Unternehmen auf dem Markt für Turbinen
Fusionskontrolle: Europäische Kommission gibt grünes Licht für Übernahme des Turbomaschinenherstellers Dresser-Rand durch Siemens
Die Kommission hatte Bedenken, da durch das Vorhaben die Zahl der großen Anbieter von aero-derivativen Gasturbinen, Turboverdichtern und Turboverdichtersträngen, die mit aero-derivativen Gasturbinen angetrieben werden, von drei auf zwei reduziert werden würde
(22.07.15) - Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme des US-amerikanischen Turbomaschinenherstellers Dresser-Rand durch den deutschen Siemens-Konzern nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Beide Unternehmen produzieren Turboverdichter und die Motoren, mit denen diese Verdichter angetrieben werden (Antriebe). Es gibt unterschiedliche Arten von Antrieben: aero-derivative Gasturbinen, Industriegasturbinen, Dampfturbinen und Elektromotoren.
Wird ein Turboverdichter mit einem Antrieb kombiniert, spricht man von einem Turboverdichterstrang. Turboverdichterstränge kommen vielfach in der Öl- und Gasindustrie zum Einsatz, zum Beispiel bei der Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas, bei deren Beförderung und Lagerung sowie bei der Raffinierung und Herstellung verschiedener Öl- und Gaserzeugnisse.
Die Kommission hatte Bedenken, da durch das Vorhaben die Zahl der großen Anbieter von aero-derivativen Gasturbinen, Turboverdichtern und Turboverdichtersträngen, die mit aero-derivativen Gasturbinen angetrieben werden, von drei auf zwei reduziert werden würde. Eine erste Prüfung ergab ferner, dass die Wettbewerber der an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen auf dem Markt für kleine Dampfturbinen mit einer Leistung von weniger als 5 MW nur über eine geringe Präsenz verfügen und folglich keinen nennenswerten Wettbewerbsdruck auf die beteiligten Unternehmen ausüben. Diese beiden Aspekte könnten zu einer geringeren Produktvielfalt und letztlich zu höheren Preisen führen.
Im Anschluss an die im Februar 2015 eingeleitete eingehende Prüfung ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass das Vorhaben den wirksamen Wettbewerb weder im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) noch in einem wesentlichen Teil desselben erheblich beeinträchtigen wird.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: "Nach Abschluss einer eingehenden Untersuchung der betroffenen Märkte ist die Kommission überzeugt, dass der Zusammenschluss nicht zulasten der europäischen Verbraucher geht. Der Beschluss zeigt, dass die Kommission einen Zusammenschluss auch nach einer eingehenden Untersuchung ohne Auflagen genehmigen kann, sofern er den Wettbewerb nicht beeinträchtigt".
Antriebe für Turboverdichterstränge
Gasturbinen sind Verbrennungsmotoren, die Luft als Arbeitsmedium verwenden. Sie kommen zum Einsatz bei Verkehrsanwendungen, bei der Stromerzeugung und beim Antrieb mechanischer Vorrichtungen wie z. B. Kompressoren. Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Gasturbinen:
>> Aero-derivative Gasturbinen, die aus Flugzeugtriebwerken abgeleitet wurden. Das Flugzeugtriebwerk wird in der Weise angepasst, dass es für die Stromerzeugung oder für den Antrieb mechanischer Vorrichtungen wie Kompressoren verwendet werden kann.
>> Industriegasturbinen, die speziell für industrielle Anwendungen entwickelt wurden.
Dampfturbinen werden eingesetzt als Antrieb für mechanische Geräte (z. B. Kompressoren und Pumpen) oder um Generatoren anzutreiben, wenn Brennstoffe zur Verbrennung in einem Kessel zur Verfügung stehen, um Dampf zu erzeugen.
Elektromotoren transformieren elektrische Energie in mechanische Energie, um Maschinen, wie etwa Kompressoren, zu betreiben.
Die Prüfung der Kommission
Aus der ersten Prüfung der Kommission ergab sich Folgendes:
>> Im Segment der Turboverdichterstränge, die durch aero-derivative Gasturbinen angetrieben werden, würde der Zusammenschluss die Zahl der großen Anbieter – Siemens/Rolls-Royce, Dresser-Rand und General Electric – von drei auf zwei verringern.
