Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Finanztransaktionssteuer wäre gerecht


Finanztransaktionssteuer ermöglicht Senkung der BNE-Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt um 50 Prozent
Der Finanzsektor zahlt einerseits keine MwSt, wurde andererseits aber massiv aus vom Steuerzahler aufgebrachten Mitteln unterstützt

(12.04.12) - Wird die Finanztransaktionssteuer (FTS) als neue Eigenmittelquelle der Europäischen Union eingeführt, hätte dies eine erhebliche Senkung der Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt zur Folge. Die Europäische Kommission hat Berechnungen vorgelegt, nach denen die Beiträge der Mitgliedstaaten dadurch im Jahr 2020 um schätzungsweise 54 Mrd. EUR reduziert würden.

Die Kommission schlägt vor, zwei Drittel der Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer dem EU-Haushalt zuzuweisen und die Beiträge der Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Bruttonationaleinkommens (BNE) um den entsprechenden Betrag zu senken. Ein Drittel des FTS-Aufkommens soll bei den Mitgliedstaaten verbleiben. Jeder im Wege der FTS erhobene Euro würde also den Mitgliedstaaten zugutekommen – entweder direkt als Einnahme oder durch eine Reduzierung ihrer Beiträge zum EU-Haushalt.

"Der Finanzsektor zahlt einerseits keine MwSt, wurde andererseits aber massiv aus vom Steuerzahler aufgebrachten Mitteln unterstützt", erklärte Janusz Lewandowski, für Finanzplanung und Haushalt zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission. "Es wäre daher nur gerecht, wenn alle Finanzinstitute für ihre Transaktionen mit einer geringen Steuer von 0,01 % belastet würden. Außerdem können sich die unter knappen Mitteln leidenden Regierungen in der gesamten EU über die zu erwartenden hohen Steuereinnahmen eigentlich nur freuen."

Werden die Vorschläge der Kommission angenommen, könnten die auf dem jeweiligen BNE beruhenden direkten Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt im Jahr 2020 wie folgt reduziert werden.

Berechnungsgrundlagen
Anhand der Daten für das Jahr 2010 rechnet die Europäische Kommission mit Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer in Höhe von 57 Mrd. EUR. Unter der Annahme, dass das Volumen der steuerbaren Transaktionen in gleichem Maße wächst wie das BNE der EU, ergeben sich daraus im Jahr 2020 Einnahmen von 81 Mrd. EUR. Die Europäische Kommission schlägt vor, zwei Drittel dieses Betrags, d.h. 54,2 Mrd. EUR für die Finanzierung der EU-Ausgaben zu verwenden. Da sich die BNE-Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt nach Berechnungen der Kommission im Jahr 2020 ohne die FTS auf 110 Mrd. EUR belaufen würden, könnten die Mitgliedstaaten mit der FTS 50 % ihres BNE-Beitrags zum EU-Haushalt einsparen. Die vorstehende Tabelle zeigt, um wie viel der BNE-Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten im Jahr 2020 sinken würde.

Vorgeschichte
Am 29. Juni 2011 sprach sich die Kommission bei der Vorlage der Vorschläge für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 dafür aus, das System zur Finanzierung des mehrjährigen EU-Haushalts transparenter und gerechter zu gestalten und die Beiträge der Mitgliedstaaten zu senken. Sie regte dabei eine neue Eigenmittelquelle in Form der Finanztransaktionssteuer an.

Am 28. September 2011 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über eine Finanztransaktionssteuer vor, die darauf abzielte, auf alle von Finanzinstituten untereinander getätigten Transaktionen eine Finanztransaktionssteuer zu erheben, wenn mindestens eines der beteiligten Institute seinen Sitz in der EU hat. Der Handel mit Anteilen und Anleihen würde mit einem Steuersatz von 0,1 Prozent und Derivatkontrakte würden mit einem Steuersatz von 0,01 Prozent besteuert werden. Nach dem Vorschlag der Kommission sollte die Steuer vom 1. Januar 2014 an erhoben werden.

Am 9. November 2011 unterbreitete die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über die Nutzung der Finanztransaktionssteuer als Eigenmittelquelle für künftige EU-Haushalte sowie weitere Vorschläge zur Klärung der möglichen Wechselwirkungen zwischen der Richtlinie über die Finanztransaktionssteuer und den Vorschriften über die Eigenmittel.

Im Anschluss daran berechnete die Kommission die möglichen Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer auf den EU-Haushalt.

