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"Grünstromprivileg" eine diskriminierende Abgabe?


Staatliche Beihilfen: Europäische Kommission eröffnet eingehende Prüfung der Förderung stromintensiver Unternehmen durch Teilbefreiung von EEG-Umlage
Aufgrund zahlreicher Beschwerden von Verbrauchern und Wettbewerbern hat die Kommission das EEG 2012 einer vorläufigen Prüfung unterzogen

(21.01.14) - Die Europäische Kommission hat eine eingehende Prüfung eingeleitet, um festzustellen, ob die den stromintensiven Unternehmen gewährte Teilbefreiung von einer Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland (sogenannte "EEG-Umlage") mit EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht. Auf der Grundlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der Fassung 2012 (EEG 2012) wird stromintensiven Unternehmen eine Teilbefreiung von der EEG-Umlage gewährt. Die Kommission wird außerdem die Teilbefreiung von der EEG-Umlage prüfen, die gewährt wird, wenn die Strommenge eines Lieferanten zu mindestens 50 Prozent aus inländischen Kraftwerken stammt, die erneuerbare Energie nutzen ("Grünstromprivileg"). Die Eröffnung eines eingehenden Prüfverfahrens gibt Beteiligten die Möglichkeit, zu der betreffenden Maßnahme Stellung zu nehmen. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Aufgrund zahlreicher Beschwerden von Verbrauchern und Wettbewerbern hat die Kommission das EEG 2012 einer vorläufigen Prüfung unterzogen. Im Jahr 2012 wurde das EEG erheblich geändert. Dadurch wurde die Struktur des deutschen Mechanismus zur Förderung der Erzeugung erneuerbaren Stroms in einer Weise modifiziert, dass er eine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften darstellt, weil er aus vom Staat kontrollierten Mitteln finanziert wird. Das EEG 2012 schreibt eine Umlage auf den Stromverbrauch vor. Diese Umlage wird von den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern nach Vorgaben, die im Einzelnen im EEG 2012 und in den einschlägigen Durchführungsbestimmungen festgelegt sind, verwaltet. Die Regulierungsbehörde ist für die Überwachung der Verwaltung der Umlage zuständig. Das ehemalige, im Jahr 1998 eingeführte System beruhte hingegen auf einer Abnahmeverpflichtung und wurde vom Gerichtshof nicht als staatliche Beihilfe eingestuft (Rechtssache V-379/98, PreussenElektra).

Die Kommission hat festgestellt, dass die öffentliche Förderung, die den Erzeugern erneuerbaren Stroms auf der Grundlage des EEG 2012 in Form von Einspeisetarifen und Marktprämien gewährt wird, zwar eine Beihilfe darstellt, diese jedoch mit den Leitlinien der Kommission über staatliche Umweltschutzbeihilfen 2008 im Einklang steht.

Dahingegen hat die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt Bedenken, dass zwei Aspekte des EEG möglicherweise nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen:

>> Die den stromintensiven Unternehmen gewährte Teilbefreiung von der Umlage scheint aus staatlichen Mitteln finanziert zu werden. Sie steht nur Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit einem Verbrauch von mindestens 1 GWh/a offen, deren Stromkosten 14 Prozent ihrer Bruttowertschöpfung ausmachen. Durch die Teilbefreiungen scheint den Begünstigten ein selektiver Vorteil gewährt zu werden, der den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt wahrscheinlich verfälscht. Die derzeitigen Leitlinien für staatliche Beihilfen sehen die Möglichkeit derartiger Teilbefreiungen nicht vor. Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass Teilbefreiungen von der Umlage zur Finanzierung erneuerbaren Stroms für stromintensive Nutzer unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein könnten, um eine Verlagerung von CO2-Emissionen zu vermeiden.

Parallel zu ihrer Prüfung wird die Kommission alle Beteiligten auffordern, zu möglichen Kriterien, die in die künftigen Leitlinien aufgenommen werden könnten, Stellung zu nehmen. Vor diesem Hintergrund wird die Kommission deshalb eingehend prüfen, ob die Teilbefreiungen für stromintensive Unternehmen gerechtfertigt sind, ob sie verhältnismäßig sind und ob sie den Wettbewerb möglicherweise in ungebührender Weise verfälschen.

>> Das "Grünstromprivileg" (§ 39 EEG) könnte eine diskriminierende Abgabe darstellen. Die Teilbefreiung von der EEG-Umlage wird nur gewährt, wenn die von einem Lieferanten gelieferte Strommenge zu mindestens 50 Prozent aus inländischen Kraftwerken stammt, die erneuerbare Energie nutzen und seit höchstens 20 Jahren in Betrieb sind. Dies scheint eine Diskriminierung zwischen inländischem und importiertem erneuerbarem Strom aus vergleichbaren Anlagen zu bewirken. Im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens wird die Kommission im Detail untersuchen, ob die Diskriminierung nur insoweit bestehen würde, als der eingeführte Strom noch nicht in seinem Ursprungsland Gegenstand einer Förderung war.

Hintergrund
Die Einleitung des Prüfverfahrens lässt keine Rückschlüsse auf das Ergebnis der Untersuchung zu. Deutschland und Beteiligte erhalten dadurch Gelegenheit, sich zu der untersuchten Maßnahme zu äußern. Beteiligte können dabei Angaben machen, die zu einem besseren Verständnis der Auswirkungen der Umlage auf das mögliche Risiko von Standortverlagerungen und der Auswirkungen der Teilbefreiungen auf den Wettbewerb beitragen können.

Vor dem Hintergrund der derzeit in mehreren Mitgliedstaaten erfolgenden Reform der Fördersysteme für erneuerbare Energien überarbeitet die Kommission zurzeit die Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen. Diese Überarbeitung zielt darauf ab, erneuerbaren Strom zu fördern, um zu gewährleisten, dass die für das Jahr 2020 gesteckten Ziele der EU erreicht werden und die durch staatliche Beihilfen für erneuerbare Energien bewirkten Verfälschungen des Wettbewerbs auf dem Strommarkt möglichst gering bleiben. Sie soll auch dazu beitragen, die Kosteneffizienz derartiger Fördermaßnahmen zum Nutzen der Stromverbraucher zu steigern. Die öffentliche Konsultation über die künftigen Leitlinien für Energie- und Umweltbeihilfen gibt den Beteiligten Gelegenheit, zur Reform der EU-Beihilfevorschriften im Bereich der Förderung der Erzeugung erneuerbaren Stroms Stellung zu nehmen. (Europäische Kommission: ra)


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