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Zukunft des öffentlichen Auftragswesens


Kommission will die Einführung der elektronischen Auftragsvergabe unterstützen
Mitgliedstaaten sollen durch entsprechende Maßnahmen beim rascheren Umstieg auf e-Beschaffung unterstützt werden


(08.08.11) - "e-Beschaffung" (e-Procurement), d. h. die Nutzung elektronischer Hilfsmittel durch Regierungen und andere Organisationen des öffentlichen Sektors bei der Kommunikation und der Geschäftsabwicklung im Rahmen der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen oder der Ausschreibung öffentlicher Arbeiten können erhebliche Einsparungen für die europäischen Steuerzahler bewirken. Daher kündigt die Europäische Kommission eine Reihe von Maßnahmen an, mit deren Hilfe die Einführung von e-Beschaffung in der EU beschleunigt werden soll.

Erstens veröffentlicht die Kommission einen Aufruf zur Interessenbekundung für die Teilnahme an einer neuen, informellen Sachverständigengruppe zu e-Ausschreibung. Zweitens beginnt sie mit der Beobachtung der e-Beschaffung in allen Mitgliedstaaten, um vorbildliche Verfahren zu fördern. Als Drittes veröffentlicht sie die Antworten auf das Grünbuch zur elektronischen Beschaffung, aus denen hervorgeht, dass die obligatorische Nutzung von e-Beschaffung in der EU großen Anklang findet.

Die Mitgliedstaaten sollen durch diese Maßnahmen beim rascheren Umstieg auf e-Beschaffung unterstützt werden, während die Lieferanten die Möglichkeit erhalten, an Online-Vergabeverfahren im gesamten Binnenmarkt teilzunehmen.

Bei e-Beschaffung geht es um mehr als nur einen Wechsel von papiergestützten Beschaffungssystemen zu Systemen, die elektronische Hilfsmittel nutzen. Sie hat das Potenzial, die öffentliche Beschaffung zu rationalisieren und zu beschleunigen, wovon sowohl die Auftraggeber als auch die Lieferanten – und die europäischen Steuerzahler – profitieren werden. Sie soll zu einer schnelleren und effizienteren Verwaltung der Beschaffung und damit zu Kosten- und Zeitersparnis führen.

Hierzu sagte Kommissar Barnier: "e-Beschaffung ist die Zukunft des öffentlichen Auftragswesens. Durch sie werden bessere Ergebnisse bei der Beschaffung erzielt, Verschwendung und Fehler verringert und öffentliche Auftraggeber bei der Verwaltung komplexer Transaktionen unterstützt. In fünf bis zehn Jahren wird der Großteil der Verwaltung der öffentlichen Beschaffung elektronisch abgewickelt werden. Wir müssen uns bereits jetzt auf diesen Wandel vorbereiten. Auf EU-Ebene müssen wir sicherstellen, dass der Umstieg durch das rechtliche und politische Umfeld gefördert wird. Die Grundlagen, mit deren Schaffung heute begonnen wird, stellen einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung auf den Einsatz neuer Technologien für eine bessere Beschaffung dar."

Hintergrund
Angesichts der Haushaltszwänge steht die Frage der effizienten Vergabe öffentlicher Aufträge ganz oben auf der politischen Agenda in allen Mitgliedstaaten. Eine Reform der vorhandenen Regeln wird zu flexibleren und nutzerfreundlichen Instrumenten führen, mit denen die Kosten gesenkt und die Dauer der Vergabeverfahren verkürzt werden, so dass öffentliche Gelder effizient genutzt werden. Deshalb zählt die Reform der Rechtsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen zu den zwölf prioritären Maßnahmen der im April 2011 angenommenen Binnenmarktakte. Eine offene und wettbewerbsorientierte Auftragsvergabe hat die Kosten um bis zu 4 Prozent gesenkt und zu Einsparungen von rund 20 Mrd. Euro geführt.

Öffentliche Auftraggeber in der gesamten EU ersetzen papiergestützte Verwaltungsverfahren durch elektronische Instrumente und Verfahren. Die vollständige Umstellung auf e-Beschaffung könnte einer neueren Untersuchung der Deutschen Bank zufolge Einsparungen zwischen 50 und 70 Mrd. Euro pro Jahr bewirken. Im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der EU-Regeln für die öffentliche Beschaffung wird versucht, das Potenzial von e-Beschaffung einzubringen. Die heute begonnene Arbeit wird dazu beitragen, technische und praktische Lösungen zu finden, mit deren Hilfe die neuen Rechtsvorschriften nach ihrem Inkrafttreten ihre volle Wirkung entfalten können.

Zu den eingeleiteten Maßnahmen zählen:
Einsetzung einer informellen Sachverständigengruppe zu e-Ausschreibung: Die Sachverständigengruppe wird führende Sachverständige auf dem Gebiet der Konzeption und Durchführung von e-Beschaffungssystemen und politischen Strategien versammeln. Bis Ende 2012 wird die Gruppe Funktionsanforderungen ("Blueprint") für nach einheitlichen Grundsätzen gestaltete e-Vergabelösungen ausarbeiten. Die Kommission fordert qualifizierte Sachverständige auf, sich zur Teilnahme an dieser Gruppe zu bewerben (Einsendeschluss für Bewerbungen ist der 30.9.2011).