Finanztransaktionssteuer
Die Finanztransaktionssteuer könnte einen neuen Ertragsstrom bilden, sodass die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt gesenkt werden könnten, die Regierungen einen größeren Handlungsspielraum erhielten und europaweit ein Beitrag zur allgemeinen Haushaltskonsolidierung geleistet würde. In einigen Mitgliedstaaten werden Finanztransaktionen zwar bereits in gewisser Form besteuert, aber angesichts des Umfangs grenzübergreifender Tätigkeiten und der hohen Mobilität der Bemessungsgrundlagen könnten Maßnahmen auf EU-Ebene wirksamer und effizienter sein als unkoordinierte Maßnahmen der Mitgliedstaaten.

Die Initiative der EU ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einer globalen Finanztransaktionssteuer.

Einnahmen des EU-Haushalts

Die Eigenmittel machen den größten Teil der Einnahmen des EU-Haushalts aus. Derzeit gibt es drei Arten von Eigenmitteln (die Zahlenangaben ergeben sich aus Schätzungen für 2012):

Traditionelle Eigenmittel (15 Prozent der Haushaltseinnahmen, 19,3 Mrd. EUR): Diese älteste Eigenmittelart beruht hauptsächlich auf der Erhebung von Zöllen auf Einfuhren in das Zollgebiet der EU und von Zuckerabgaben. Hierbei behalten die EU-Mitgliedstaaten 25 Prozent an Erhebungskosten ein.

Eigenmittel auf der Grundlage der Mehrwertsteuer (MwSt-Eigenmittel) (11 Prozent der Haushaltseinnahmen, 14.5 Mrd. EUR): Auf die harmonisierte MwSt-Bemessungsgrundlage eines jeden Mitgliedstaates wird ein bestimmter, für alle Mitgliedstaaten gleicher Satz angewandt. Die MwSt-Bemessungsgrundlage der einzelnen Mitgliedstaaten wird bei einem Betrag von 50 Prozent des betreffenden BNE gekappt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass weniger wohlhabende Länder einen unverhältnismäßig hohen Beitrag an den EU-Haushalt abführen müssen (in den betreffenden Ländern liegt der Anteil des privaten Verbrauchs und damit auch der MwSt am Nationaleinkommen höher als in wohlhabenderen Ländern).

Eigenmittel auf der Grundlage des Bruttonationaleinkommens (BNE-Eigenmittel) (73 Prozent der Haushaltseinnahmen, 93,7 Mrd. EUR): Auf das BNE eines jeden Mitgliedstaates wird ein bestimmter, für alle Mitgliedstaaten gleicher Satz angewandt. Diese Eigenmittel dienen dem Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben, d.h. der Finanzierung von durch andere Einkommensarten nicht gedeckten Ausgaben.

Sonstige Einnahmen (1 Prozent der Haushaltseinnahmen, 1,6 Mrd. EUR): Hierunter fallen beispielsweise die Steuern auf die Bezüge der EU-Bediensteten, Beiträge von Nicht-EU-Ländern zu bestimmten Programmen, Bußgelder von Unternehmen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht usw.. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Forderungen nach mehr Flexibilität

    Die Europäische Kommission hat offiziell eine Verordnung angenommen, mit der europäischen Landwirtinnen und Landwirten eine teilweise Ausnahme von der Konditionalitätsregelung für brachliegende Flächen gewährt wird. Dem vorangegangen waren der Vorschlag der Kommission vom 31. Januar sowie Gespräche mit den Mitgliedstaaten in Ausschusssitzungen.

  • Verwaltungsaufwand für Landwirte begrenzen

    Die Europäische Kommission hat dem belgischen Ratsvorsitz ein Papier übermittelt, in dem erste mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Schultern der Landwirte dargelegt werden. Das Dokument enthält eine Reihe kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, die zur Vereinfachung ergriffen werden können

  • Wegweisendes Regelwerk der EU

    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

  • Untersuchung betrifft mutmaßliche Mängel

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob TikTok in den Bereichen Jugendschutz, Transparenz der Werbung, Datenzugang für Forschende sowie Risikomanagement in Bezug auf suchterzeugendes Design und schädliche Inhalte möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat.

  • Influencer-Posts in sozialen Medien

    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 22 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Influencer-Posts in den sozialen Medien veröffentlicht. Demnach veröffentlichen fast alle Influencerinnen und Influencer (97 Prozent) kommerzielle Inhalte, aber nur jeder fünfte gibt systematisch an, dass es sich bei diesem Content um Werbung handelt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen