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Wettbewerber auf dem deutschen Mobilfunkmarkt


Fusionskontrolle: Die Europäische Kommission stellt fest, dass Telefónica gegen Verpflichtungen verstoßen haben könnte, auf deren Grundlage die Übernahme von E-Plus genehmigt worden war
Die damalige Genehmigung war an die Auflage geknüpft, dass Telefónica seine Verpflichtungszusagen vollständig einhält. Durch diese Verpflichtungen sollte gewährleistet werden, dass neue Wettbewerber in den Mobilfunkmarkt in Deutschland eintreten können und dass die Marktstellung bestehender Wettbewerber gestärkt wird



Die Europäische Kommission hat dem Mobilfunkbetreiber Telefónica Deutschland eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt, in der sie ihren vorläufigen Standpunkt darlegt, dass das Unternehmen gegen Verpflichtungen verstoßen haben könnte, die es im Jahr 2014 eingegangen war, um von der Kommission grünes Licht für die Übernahme von E-Plus zu erhalten.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: "Verpflichtungen, die Unternehmen im Rahmen der Genehmigung eines Zusammenschlusses eingehen, sind von entscheidender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass anschließend ein wirksamer Wettbewerb gewahrt bleibt und die Verbraucher nicht geschädigt werden. Diese Verpflichtungen müssen vollständig eingehalten werden. Da wir mutmaßliche Zuwiderhandlungen dagegen sehr ernst nehmen, haben wir Telefónica diese Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt."

Nachdem die Europäische Kommission das Vorhaben von Telefónica Deutschland, einer Tochtergesellschaft des spanischen Unternehmens Telefónica, E-Plus, eine in Deutschland tätige Mobilfunktochter des niederländischen Telekommunikationsbetreibers KPN, zu übernehmen, auf der Grundlage der EU-Fusionskontrollverordnung eingehend untersucht hatte, genehmigte sie die geplante Übernahme am 2. Juli 2014 unter Vorbehalt.

Die Genehmigung war an die Auflage geknüpft, dass Telefónica seine Verpflichtungszusagen vollständig einhält. Durch diese Verpflichtungen sollte gewährleistet werden, dass neue Wettbewerber in den Mobilfunkmarkt in Deutschland eintreten können und dass die Marktstellung bestehender Wettbewerber gestärkt wird.

Die Verpflichtungen bestanden aus drei Hauptbestandteilen, wobei sich Telefónica insbesondere verpflichtete:
1)
vor dem Abschluss des Zusammenschlusses bis zu 30 Prozent der Netzkapazität des neu aufgestellten Unternehmens zu festgesetzten Preisen an einen oder mehrere (bis zu drei) Betreiber virtueller Mobilfunknetze (MVNO) in Deutschland zu verkaufen. Solche virtuellen Betreiber nutzen die Netze anderer Betreiber, um Mobilfunkdienste für Verbraucher zu erbringen;

2) ein Funkfrequenzspektrum und bestimmte weitere Vermögenswerte zu veräußern, und zwar entweder an einen neuen Netzbetreiber oder anschließend an virtuelle Betreiber, welche dafür Netzkapazitäten nutzen, die sie aufgrund der Verpflichtungen erworben haben;

3) die bestehenden Vorleistungsvereinbarungen mit den Vorleistungspartnern von Telefónica und E-Plus auszuweiten und allen interessierten Marktteilnehmern 4G-Vorleistungen zu den "günstigsten Preisen" anzubieten. Darüber hinaus verpflichtete sich Telefónica, es seinen Vorleistungspartnern zu erleichtern, Kundenwechsel zwischen Mobilfunknetzbetreibern abzuwickeln.

Die von der Kommission übermittelte Mitteilung der Beschwerdepunkte bezieht sich auf den dritten Teil des Verpflichtungspakets und zwar insbesondere auf die Verpflichtung von Telefónica, allen interessierten Marktteilnehmern 4G-Vorleistungen zu "den günstigsten Preisen unter Benchmark-Bedingungen" anzubieten.

Die Kommission vertritt den vorläufigen Standpunkt, dass Telefónica seinen Verpflichtungen in Bezug auf den 4G-Vorleistungszugang nicht hinreichend nachgekommen ist, weil das Unternehmen bestimmte bestehende Vorleistungsvereinbarungen nicht in die Benchmark einbezogen hat. Wenn Telefónica diese zusätzlichen Vereinbarungen einbezogen hätte, wären die Konditionen für den 4G-Vorleistungszugang für Dritte günstiger geworden. Durch das Verhalten von Telefónica wurde es Dritten erschwert, auf dem deutschen Markt für Mobilfunkdienste am Wettbewerb teilzunehmen.

