EU-Recht zur Niederlassungsfreiheit
Steuern: Kommission fordert Vereinigtes Königreich auf, die Behandlung beherrschter ausländischer Gesellschaften weiter zu ändern
Die Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme", dem zweiten Schritt eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens
(27.05.11) - Die Europäische Kommission hat das Vereinigte Königreich förmlich aufgefordert, seine Rechtsvorschriften zu ändern, um den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zur steuerlichen Behandlung beherrschter ausländischer Gesellschaften besser Rechnung zu tragen. Trotz des EuGH-Urteils aus dem Jahr 2006 in der Rechtssache Cadbury Schweppes missachtet das Vereinigte Königreich nach wie vor das EU-Recht zur Niederlassungsfreiheit und zum freien Kapitalverkehr. So werden die Gewinne von Tochtergesellschaften, die in der EU oder in Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ansässig sind, im Vereinigten Königreich weiterhin besteuert.
Nach dem EU-Recht sollten die Gewinne beherrschter ausländischer Gesellschaften, die Tochtergesellschaften von in Mitgliedstaaten der EU oder in EWR-Ländern ansässigen Gesellschaften sind, im Land der Muttergesellschaft keiner zusätzlichen Besteuerung unterliegen, wenn die Tochtergesellschaften einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen.
Ungeachtet der Abhilfemaßnahmen des Vereinigten Königreichs kommt das Land nach Ansicht der Kommission seinen Pflichten gemäß den Artikeln 49 und 63 (Niederlassungsfreiheit und freier Kapitalverkehr) des Vertrags über die Arbeitsweise der EU und den Artikeln 31 und 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum immer noch nicht nach. Die Bestimmungen des Vereinigten Königreichs können in einigen Fällen die zusätzliche Besteuerung der Gewinne von Tochtergesellschaften zur Folge haben, die in anderen EU-Ländern oder in EWR-Ländern einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen.
Die Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme", dem zweiten Schritt eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens.
Sollte die Kommission innerhalb von zwei Monaten keine zufriedenstellende Antwort erhalten, kann sie das Vereinigte Königreich vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verklagen.
Nach Ansicht der Kommission sind die Maßnahmen des VK keine ausreichende Antwort auf die Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen C-196/04 Cadbury Schweppes und C-201/05 Test Claimants in the CFC and Dividend GLO.
Die diskriminierende Einschränkung der zur Verhinderung von Missbrauch bestehenden Regelung für beherrschte ausländische Gesellschaften wird nach Auffassung der Kommission durch die Legislativmaßnahmen, die das VK nach den vorgenannten Entscheidungen ergriffen hat, nicht beseitigt. Durch die neuen Bestimmungen können Steuerpflichtige des VK die Steuerbemessungsgrundlage einer im VK gehaltenen beherrschten ausländischen Gesellschaft unter bestimmten Einschränkungen verringern. Es wurde aber versäumt, von der Regelung für beherrschte ausländische Gesellschaften alle in EU- oder EWR-Staaten ansässigen Tochtergesellschaften auszuschließen, die nicht rein künstliche Gestaltungen sind und die keine Gewinne verlagern.
Die Kommission übermittelte dem VK am 22. März 2010 ein förmliches Aufforderungsschreiben.
Das Vereinigte Königreich antwortete der Kommission am 15. Juli 2010. Die Antwort wurde von der Kommission nicht als zufriedenstellend erachtet.
Für die neuesten allgemeinen Informationen über Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten siehe:
http://ec.europa.eu/eu_law/infringements/infringements_de.htm
(Europäische Kommission: ra)
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>