen Stufen der Ausarbeitung dieses Vorschlags befragt. 2014 wurden Interessenträger umfassend zu verschiedenen technischen Aspekten des EU-EHS konsultiert. Bei der Kommission gingen mehr als 500 Beiträge ein, die bei der Ausarbeitung dieses Vorschlags berücksichtigt wurden.
Im Anschluss an diese Konsultationen und die Analyse der europäischen Klimaziele für 2030 hat die Kommission eine Folgenabschätzung zur Revision des EU-EHS durchführen lassen, die ebenfalls veröffentlicht wird.
Die nächsten Schritte
Der Legislativvorschlag wurde dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Annahme sowie dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen zur Stellungnahme vorgelegt. Die Kommission wird mit diesen Institutionen zusammenarbeiten, um diese Gesetzesvorlage auf den Weg zu bringen. Bürger und Interessenträger können ihre Standpunkte zum Vorschlag innerhalb der kommenden acht Wochen vorbringen. Diese werden in die Legislativdebatte einfließen und an das Europäische Parlament und den Rat weitergeleitet.
(Europäische Kommission: ra)
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