Nächste Schritte
Die Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem endgültigen Ergebnis des Verfahrens nicht vor. Telefónica hat nun bis zum 5. April Zeit, um zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte Stellung zu nehmen.

Sollte die Kommission zu dem Schluss kommen, dass Telefónica einer Verpflichtung, die Gegenstand des Beschlusses zur Genehmigung der Übernahme von E-Plus war, nicht nachgekommen ist, könnte sie eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes von Telefónica Deutschland verhängen und/oder ihren ursprünglichen Genehmigungsbeschluss widerrufen.

Hintergrund
Dies ist das erste Mal, dass die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt hat, in der sie den vorläufigen Standpunkt vertritt, dass ein Unternehmen Verpflichtungen, die es eingegangen war, um von der Kommission auf der Grundlage der EU-Fusionskontrollverordnung grünes Licht für einen Zusammenschluss zu erhalten, nicht nachgekommen ist.

Andere Fusionskontrollverfahren
Im Mai 2017 verhängte die Kommission eine Geldbuße von 110 Mio. EUR gegen Facebook, weil das Unternehmen im Rahmen der Prüfung der Übernahme von WhatsApp durch Facebook, die die Kommission 2014 auf der Grundlage der EU-Fusionskontrollverordnung durchgeführt hatte, unrichtige bzw. irreführende Angaben gemacht hatte. Der Geldbußen-Beschluss ließ die auf der Grundlage der EU-Fusionskontrollverordnung erfolgte Genehmigung des Vorhabens durch die Kommission im Oktober 2014 unberührt, da dafür verschiedene andere Elemente ausschlaggebend gewesen waren.

Im Juli 2017 übermittelte die Kommission drei separate Mitteilungen der Beschwerdepunkte an Merck und Sigma-Aldrich, General Electric und Canon wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Fusionskontrollvorschriften: jeweils eine Mitteilung erging an General Electric sowie an Merck und Sigma-Aldrich wegen mutmaßlich unrichtiger bzw. irreführender Angaben und die dritte an Canon aufgrund der möglichen Durchführung eines Zusammenschlusses vor dessen Anmeldung und Genehmigung. Diese Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.

Im April 2018 verhängte die Kommission gegen das multinationale Kabel- und Telekommunikationsunternehmen Altice (Niederlande) eine Geldbuße in Höhe von 124,5 Mio. EUR, weil das Unternehmen die Übernahme des portugiesischen Telekommunikationsunternehmens PT Portugal vollzogen hatte, ohne das Fusionsvorhaben zuvor bei der Kommission anzumelden und die Genehmigung abzuwarten.

Hintergrundinformationen zum Verfahren
Mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte setzt die Kommission die Beteiligten auf schriftlichem Wege förmlich über ihre kartellrechtlichen Bedenken in Kenntnis. Die Unternehmen können dann die Akten der Kommission einsehen, schriftlich antworten und eine mündliche Anhörung beantragen, in der sie gegenüber Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden zu der jeweiligen Sache Stellung nehmen können.

Für den Abschluss von Untersuchungen gibt es keine zwingende Frist. Ihre Dauer hängt unter anderem von der Komplexität des jeweiligen Falls, der Kooperationsbereitschaft der betreffenden Unternehmen und der Ausübung der Verteidigungsrechte ab.

Nach der EU-Fusionskontrollverordnung (FKVO) kann die Kommission im Anschluss an eine eingehende Untersuchung ihren Genehmigungsbeschluss an Bedingungen und Auflagen knüpfen, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission im Hinblick auf eine mit dem Binnenmarkt zu vereinbarende Gestaltung des Zusammenschlusses eingegangen sind (Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung).

Die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Geldbußen bei einer Zuwiderhandlung gegen Bedingungen oder Auflagen nach Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 ist in Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe d der FKVO niedergelegt. Die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Zwangsgeldern, um Unternehmen dazu zu veranlassen, einer durch Beschluss nach Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 auferlegten Auflage nachzukommen, ist in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c der FKVO verankert. Die Möglichkeit, einen Beschluss nach Artikel 8 Absatz 2 zu widerrufen, wenn das betreffende Unternehmen einer Auflage zuwiderhandelt, ist in Artikel 8 Absatz 6 Buchstabe d der FKVO festgelegt.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 10.03.19
Newsletterlauf: 25.04.19


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