>> Im Segment der kleinen Dampfturbinen mit einer Leistung von weniger als 5 Megawatt (MW) würden Siemens und Dresser-Rand nur mit wenigen Anbietern im Wettbewerb stehen.
Die Kommission konzentrierte sich bei ihrer eingehenden Prüfung daher auf diese beiden Marktsegmente.
Durch aero-derivative Gasturbinen angetriebene Turboverdichterstränge
Für Turboverdichterstränge, die mit aero-derivativen Gasturbinen angetrieben werden, hat die Prüfung der Kommission ergeben, dass die Tätigkeiten von Dresser-Rand und Siemens weitgehend komplementär sind, da:
>> sie sich zu einem großen Teil auf verschiedene Öl- und Gasanwendungen konzentrieren und
>> die beiden Unternehmen bei Ausschreibungsverfahren nur selten zueinander in Wettbewerb treten.
Darüber hinaus ergab die eingehende Prüfung, dass Verdichterstränge, die mit aero-derivativen Gasturbinen angetrieben werden, weitgehend austauschbar sind mit Verdichtersträngen, die mit leichten Industriegasturbinen angetrieben werden. Bei Turboverdichtersträngen mit einem Leistungsbedarf von weniger als 23 MW ist Solar derzeit Marktführer, gefolgt von GE und Dresser-Rand. Siemens hat nur ein begrenztes Angebot an Industriegasturbinen. Infolgedessen stellte die Kommission fest, dass die beiden Unternehmen im Segment der Verdichterstränge, die eine Ausgangsleistung von weniger als 23 MW benötigen, nicht nur mit GE, sondern auch mit Solar im Wettbewerb stehen. Solar stellt keine leichten Industriegasturbinen mit einer Ausgangsleistung von mehr als 23 MW her.
Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass der geplante Zusammenschluss in Bezug auf Verdichterstränge, die mit aero-derivativen Gasturbinen bzw. leichten Industriegasturbinen betrieben werden, keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gibt.
Dampfturbinen mit einer Leistung von weniger als 5 MW
In Bezug auf kleine Dampfturbinen mit einer Leistung von weniger als 5 MW hat die eingehende Prüfung ergeben, dass die beiden Unternehmen aufgrund ihrer weitgehend komplementären Tätigkeiten keine engen Wettbewerber sind und in ihren jeweiligen Marktsegmenten starker Wettbewerb seitens anderer großer Anbieter besteht. Außerdem ergab die Prüfung, dass mehrere kleinere Wettbewerber auf dem Markt für kleine Dampfturbinen mit einer Leistung von weniger als 5 MW vertreten sind und auch bleiben werden.
Auf der Grundlage ihrer Untersuchung stellte die Kommission fest, dass diese kleineren Anbieter ihre Produktion steigern und weitere Hersteller in den Markt eintreten könnten. Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass der geplante Zusammenschluss in Bezug auf kleine Dampfturbinen mit einer Leistung von weniger als 5 MW keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken aufwerfen würde.
Unternehmen und Produkte
Siemens ist eine deutsche Aktiengesellschaft mit Sitz in München. Siemens bietet eine breite Palette von Waren und Dienstleistungen in verschiedenen Geschäftsfeldern an.
Zum Produktportfolio von Siemens gehören Gas- und Dampfturbinen, Generatoren und Verdichter. Darüber hinaus stellt Siemens auch Elektromotoren her.
Dresser-Rand ist eine US-amerikanische Aktiengesellschaft mit Sitz in Houston (Texas). Dresser-Rand beliefert vor allem Kunden im Öl- und Gassektor, insbesondere für Tätigkeiten im Upstream-Bereich Exploration und Förderung, im Midstream-Bereich Transport, Erdgasverflüssigung und Gasspeicheranwendungen und im Downstream-Bereich Raffinierungsverfahren sowie im Vertrieb von Öl- und Gasnebenprodukten.
Die Produktpalette von Dresser-Rand umfasst Radial- und Kolbenverdichter, kleine Gas- und Dampfturbinen, Gasentspannungsturbinen, Gas- und Dieselmotoren sowie die entsprechenden Steuerungssysteme.
(Europäische Kommission: ra)
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>