Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Streit um Telekom-Steuern


Digitale Agenda: Europäische Kommission verklagt Frankreich und Spanien wegen der Erhebung von "Telekom-Steuern" vor dem Gerichtshof
Nicht vereinbar mit dem EU-Telekommunikationsrecht: Die Europäische Kommission hatte Frankreich und Spanien im Oktober 2010 zwar aufgefordert, diese "Telekom-Steuern" einzustellen, dies ist jedoch noch nicht geschehen


(17.03.11) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, Frankreich und Spanien vor dem Gerichtshof der EU zu verklagen, da sie nach wie vor besondere Abgaben auf den Umsatz von Telekom-Betreibern erheben und damit EU-Recht verletzen. Sowohl in Frankreich als auch in Spanien wurden diese Abgaben eingeführt, als in beiden Ländern die Bezahlwerbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eingestellt wurde. Die Kommission hält diese in Frankreich und Spanien erhobenen "Telekom-Steuern" für nicht vereinbar mit dem EU-Telekommunikationsrecht, wonach Betreibern nur Abgaben auferlegt werden können, die sich speziell und direkt auf die Deckung der Regulierungskosten im Telekom-Sektor beziehen.

Die Kommission hatte Frankreich und Spanien im Oktober 2010 zwar aufgefordert, diese "Telekom-Steuern" einzustellen, dies ist jedoch noch nicht geschehen. Auch gegen Ungarn hat die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet – ein weiterer Fall derartiger "Telekom-Steuern".

Nach Auffassung der Kommission sind die von Frankreich und Spanien erhobenen Abgaben, die als Ausgleich für die entgangenen Werbeeinnahmen der öffentlich-rechtlichen Fernsehkanäle eingeführt wurden, nicht mit dem EU-Telekommunikationsrecht vereinbar. Nach diesen Vorschriften (insbesondere Artikel 12 der Telekom-Genehmigungsrichtlinie 2002/20/EG) dürfen Telekom-Betreibern nur solche Abgaben auferlegt werden, die der Deckung bestimmter administrativer und mit der Regulierung zusammenhängender Kosten (hauptsächlich für Genehmigungen und Regulierungsaufgaben) dienen und zudem objektiv, transparent und angemessen sind.

Frankreich
In Frankreich müssen Telekom-Betreiber die Abgabe seit März 2009 entrichten, nachdem die französische Regierung beschlossen hatte, keine Werbung mehr auf öffentlich-rechtlichen TV-Kanälen zuzulassen. Diese Abgabe wird zugelassenen Telekom-Betreibern auferlegt, die ihre Dienstleistungen in Frankreich erbringen. Sie entrichten 0,9 Prozent auf alle Abonnement-Einnahmen, die die Schwelle von 5 Mio. Euro übersteigen. Diese neue Abgabe beschert dem französischen Finanzministerium Einnahmen von jährlich schätzungsweise 400 Mio. Euro. Abgabenpflichtige Betreiber haben diese Steuer seit ihrer Einführung in monatlichen Raten gezahlt.

Spanien
Das Gesetz über die Finanzierung der spanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt RTVE, das im September 2009 in Kraft trat, belegt die Bruttoeinnahmen der Telekom-Betreiber mit einer Abgabe von 0,9 Prozent als Ausgleich für die Einnahmen, die dieser Rundfunk- und Fernsehanstalt infolge des Werbeverbots entgehen. Im Oktober 2010 leisteten die Telekom-Betreiber erste Zahlungen an die CMT, die nationale Telekom-Regulierungsbehörde. Die Einnahmen aus der Abgabe für 2010 wurden auf rund 230 Mio. Euro geschätzt.

Hintergrund
Am 20. Juli 2010 befand die Europäische Kommission, dass die neuen Systeme Frankreichs und Spaniens zur Finanzierung ihrer öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten France Télévisions bzw. RTVE mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind. Diese Beschlüsse über staatliche Beihilfen präjudizierten nicht die Vereinbarkeit mit den EU-Telekommunikationsvorschriften, insbesondere mit der Telekom-Genehmigungsrichtlinie (2002/20/CE).

Die EU-Vorschriften im Telekommunikationsbereich, genauer gesagt Artikel 12 der "Genehmigungsrichtlinie" (2002/20/EG), sehen präzise Regeln für Verwaltungsabgaben vor, die Mitgliedstaaten zugelassenen Betreibern von Telekommunikationsdiensten oder Telekommunikationsnetzen auferlegen können. Telekom-Betreibern dürfen nur Abgaben zur Deckung bestimmter administrativer und mit der Regulierung zusammenhängender Kosten auferlegt werden. Diese müssen objektiv, transparent und verhältnismäßig sein und gegebenenfalls angepasst werden. Ferner müssen alle interessierten Parteien in geeigneter Weise zu Änderungen der Abgaben gehört werden.

Die Internetseite zur Digitalen Agenda:
http://ec.europa.eu/information_society/digital-agenda/index_en.htm

Ein Überblick über Vertragsverletzungsverfahren im Telekommunikationsbereich ist abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/implementation_enforcement/infringement/
(Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Durchsetzung des Kartellrechts

    Die Europäische Kommission hat die Evaluierungsergebnisse für die EU-Verordnungen, in denen die Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften festgelegt sind (Verordnungen 1/2003 und 773/2004), in Form einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen veröffentlicht.

  • Halbleiterfertigungsanlage in Dresden

    Die Europäische Kommission hat eine 5 Mrd. EUR schwere deutsche Maßnahme zur Unterstützung der European Semiconductor Manufacturing Company ("ESMC") beim Bau und Betrieb eines Mikrochip-Werks in Dresden nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

  • Einfuhren von Elektrofahrzeugen

    Im Rahmen ihrer laufenden Antisubventionsuntersuchung hat die Europäische Kommission den interessierten Parteien heute den Entwurf ihrer Entscheidung zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren batteriebetriebener Elektrofahrzeuge aus China offengelegt.

  • Transparenz der Werbung

    Die EU-Kommission hat X von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass es in Bereichen im Zusammenhang mit "Dark Patterns", Transparenz der Werbung sowie Datenzugang für Forschende gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstößt.

  • Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Delivery Hero und Glovo durch Beteiligung an einem Kartell im Bereich der Online-Bestellung und -Lieferung von Mahlzeiten, Lebensmitteln und sonstigen Verbrauchergütern im Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben. Delivery Hero und Glovo zählen zu den größten Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa. Delivery Hero hielt ab Juli 2018 eine Minderheitsbeteiligung an Glovo, bis es im Juli 2022 die alleinige Kontrolle über das Unternehmen erwarb.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen