Ein garantiert offenes Internet
Europäische Kommission begrüßt Vereinbarung zur Abschaffung der Roaminggebühren und zur Sicherstellung des offenen Internets
In der Vereinbarung wird auch erstmals der Grundsatz der Netzneutralität im EU-Recht verankert: Die Nutzer erhalten freien Zugang zu den Inhalten ihrer Wahl, sie werden nicht mehr ungerechterweise blockiert oder ihre Geschwindigkeit gedrosselt; ein bevorzugte Zugang gegen Bezahlung wird verboten
(21.07.15) - Horrende Telefonrechnungen, die die Urlaubskasse sprengen, eine Internetverbindung, die nicht hält, was sie verspricht – solche Erfahrungen gehören bald der Vergangenheit an. Fast zwei Jahre, nachdem die Europäische Kommission ihren Vorschlag für einen Telekommunikations-Binnenmarkt vorgelegt hat, wurde jetzt eine Einigung mit dem Europäischen Parlament und dem Rat erreicht. Der erzielte Kompromiss ist das Ergebnis der abschließenden Verhandlungen zwischen den drei EU-Organen (den sogenannten "Trilog-Sitzungen"). Darin vorgesehen sind:
>> Wegfall der Roaming-Gebühren von Juni 2017 an. Bei Reisen innerhalb der EU zahlen Mobilfunknutzer denselben Preis wie zu Hause - ohne Aufschläge.
>> strenge Vorschriften für die Netzneutralität zum Schutz der Rechte aller EU-Bürgerinnen und ‑Bürger auf Zugang zu Internetinhalten - ohne Diskriminierung.
Ergänzt werden diese Maßnahmen durch eine ehrgeizige Reform der EU-Telekommunikationsvorschriften im Jahr 2016. Diese Reform beinhaltet auch eine effektivere Abstimmung der Funkfrequenzen auf EU-Ebene. Die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen für die Entwicklung digitaler Dienste und Netze ist ein wichtiges Ziel des Plans der Kommission zur Schaffung eines digitalen Binnenmarkts.
Andrus Ansip, EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt, begrüßte den Vorschlag: "Die Bürgerinnen und Bürger Europas haben das Ende der Roaming-Gebühren ebenso wie und Vorschriften für die Netzneutralität gefordert und darauf gewartet. Auf ihre Forderungen wurde eingegangen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, um einen digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Unsere Pläne dafür wurden vergangene Woche von den Staats- und Regierungschefs uneingeschränkt gebilligt, und wir sollten in dieser Sache jetzt umso schneller vorankommen."
Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, ergänzte: "Ich bin froh und erleichtert, dass eine politische Einigung gefunden wurde - und die Roaminggebühren endlich abgeschafft werden. Auch bei der Netzneutralität haben wir eine sehr gute Lösung mit EU-weiten pragmatischen Regeln gefunden. Davon werden Verbraucher und Unternehmer profitieren. Bei der anstehenden Überprüfung der EU-Telekommunikationsvorschriften werden wir auf diesen wichtigen Grundlagen aufbauen."
Wegfall der Roaminggebühren im Juni 2017
Ein Jahrzehnt lang hat die Kommission beständig daran gearbeitet, die Roaminggebühren in der EU zu senken. Seit 2007 sind die Preise für Roaminggespräche, -SMS und -Daten um 80 Prozent gesunken. Das Datenroaming kostet jetzt bis zu 91 Prozent weniger als noch 2007.
Nach der Vereinbarung soll es vom 15. Juni 2017 an überhaupt keine Roaminnggebühren mehr geben. Die Verbraucher werden überall in der EU, unabhängig davon, wo sie sich gerade aufhalten, denselben Preis für Anrufe, Textnachrichten und Mobilfunkdaten bezahlen. Auf der Rechnung wird nicht mehr zwischen Anrufen bei Freunden zu Hause oder in einem anderen EU-Land unterschieden.
Damit die Roaminggebühren wegfallen können, muss eine Reihe technischer Voraussetzungen erfüllt sein. Die EU wird die notwendigen Vorbereitungen treffen. Die Kommission setzt alles daran, um diese Voraussetzungen zu schaffen und sicherzustellen, dass der Wegfall der Roaminggebühren ab dem ersten Tag wirksam wird.
Schon von April 2016 an wird Roaming günstiger: Die Betreiber können auf die national geltenden Tarife nur noch geringe zusätzliche Gebühren erheben, diese betragen (ohne Mehrwertsteuer): 0,05 Euro pro Minute eines Anrufs, 0,02 Euro für jede gesendete SMS und 0,05 Euro pro Daten-MB.
