Abfallentsorgungsvertrag ohne Ausschreibung
Öffentliches Auftragswesen: Kommission mahnt Deutschland zur Gewährleistung des fairen Zugangs zu einem Abfallbeseitigungsauftrag in Sachsen-Anhalt
Nach eindeutiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU müssen öffentliche Aufträge (erneut) ausgeschrieben werden, wenn sie gegenüber dem ursprünglichen Auftrag in wesentlicher Weise geändert wurden
(11.10.11) - Die Europäische Kommission hat Deutschland aufgefordert, bei der Vergabe eines Abfallbeseitigungsauftrags in Sachsen-Anhalt die EU-Rechtsvorschriften zur öffentlichen Beschaffung zu beachten. Dadurch würde sichergestellt, dass auch andere Abfallentsorgungsunternehmen sich um diesen Auftrag bewerben können und die deutschen Steuerzahler eine preiswertere Leistung erhalten.
Die Aufforderung der Kommission an Deutschland ergeht in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme; dies ist die zweite Stufe des EU-Vertragsverletzungsverfahrens. Teilt Deutschland nicht innerhalb von zwei Monaten mit, welche Maßnahmen zur Einhaltung der EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen getroffen wurden, so kann die Kommission den Europäischen Gerichtshof mit dieser Angelegenheit befassen.
2002 hat die frühere Verwaltungsgemeinschaft Sangerhausen – die heute mit dem Mansfelder Land dem Landkreis Mansfeld-Südharz angehört – ohne Ausschreibungsverfahren einen Abfallentsorgungsvertrag mit einem öffentlich-privaten Unternehmen geschlossen. 2004 erhielt dasselbe Unternehmen den Zuschlag für einen Auftrag des Mansfelder Lands, diesmal jedoch im Anschluss an ein EU-weites Ausschreibungsverfahren.
2007 wurden Sangerhausen und das Mansfelder Land im Landkreis Mansfeld Südharz vereint und hielten nun 75 Prozent des Unternehmens, das den Abfallentsorgungsauftrag ausführt. Die Aufträge laufen bis 2015 beziehungsweise 2017. Allerdings verkaufte der Landkreis 2009 seine gesamte Beteiligung an dem Unternehmen an ein anderes privatwirtschaftliches Unternehmen.
Nach eindeutiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU müssen öffentliche Aufträge (erneut) ausgeschrieben werden, wenn sie gegenüber dem ursprünglichen Auftrag in wesentlicher Weise geändert wurden. Die Kommission ist der Auffassung, dass angesichts der Beteiligung des neuen Eigentümers am Auftragsmanagement der Eigentümerwechsel des auftragnehmenden Abfallentsorgungsunternehmens eine neue Auftragsvergabe darstellt. Deshalb müsste der Auftrag nach Ansicht der Kommission im Einklang mit den EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen erneut Gegenstand eines offenen und durch Wettbewerb gekennzeichneten Ausschreibungsverfahrens sein.
Wozu dienen die EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen?
Im Rahmen der öffentlichen Beschaffung wenden staatliche Stellen Mittel auf, um Infrastruktur zu errichten und alle Arten von Gütern und Dienstleistungen, von Computersystemen über Kläranlagen und Werftarbeiten bis hin zu Beratungsdiensten, zu erwerben. Der Anteil der öffentlichen Aufträge am BIP der EU wird auf insgesamt etwa 17 Prozent geschätzt. Die im EU-Vergaberecht vorgeschriebenen offenen und transparenten Vergabeverfahren bedeuten mehr Wettbewerb und besseren Schutz vor Korruption sowie bessere Waren und Dienstleistungen und ein günstigeres Preis-Leistungs-Verhältnis für den Steuerzahler.
Werden wesentliche Bedingungen eines öffentlichen Auftrags geändert, ohne anderen Bietern die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Ausschreibung zu geben, so besteht ein ernsthaftes Risiko der Wettbewerbsverzerrung, der Abschreckung potenzieller neuer Bieter sowie der Verschwendung von Steuergeldern.
Öffentliches Auftragswesen:
http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/index_de.htm
(Europäische Kommission: ra)
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