Grundrechte der EU-Bürger
Arbeitnehmerfreizügigkeit: Europäische Kommission fordert Belgien auf, diskriminierende Einstellungsbedingungen für lokalen öffentlichen Dienst zu beseitigen
Zertifikate als Nachweis für Sprachkenntnisse: Diskriminierung aufgrund der Nationalität
(30.05.11) - Nach belgischem Recht müssen Bewerber, die im lokalen öffentlichen Dienst der niederländisch-, französisch- oder deutschsprachigen Region arbeiten möchten, ihre Sprachkenntnisse mit einem in Belgien ausgestellten Zertifikat nachweisen. Dies gilt, wenn sie das Bildungssystem nicht in der Sprache der jeweiligen Region durchlaufen haben. Ein österreichischer Staatsangehöriger hat dagegen Beschwerde eingereicht. Die Europäische Kommission betrachtet diese Rechtsvorschrift als diskriminierend und unverhältnismäßig sowie als Verletzung der EU-Rechtsvorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer.
Daher hat sie Belgien aufgefordert, diese diskriminierenden Einstellungsbedingungen aufzuheben und die Regeln in Einklang mit dem Vertrag und den EU-Rechtsvorschriften zu bringen. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gehört zu den Grundrechten der EU-Bürger. Für die Mitgliedstaaten ist dies außerdem eine wichtige Möglichkeit, Qualifikationslücken und -defizite auszugleichen. Die Aufforderung erging im Rahmen des EU-Vertragsverletzungsverfahrens in Form einer sogenannten "mit Gründen versehenen Stellungnahme". Belgien hat nun zwei Monate Zeit, die Kommission über die Maßnahmen zu informieren, die es ergriffen hat, um sein Recht mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen. Andernfalls kann die Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen Belgien einreichen.
Das belgische Gesetz über die Verwendung der Sprachen in der Verwaltung ("loi sur l'emploi des langues en matière administrative") sieht vor, dass Bewerber, die im lokalen öffentlichen Dienst in der niederländisch-, französisch- oder deutschsprachigen Region arbeiten möchten und die ihre Ausbildung nicht in der jeweiligen Sprache absolviert haben, die Kenntnisse der Sprache der jeweiligen Region durch ein Zertifikat nachweisen müssen; dieses wird nach Prüfungen erteilt, die von Selor, der staatlichen Personalauswahlstelle Belgiens organisiert werden. Andere Zertifikate sind als Nachweis für Sprachkenntnisse nicht zugelassen.
Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Vorschrift gegen die EU-Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer verstößt, die im Artikel 45 des Vertrags über die Europäische Union und insbesondere in der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer verankert sind. Der Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteil des Gerichtshofes vom 6. Juni 2000, Rechtssache C-281/98) zufolge können bestimmte Sprachkenntnisse für eine Arbeitsstelle verlangt werden; ein Diplom kann ebenfalls zur Bewertung der Sprachkenntnisse herangezogen werden. Jedoch ist die Tatsache, dass es nicht möglich ist, die erforderlichen Sprachkenntnisse auf anderen Wegen nachzuweisen – wie durch gleichwertige Qualifikationen, die in einem anderen Mitgliedstaat erworben wurden – als unverhältnismäßig anzusehen und kommt einer Diskriminierung aufgrund der Nationalität gleich.
Am 22. März 2010 wurde den belgischen Behörden ein diesbezügliches Aufforderungsschreiben übermittelt.
Weitere Informationen
Freizügigkeit -EU-Bürger:
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=457&langId=de
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http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=371&langId=de
(Europäische Kommission: ra)
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