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Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen


Übernahme der Air-Berlin-Tochter LGW durch Lufthansa unter Auflagen genehmigt
Um den von der Kommission im Hinblick auf die Übernahme von LGW ermittelten Wettbewerbsbedenken Rechnung zu tragen, bot Lufthansa eine Reihe von Verpflichtungen an



Die Europäische Kommission hat den geplanten Erwerb bestimmter Vermögenswerte der Air Berlin in Form des Unternehmens Luftfahrtgesellschaft Walter ("LGW") durch Lufthansa genehmigt. Der Genehmigungsbeschluss unterliegt der Bedingung, dass Lufthansa Verpflichtungen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen insbesondere am Flughafen Düsseldorf einhält.

Der Beschluss der Kommission betrifft lediglich den geplanten Erwerb der LGW durch Lufthansa. Denn die Lufthansa hatte sich während des laufenden Fusionskontrollprozesses der Kommission dazu entschieden den restlichen Teil der ursprünglich geplanten Transaktion, d. h. die Übernahme der NIKI Luftfahrt GmbH ("NIKI"), fallen zu lassen.

Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte: "Es ist unsere Aufgabe zu verhindern, dass europäische Verbraucher durch Fusionen schlechter gestellt werden. Lufthansa hat verbesserte Verpflichtungszusagen eingereicht, die sicherstellen, dass die Auswirkungen des LGW-Erwerbs auf den Wettbewerb begrenzt sind. Insbesondere am Flughafen Düsseldorf würde sich der Bestand an Zeitnischen der Lufthansa um lediglich 1 Prozent erhöhen – die Hälfte aller Zeitnischen würde von Konkurrenten der Lufthansa gehalten. Damit wird unseren Wettbewerbsbedenken Rechnung getragen, welches uns erlaubt heute die geplante Transaktion im Rahmen der EU-Fusionskontrollvorschriften zu genehmigen."

Nach mehreren Jahren, in denen Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, meldete Air Berlin im August 2017 Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft leitete dann den Verkauf von Air Berlin-Vermögenswerten im Rahmen eines Bietverfahrens ein; Frist für die Einreichung bindender Gebote war der 15. September 2017.

Es gingen mehrere Gebote für verschiedene Teile von Air Berlin beim Insolvenzverwalter ein. Am 25. September 2017 gab der Insolvenzverwalter den Beschluss des Unternehmens bekannt, die Verhandlungen über die meisten Vermögenswerte von Air Berlin, darunter LGW und NIKI, ausschließlich mit Lufthansa, der größten Fluggesellschaft in Deutschland, fortzusetzen. Damit wies Air Berlin die anderen Gebote zurück, mit Ausnahme des Gebots von easyJet bezüglich der Tätigkeiten von Air Berlin in Berlin-Tegel, über das separat weiterverhandelt wurde.

Am 12. Oktober 2017 schloss Air Berlin mit Lufthansa einen Kaufvertrag, dem zufolge Lufthansa folgende Vermögenswerte erwarb:

>> die Ferienfluggesellschaft NIKI mit ihren Flugzeugen, Crews und Zeitnischen (d. h. der Erlaubnis, an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit zu starten oder zu landen);

>> die Regionalfluggesellschaft LGW, die (vor dem Insolvenzverfahren von Air Berlin) in erster Linie im Zubringerluftverkehr für den Kurz- und Langstreckenbetrieb von Air Berlin an den Flughäfen Berlin und Düsseldorf tätig war, und

>> eine Reihe weiterer Luftfahrzeuge, Crews und Zeitnischen von Air Berlin an verschiedenen Flughäfen in der EU, insbesondere in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Diese Vermögenswerte wurden der LGW übertragen.

>> Der Kaufvertrag sah für Lufthansa außerdem die Option vor, NIKI vom Erwerb auszunehmen. Lufthansa beschloss am 13. Dezember 2017, diese Option auszuüben, was dazu führte, dass NIKI am selben Tag Insolvenz anmeldete. Der Insolvenzverwalter leitete seither ein Verkaufsverfahren für NIKI ein, das derzeit noch läuft.

Das Fusionskontrollverfahren der Kommission bezüglich LGW
Die ursprüngliche Transaktion wurde am 31. Oktober 2017 bei der Kommission angemeldet. Nach dem Beschluss der Lufthansa, NIKI nicht zu erwerben, beschränkte die Kommission ihre Untersuchung auf die Auswirkungen des verbleibenden Teils der Transaktion (d. h. des Erwerbs von LGW einschließlich weiterer Luftfahrzeuge, Crews und Zeitnischen von Air Berlin) auf den Wettbewerb. Insbesondere bewertete die Kommission, ob der Bestand an Zeitnischen, den Lufthansa an verschiedenen Flughäfen erwerben würde, es der Gesellschaft erlauben würde, Wettbewerber daran zu hindern, in den Markt für Passagierverkehr zu und von diesen Flughäfen einzutreten oder auf diesem Markt zu expandieren.

Die Kontrolle über einen großen Bestand an Zeitnischen an überlasteten Flughäfen kann zu einer Erhöhung der Eintrittsbarrieren für Fluggesellschaften führen, die im Verkehr zu und von diesen Flughäfen tätig sein wollen. Dies wiederum könnte höhere Preise oder weniger Auswahl für die Passagiere bedeuten.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass sich die Erhöhung des Bestands an Zeitnischen der Lufthansa am Flughafen Düsseldorf durch den Erwerb von LGW im Hinblick auf Preise und/oder Auswahl von Dienstleistungen voraussichtlich nachteilig für die Fluggäste auswirken würde. Daher zog die Kommission den Schluss, dass die Übernahme von LGW durch Lufthansa Bedenken hinsichtlich des Wettbewerbs am Flughafen Düsseldorf auslösen würde.

An den anderen Flughäfen, an denen Lufthansa Zeitnischen erwarb, wurden keine solchen Bedenken ermittelt – weil entweder diese Flughäfen nicht so stark überlastet waren, der Umfang des Zeitnischenportfolios der Lufthansa nach der Übernahme nicht zu Wettbewerbsproblemen führte oder der durch die Transaktion herbeigeführte Zuwachs gering war.

Die Abhilfemaßnahmen gegen Wettbewerbsbedenken hinsichtlich LGW
Um den von der Kommission im Hinblick auf die Übernahme von LGW ermittelten Wettbewerbsbedenken Rechnung zu tragen, bot Lufthansa eine Reihe von Verpflichtungen an. Die Kommission konsultierte Marktteilnehmer zu diesen Verpflichtungen, damit sie ihre Ansichten vortragen konnten.

Lufthansa berücksichtigte diese Markteinschätzungen und legte ein verbessertes Set von Verpflichtungen vor. In diesem endgültigen Verpflichtungsset sagte Lufthansa zu, ihren Kaufvertrag mit Air Berlin dahin gehend zu ändern, dass sie weniger Zeitnischen am Flughafen Düsseldorf erwarb.

Genauer gesagt würde Lufthansa die Übertragung von Zeitnischen am Flughafen Düsseldorf für die Sommersaison auf die Zahl von Zeitnischen begrenzen, die von zwei Luftfahrzeugen genutzt werden. Dank dieser Verpflichtungen würde sich das Zeitnischenportfolio der Lufthansa am Flughafen Düsseldorf gegenüber dem Szenario ohne die Transaktion um lediglich 1 % erhöhen. 50 % der Zeitnischen am Flughafen Düsseldorf werden von Lufthansa-Konkurrenten gehalten werden. Dies bedeutet, dass sich die Auswirkungen der Übernahme der LGW durch Lufthansa in Grenzen halten würden.

Mit ihren endgültig zugesagten Verpflichtungen räumte Lufthansa die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission gegen den Erwerb von LGW aus. Daher kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass unter Wettbewerbsgesichtspunkten gegen die vorgeschlagene Übernahme in der durch die endgültigen Verpflichtungen geänderten Form nichts mehr einzuwenden ist. Voraussetzung für diese Entscheidung ist die vollumfängliche Einhaltung der Verpflichtungen.

Die Entscheidung nach den EU-Fusionskontrollvorschriften ergeht unbeschadet der Anwendung der EU-Zeitnischen-Verordnung. Am 12. Dezember wurde von der Kommission in einem getrennten Verfahren die vorgeschlagene Übernahme von Teilen von Air Berlin durch easyJet genehmigt. Durch diesen Kommissionsbeschluss kann easyJet seine Präsenz an den Berliner Flughäfen ausbauen und auf neuen Strecken zum Vorteil der Verbraucher in den Wettbewerb eintreten.

Hintergrund des von Lufthansa aufgegebenen Teils der Übernahme
Mit der geplanten Übernahme von NIKI durch Lufthansa war ein ernstes Risiko verbunden, dass den europäischen Verbrauchern langfristig eine geringere Auswahl und höhere Preise drohen würden. Bereits im Verlauf des Verkaufsverfahrens unterrichtete die Kommission den Insolvenzverwalter darüber, dass voraussichtlich Wettbewerbsbedenken bestehen.