Beginn der Arbeiten zur Beobachtung von e-Beschaffung und zum Benchmarking: Die Kommission hat im Amtsblatt eine Ausschreibung für eine Studie zur Entwicklung relevanter Indikatoren zur Beobachtung der Entwicklung der elektronischen Beschaffung veröffentlicht. Durch den aktuellen Mangel an Informationen über e-Beschaffung wird die Einführung der elektronischen Auftragsvergabe behindert. Die Ergebnisse dieser Studie werden den politischen Entscheidungsträgern auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene bei der Beobachtung von e-Beschaffung und damit der Förderung des Umstiegs helfen. Ein zweites Ziel ist die Beseitigung des Informationsmangels in Bezug auf gute Verfahren der e-Beschaffung, indem eine Fallsammlung vorbildlicher Verfahren mit den aktivsten/erfolgreichsten e-Beschaffungslösungen in Europa zusammengestellt wird. Die über vorbildliche Verfahren gewonnenen Erkenntnisse werden dazu beitragen, dass die Verfahren vereinheitlicht werden und diejenigen Mitgliedstaaten und Regionen, die in e-Beschaffungsinfrastrukturen investieren, bewährte Lösungen einführen, statt das Rad neu zu erfinden oder in unproduktive Lösungen zu investieren. Angebote sind bis zum 30.9.2011 einzureichen.

Zusätzlich hat die Kommission eine detaillierte Zusammenfassung der Antworten zum Grünbuch zum Ausbau der e-Beschaffung veröffentlicht. Die Analyse der 77 eingegangenen Antworten zum Grünbuch gewährt einen detaillierten Einblick, der der weiteren Arbeit im Bereich der e-Beschaffung zugute kommen wird. Das Tätigwerden auf EU-Ebene, wozu auch Rechtsvorschriften zur Erleichterung standardisierter e-Beschaffungslösungen zählen, findet breite Unterstützung. Eine knappe Mehrheit der Kommentare spricht sich dafür aus, die Nutzung von e-Beschaffung auf EU-Ebene verbindlich vorzuschreiben.

Weitere Informationen
Sachverständigengruppe: Aufgabenbeschreibung und Aufruf zur Interessenbekundung:
http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/e-procurement/expert/index_de.htm

Leistungsbeschreibung für die Studie zur Beobachtung von e-Beschaffung und zum Benchmarking (Bekanntmachung 2011/S 142-235043 vom 27.7.2011):
http://ec.europa.eu/dgs/internal_market/calls_de.htm Zusammenfassung der zum Grünbuch eingegangenen Antworten:
http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/e-procurement/consultations/index_de.htm
(Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Überarbeitung einschlägiger Vorschriften

    Die Europäische Kommission startet eine Aufforderung zur Stellungnahme und eine öffentliche Konsultation, mit denen Interessenträger aufgefordert werden, ihre Standpunkte zur Zukunft der EU-Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu übermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluierung, die im September 2024 mit der Veröffentlichung einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen abgeschlossen wurde, hat die Kommission beschlossen, das Verfahren zur Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften einzuleiten, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Vorschriften angesichts transformativer Veränderungen wie der Digitalisierung der Wirtschaft anzupassen. Alle Interessenträger können bis zum 2. Oktober 2025 Stellung nehmen.

  • Überprüfung der Betrugsbekämpfungsarchitektur

    Die Europäische Kommission hat einen strukturierten Reflexionsprozess zur Überprüfung der EU-Betrugsbekämpfungsarchitektur in Gang gesetzt. Die Überprüfung ergänzt die vorbereitenden Arbeiten für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Ziel ist es, einen verstärkten und effizienteren Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten.

  • Einhaltung von Verpflichtungszusagen

    Die Europäische Kommission hat Vivendi ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass das Unternehmen gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot nach der EU-Fusionskontrollverordnung sowie gegen die Bedingungen und Auflagen des Kommissionsbeschlusses vom 9. Juni 2023 über die Genehmigung der Übernahme von Lagardère durch Vivendi verstoßen hat.

  • Marktbeherrschende Stellung

    Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Corning nach den EU-Kartellvorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Die Verpflichtungen räumen die Bedenken der Kommission aus in Bezug auf von Corning geschlossene mutmaßlich wettbewerbswidrige Alleinbezugsvereinbarungen für Alkali-Aluminosilikatglas (im Folgenden "Alkali-AS-Glas"), das hauptsächlich als Abdeckglas in Smartphones und anderen tragbaren Elektronikgeräten zum Einsatz kommt.

  • Zusammenschlusses zwischen KKR und NetCo

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, um zu ermitteln, ob KKR & Co. Inc. (im Folgenden "KKR") der Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens zur Übernahme des Unternehmens NetCo unrichtige oder irreführende Angaben übermittelt hat.

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