Von 1989 bis 2006 WTO-widrige Subventionen
WTO-Fall Boeing: EU beantragt Einführung von Gegenmaßnahmen gegen USA
Die beantragten Gegenmaßnahmen würden sich auf bis zu 12 Mrd. US-Dollar jährlich belaufen
(19.10.12) - Die Europäische Union hat beim Streitbeilegungsgremium der Welthandelsorganisation (WTO) um Erlaubnis ersucht, im "Fall Boeing" Gegenmaßnahmen gegenüber den USA einzuführen. Nach Einschätzung der EU sind die USA nämlich ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, ihre unrechtmäßigen Subventionen im Luftfahrtsektor zu beseitigen. Dies hätten sie nach den WTO-Entscheidungen, in denen die US-Subventionen an Boeing eindeutig verurteilt worden waren, aber tun müssen.
Ausgehend von den Schäden, die der EU aufgrund des unlauteren und verzerrten Wettbewerbs durch den betreffenden US-Wirtschaftszweig schätzungsweise entstehen, würden sich die beantragten Gegenmaßnahmen auf bis zu 12 Mrd. US-Dollar jährlich belaufen. Der Antrag der EU stützt sich auf Artikel 22.2 der WTO-Streitbeilegungsvereinbarung.
Hintergrund
Im März 2012 wies das WTO-Berufungsgremium die Berufung der USA zurück und stellte fest, dass die US-Regierung und die US-Bundesstaaten dem Unternehmen Boeing von 1989 bis 2006 WTO-widrige Subventionen in Höhe von 5 bis 6 Mrd. US-Dollar gewährt haben. Die Subventionen, die Boeing in den Folgejahren erhalten hat und noch erhalten soll, wurden auf mindestens 3,1 Mrd. US-Dollar geschätzt. Das Berufungsgremium gab der EU sogar in mehr Punkten recht als das WTO-Panel in seiner vorangegangenen Entscheidung; das Gremium stellte nämlich insbesondere fest, dass auch die von der Stadt Wichita (Kansas) gewährten Subventionen den WTO-Regeln zuwiderlaufen.
Das Berufungsgremium im Fall DS 353 (Maßnahmen, die den Handel mit zivilen Großraumflugzeugen betreffen – Boeing) bestätigte einige der wichtigsten Feststellungen des Panelberichts, wonach bestimmte Subventionen für Boeing den Interessen von EU und Airbus geschadet hätten, und zwar insbesondere
>> die Mittel für Forschung und Entwicklung (2,6 Mrd. US-Dollar), die die NASA Boeing zur Verfügung gestellt hat,
>> die Mittel für Forschung und Entwicklung (bis zu 1,2 Mrd. US-Dollar), die das US-Verteidigungsministerium Boeing zur Verfügung gestellt hat,
>> Ausfuhrsubventionen im Rahmen der "Foreign Sales Corporation”-Regelung (2,2 Mrd. US-Dollar),
>> Steuervergünstigungen des Bundesstaates Washington in Höhe von nahezu 3,1 Mrd. US-Dollar für den Zeitraum 2006-2024.
Zudem ging das Berufungsgremium noch über die den USA im Panelbericht zur Last gelegten Punkte hinaus und stellte fest, dass auch die von der Stadt Wichita (Kansas) gewährten Subventionen in Höhe von 476 Mio. US-Dollar nachteilige Auswirkungen haben.
Am 23. März 2012 nahm das WTO-Streitbeilegungsgremium den Bericht des Berufungsgremiums an und gab den USA gemäß den WTO-Vorschriften, insbesondere dem Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen, sechs Monate Zeit, um diese unrechtmäßigen Subventionen zurückzunehmen oder deren nachteiligen Auswirkungen abzuhelfen.
Welche Art von Sanktionen wird die EU vorschlagen?
Die Gegenmaßnahmen der EU würden aus einer oder mehreren der folgenden Maßnahmen bestehen:
Aussetzung von Zollzugeständnissen im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 in Bezug auf eine Liste von US-Erzeugnissen, die zu gegebener Zeit festzulegen ist,
>> Aussetzung von Zugeständnissen und sonstigen Pflichten aus dem WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen,
>> Aussetzung horizontaler oder sektorspezifischer Verpflichtungen aus dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen.
Wird die EU diese Sanktionen sofort verhängen?
Nein. Im Januar 2012 hat die EU mit den USA eine Vereinbarung zum Verfahrensablauf geschlossen, um die Beilegung des Rechtsstreits zu erleichtern. Die EU verpflichtete sich, keine Sanktionen ohne vorherige Genehmigung der WTO anzuwenden. Das nun anlaufende Verfahren zur Überwachung der Umsetzung der WTO-Entscheidung zielt genau auf diese Genehmigung ab und dauert wahrscheinlich 1-2 Jahre.
Die nächsten Schritte
Am 25. September 2012 protestierte die EU offiziell gegen die Nichtumsetzung seitens der USA und beantragte Konsultationen mit den USA. Wenn bei diesen Konsultationen keine Einigung erzielt wird, kann die EU ein Panel einsetzen lassen, das prüft, ob die USA im "Fall Boeing" ihren Verpflichtungen nachgekommen sind. Der Antrag nach Artikel 22.2 der WTO-Streitbeilegungsvereinbarung kann einem Schiedsverfahren zugeführt werden. Dieses Schiedsverfahren würde jedoch ausgesetzt, bis die WTO über die Umsetzung seitens der USA im "Fall Boeing" entschieden hat. (Europäische Kommission: ra)
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