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Fünf verschiedene Kartelle aufgedeckt


Kartellrecht: Europäische Kommission verhängt Geldbußen in Höhe von insgesamt 115.865.000 gegen Hersteller und Händler von Lebensmittelverpackungen wegen Beteiligung an Kartellen
Die Unternehmen trafen Preisabsprachen und teilten ihre Kunden von Schaumstoffschalen aus Polystyrol und biegesteifen Kunststoffschalen aus Polypropylen untereinander auf und verstießen damit gegen die EU-Kartellvorschriften

(21.07.15) - Die Europäische Kommission hat gegen acht Hersteller und zwei Händler von Lebensmittelverpackungsschalen für den Einzelhandel Geldbußen in Höhe von insgesamt 115.865.000 Euro verhängt, da sie an mindestens einem von fünf verschiedenen Kartellen beteiligt waren. Bei den acht Herstellern handelt es sich um die Unternehmen Huhtamäki (Finnland), Nespak und Vitembal (Frankreich), Silver Plastics (Deutschland), Coopbox, Magic Pack und Sirap-Gema (Italien) sowie Linpac (Vereinigtes Königreich). Bei den beiden Händlern handelt es sich um die Unternehmen Ovarpack (Portugal) und Propack (Vereinigtes Königreich).

Die Unternehmen trafen Preisabsprachen und teilten ihre Kunden von Schaumstoffschalen aus Polystyrol und biegesteifen Kunststoffschalen aus Polypropylen untereinander auf und verstießen damit gegen die EU-Kartellvorschriften. Polystyrol-Schaumstoffschalen und biegesteife Polypropylen-Kunststoffschalen werden für die Verpackung von Lebensmitteln wie Käse, Fleisch, Fisch oder Kuchen verwendet, die in Supermärkten oder anderen Geschäften verkauft werden. Linpac wurde die Geldbuße im Einklang mit der Kronzeugenregelung der Kommission von 2006 vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission von den Kartellen in Kenntnis gesetzt hatte.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: "Millionen von Verbrauchern, die Lebensmittel für sich und ihre Familien kaufen, sind möglicherweise von diesen Kartellen betroffen. Die betroffenen Unternehmen teilten den Markt für Lebensmittelverpackungen für den Einzelhandel untereinander auf und sprachen Preise ab, statt miteinander zu konkurrieren. Kartelle beeinträchtigen unsere gesamte Wirtschaft, da die Preise von den beteiligten Unternehmen und nicht vom Markt festgesetzt werden. Dies nimmt den Unternehmen den Anreiz zu Innovationen und kann nicht toleriert werden."

Im Rahmen ihrer Untersuchung deckte die Kommission fünf verschiedene Kartelle im Bereich der Lebensmittelverpackungen für den Einzelhandel auf, die einen großen Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) abdeckten:

>> Die Märkte für Polystyrol-Schaumstoffschalen und biegesteife Polypropylen-Kunststoffschalen in Nordwesteuropa ("NWE"). Dieses Kartell betraf Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Schweden und bestand von Juni 2002 bis Oktober 2007.

>> Den Markt für Polystyrol-Schaumstoffschalen in Mittel- und Osteuropa ("MOE"). Dieses Kartell umfasste Polen, die Slowakei, die Tschechische Republik und Ungarn und bestand von November 2004 bis September 2007.

>> Den Markt für Polystyrol-Schaumstoffschalen in Südwesteuropa ("SWE"). Dieses Kartell bezog sich auf Portugal und Spanien und bestand von März 2000 bis Februar 2008.

>> Den Markt für Polystyrol-Schaumstoffschalen in Frankreich. Dieses Kartell bestand von September 2004 bis November 2005.

>> Den Markt für Polystyrol-Schaumstoffschalen in Italien. Dieses Kartell bestand von Juni 2002 bis Dezember 2007.

Die Unternehmen, gegen die die Kommission Geldbußen verhängt hat, gehörten mindestens einem dieser Kartelle an.

Die zehn Unternehmen konzentrierten sich ab den frühen 2000er-Jahren für Zeiträume von etwas über einem Jahr bis zu fast acht Jahren und mit gewissen Unterschieden zwischen den einzelnen Kartellen auf die Abstimmung von Preisen, die Aufteilung von Kunden und Märkten, Submissionsabsprachen und den Austausch wirtschaftlich sensibler Informationen.

Die multilateralen und bilateralen Kontakte im Rahmen dieser Kartelle fanden in der Regel am Rande legitimer Branchenveranstaltungen statt. Neben diesen persönlichen Treffen wurden auch zahlreiche E-Mails ausgetauscht und Telefonate geführt. Die Mitglieder einiger dieser Kartelle bezeichneten die ihre rechtswidrigen Kontakte als "Club".

Die Geldbußen wurden nach den Geldbußenleitlinien der Kommission von 2006 festgesetzt. Bei der Festsetzung der Geldbußen trug die Kommission u. a. dem Umsatz der beteiligten Unternehmen mit den betreffenden Produkten im EWR, der Schwere des Verstoßes, der geografischen Reichweite des Kartells sowie seiner Dauer Rechnung. Die Geldbußen haben eine angemessene Abschreckungswirkung, ohne dass sie unverhältnismäßig hoch wären.

Nach der Kronzeugenregelung der Kommission von 2006 wurden auch Ermäßigungen gewährt.

Linpac wurde die Geldbuße vollständig erlassen, da es das erste Unternehmen war, das die Kommission von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte. Andernfalls wäre das Unternehmen mit einer Geldbuße von 145.065.000 Euro belegt worden. Andere Unternehmen erhielten Geldbußenermäßigungen, weil sie nach der Kronzeugenregelung bei der Untersuchung mit der Kommission kooperiert hatten.

Bei Magic Pack (Kartell in Italien) und Silver Plastics (Kartell in Frankreich) berücksichtigte die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen, dass die beiden Unternehmen nur in geringerem Umfang an dem jeweiligen Kartell beteiligt gewesen waren.

Zahlungsunfähigkeit
Drei der Unternehmen machten Zahlungsunfähigkeit nach Ziffer 35 der Geldbußenleitlinien von 2006 geltend. Ihre Anträge wurden anhand der jüngsten Unternehmensbilanzen, der Prognosen für das laufende und die kommenden Jahre, anhand von Kennziffern für die Finanzkraft, Rentabilität, Zahlungsfähigkeit und Liquidität sowie unter Berücksichtigung der finanziellen Beziehungen zu externen Finanzpartnern und Anteilseignern geprüft. Auf dieser Grundlage gewährte die Kommission zwei Unternehmen eine Geldbußenermäßigung und lehnte einen Antrag ab. (Europäische Kommission: ra)


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