Die Geschäftstätigkeit von Lufthansa und NIKI überschnitt sich auf rund 130 Flugstrecken. Auf etwa 70 dieser 130 Strecken wäre der Wettbewerb infolge dieser Übernahme sehr stark eingeschränkt worden und auf etwa 50 der genannten Strecken hätte Lufthansa ein Beinahe-Monopol beim Verkauf von Sitzplatzkapazitäten an Reiseveranstalter und Fluggäste erhalten.

Die Kommission prüft Übernahmen so, wie diese angemeldet werden. Falls in einem Fusionsfall Wettbewerbsbedenken bestehen, liegt es in der Verantwortung der Beteiligten, Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen, die diese Einwände in vollem Umfang ausräumen. Erst, wenn geeignete Abhilfemaßnahmen vorliegen, genehmigt die Kommission eine Fortsetzung der Übernahme.

Lufthansa hat nur eingeschränkte Abhilfemaßnahmen gegen die Wettbewerbsbedenken eingereicht, die ihre vorgeschlagene Übernahme von NIKI aufgeworfen hatte. Sie reichten nicht dazu aus, Schaden von den Verbrauchern und dem freien Wettbewerb abzuwenden. Genau diese Rückmeldungen erhielt die Kommission auch, als sie Marktteilnehmer zu den Abhilfemaßnahmen befragte. Anstatt die Bedenken der Kommission durch geeignete Abhilfemaßnahmen auszuräumen, entschied Lufthansa, das vorab ausgehandelte Recht wahrzunehmen, NIKI aus der Übernahmemasse auszuschließen.

Am gleichen Tag beantragte NIKI beim Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg (Deutschland) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter hat seitdem für NIKI ein noch andauerndes Verkaufsverfahren eingeleitet.

Die Freistellungsentscheidung der Kommission vom 27. Oktober 2017
Gemäß der EU-Fusionskontrollverordnung dürfen Unternehmen einen anmeldepflichtigen Zusammenschluss erst dann vollziehen, wenn er für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist (Artikel 7 Absatz 1 der EU-Fusionskontrollverordnung). Damit soll verhindert werden, dass der Wettbewerb irreparabel geschädigt wird, bevor die Kommission ihren Beschluss gefasst hat. Zugleich kann die Kommission nach dem EU-Fusionskontrollrecht auch eine zeitweise Genehmigung für bestimmte Teile einer Übernahme (gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung) erteilen, wenn dies den wirksamen Wettbewerb nicht schädigt und dadurch negative Auswirkungen für die Verbraucher vermieden werden.

Auf Antrag der Lufthansa erteilte die Kommission eine solche Freistellung am 27. Oktober 2017. Infolgedessen konnten 49 der 57 Flugzeuge aus der ursprünglichen Übernahmemasse den Flugbetrieb fortsetzen, während das Fusionskontrollverfahren andauerte (unabhängig davon strebte Lufthansa den Erwerb einer Reihe zusätzlicher Flugzeuge außerhalb der angemeldeten Übernahme an). Auf diese Weise trug die Freistellungsentscheidung dazu bei, weitere Flugstornierungen zum Nachteil der Verbraucher und weitere Personalentlassungen zu vermeiden, solange das Fusionskontrollverfahren andauerte. Durch sie wurde ebenfalls vermieden, dass Dritte die an Air Berlin vermieteten Flugzeuge, darunter auch die von NIKI eingesetzten, wieder in ihren Besitz nahmen.

In der Freistellungsentscheidung wurden klare Auflagen festgelegt, die jegliche Beeinträchtigung der Vermögenswerte von Air Berlin vermeiden sollten, falls Lufthansa auf sein Übernahmeprojekt verzichten oder NIKI und LGW das Insolvenzverfahren eröffnen würden. Insbesondere enthält die Entscheidung klare Bedingungen, die gewährleisten, dass die Vermögenswerte noch immer von einem anderen Käufer als Lufthansa ganz oder teilweise erworben werden können.

Unternehmen und Produkte
Bei Lufthansa handelt es sich um die Holdinggesellschaft des Lufthansa-Konzerns mit Firmensitz in Köln, Deutschland. Zum Fluggastbeförderungsgeschäft von Lufthansa gehören Lufthansa Passenger Airlines, Swiss International Airlines, Brussels Airlines, Austrian Airlines, Air Dolomiti, Eurowings, Germanwings, Edelweiss Air und SunExpress. Sie betreibt Drehkreuze in Frankfurt, München, Brüssel, Zürich und Wien.

Zu den Vermögenswerten von Air Berlin, die Lufthansa erwerben möchte, gehören Flugzeuge und Crews sowohl von LGW als auch Air Berlin sowie Zeitnischen auf mehreren Flughäfen in der EU, vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 03.01.18
Home & Newsletterlauf: 29.01.18


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