In der Vereinbarung wird auch erstmals der Grundsatz der Netzneutralität im EU-Recht verankert: Die Nutzer erhalten freien Zugang zu den Inhalten ihrer Wahl, sie werden nicht mehr ungerechterweise blockiert oder ihre Geschwindigkeit gedrosselt; ein bevorzugte Zugang gegen Bezahlung wird verboten. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass der Zugang zur Website eines neuen "Start-Up"-Unternehmens nicht mehr unfairer Weise verlangsamt wird, um einem Großunternehmen Vorrang zu geben. Keine Dienstleistung wird blockiert, weil Anbietern von Internetdiensten keine zusätzlichen Gebühren gezahlt werden. Es wird keine Filterfunktionen mehr geben, von denen es abhängt, wozu die Bürgerinnen und Bürger Zugang haben.
In einem "offenen Internet" wird der gesamte Datenverkehr gleich behandelt – er unterliegt lediglich der effizienten Abwicklung der täglichen Netzverwaltung durch die Anbieter von Internetdiensten ebenso wir streng umrissener und klar festgelegter Ausnahmen im öffentlichen Interesse, wie z. B. Netzsicherheit oder der Bekämpfung von Kinderpornografie.
Gleichzeitig haben die Anbieter von Internetzugängen weiterhin die Möglichkeit, spezielle Dienste höherer Qualität wie z. B. Internetfernsehen oder neue, innovative Anwendungen anzubieten, solange diese Dienste nicht auf Kosten der Qualität des "offenen Internets" erbracht werden.
Die EU erhält die weltweit strengsten und umfassendsten Vorschriften für "offenes Internet", die durch gestärkte Rechte für End-Nutzer sicherstellen, dass die Teilnehmer auch erhalten, wofür sie bezahlen. Die Regeln werden EU-weit für alle Mitgliedstaaten Wirklichkeit, sobald der Text vom 30 April 2016 an gilt.
Durch diese gemeinsamen EU-weit gültigen Internetvorschriften wird eine Aufsplitterung des Binnenmarkts vermieden, Rechtssicherheit für Unternehmen geschaffen und die grenzübergreifende Arbeit erleichtert.
Weitere Schritte:
Im Anschluss an die politische Vereinbarung muss der Text vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich gebilligt werden. Danach wird er in alle EU-Amtssprachen übersetzt, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und schließlich offiziell in Kraft treten.
Bei der anstehenden Überarbeitung des Telekommunikationspakets von 2009, das einen Bestandteil der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt bildet, werden die fünf folgenden großen Herausforderungen angegangen:
Ein echter Binnenmarkt: Die Kommission wird sich mit der Uneinheitlichkeit der Rechtvorschriften befassen, damit Skaleneffekte für Netzbetreiber, Diensteanbieter und Verbraucher erzielt werden können und gleichzeitig ein gleichwertiger Zugang zu grundlegenden Netzen gewährleistet wird.
Funkfrequenzen: Die Mitgliedstaaten erzielen wichtige Einnahmen durch den Verkauf von Funkfrequenzrechten. Diese Einnahmen sollten weiterhin ausschließlich bei den Mitgliedstaaten verbleiben, die Verwaltung der Funkfrequenzen muss jedoch angesichts ihrer Bedeutung für den Netzzugang auf EU-Ebene stärker harmonisiert werden.
Investitionen in die Netze: Durch die Überarbeitung der Vorschriften dürften die Marktteilnehmer genügend Anreize erhalten, um in Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetze zu investieren und sicherzustellen, dass die Endnutzer von einem wettbewerbsfähigen, erschwinglichen und leistungsfähigen Internetzugang profitieren können.
Gleiche Wettbewerbsbedingungen: Die Kommission wird sich mit der zunehmenden Bedeutung von Online-Anbietern befassen, die ähnliche oder gleichwertige Dienste wie die herkömmlichen Telekommunikationsdienstleister anbieten.
Regulierung: Die Regulierung der Mitgliedstaaten muss stärker vereinheitlicht werden. Der institutionelle Aufbau der EU muss zu einer Angleichung der Marktergebnisse führen, wobei den unterschiedlichen lokalen und nationalen Bedingungen Rechnung zu tragen ist. Insbesondere bei der Verwaltung der Frequenzen ist eine bessere Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung.
Hintergrund:
Im September 2013 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für einen Telekommunikations-Binnenmarkt unter dem Titel "Vernetzter Kontinent" vorgelegt (Pressemitteilung). Im April 2014 hat das Europäische Parlament in erster Lesung über die Legislativvorschläge abgestimmt (Pressemitteilung). Im März 2015 nahm der Rat unter lettischer Präsidentschaft ein Verhandlungsmandat an (Pressemitteilung). Die heutige Vereinbarung ist das Ergebnis der Verhandlungen.
(Europäische Kommission: ra)
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