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Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht?


Kartellrecht: EU-Kommission richtet Mitteilung der Beschwerdepunkte an O2 CZ, CETIN und T-Mobile CZ wegen Vereinbarung zur gemeinsamen Nutzung von Mobilfunknetzen
O2 CZ und T-Mobile CZ sind große Anbieter auf dem tschechischen Endkundenmarkt für Mobilfunkdienstleistungen - Die Mobilfunkinfrastruktur- und Vorleistungssparte von O2 CZ wurde an CETIN übertragen, ein Unternehmen für Netzinfrastruktur, das demselben Konzern angehört



Die Europäische Kommission hat die tschechischen Mobilfunkbetreiber O2 CZ und T-Mobile CZ sowie den tschechischen Telekommunikationsinfrastruktur-Anbieter CETIN von ihrer vorläufigen Auffassung unterrichtet, dass die Vereinbarung über die gemeinsame Netznutzung den Wettbewerb einschränkt und gegen EU-Wettbewerbsrecht verstößt.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: "Wenn Betreiber Netze gemeinsam nutzen, kommt dies den Verbrauchern in der Regel zugute – in Form eines schnelleren Netzausbaus, von Kosteneinsparungen und einer besseren Versorgung der ländlichen Gebiete. Wenn es allerdings Anzeichen gibt, dass solche Kooperationsvereinbarungen zum Nachteil der Verbraucher ausfallen, dann ist es unsere Aufgabe, sie unter die Lupe zu nehmen und dafür zu sorgen, dass der Wettbewerb erhalten bleibt. Im vorliegenden Fall haben wir Bedenken, dass die Netzvereinbarung der beiden großen Betreiber in der Tschechischen Republik den Wettbewerb in Gebieten mit größerer Bevölkerungsdichte einschränkt."

O2 CZ und T-Mobile CZ sind große Anbieter auf dem tschechischen Endkundenmarkt für Mobilfunkdienstleistungen. Die Mobilfunkinfrastruktur- und Vorleistungssparte von O2 CZ wurde an CETIN übertragen, ein Unternehmen für Netzinfrastruktur, das demselben Konzern angehört.

Die Zusammenarbeit zwischen O2 CZ/CETIN und T-Mobile CZ im Rahmen der gemeinsamen Nutzung des Netzes begann im Jahr 2011 und ist im Laufe der Zeit umfangreicher geworden. Derzeit erstreckt sie sich auf alle Generationen mobiler Technologien (2G, 3G und 4G) und das gesamte Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik außer Prag und Brünn, was einem Bevölkerungsanteil von rund 85 Prozent entspricht).

Die gemeinsame Netznutzung ist eine weitverbreitete Praxis, die den Ausbau elektronischer Kommunikationsnetze wegen der dann geringeren Kosten erleichtern kann. In den meisten Fällen sind mit der gemeinsamen Netznutzung Effizienzgewinne verbunden. Unter bestimmten Umständen können sie sich jedoch auch nachteilig auf den Wettbewerb auswirken.

Die Kommission hat im vorliegenden Fall eine Reihe besonderer Umstände berücksichtigt:
Der tschechische Mobilfunkmarkt ist mit nur drei Mobilfunkbetreibern stark konzentriert.

Die gemeinsamen Nutzer CZ O2/CETIN und T-Mobile CZ sind die beiden größten Betreiber und bedienen rund drei Viertel aller Abonnenten.
Die Kommission ist deshalb zu der vorläufigen Schlussfolgerung gelangt, dass die Netznutzungsvereinbarung zwischen den beiden größten Mobilfunkanbietern in der Tschechischen Republik unter Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht den Wettbewerb einschränkt und somit Innovationskräfte hemmt.
Statt zu mehr Effizienz und Leistungsqualität führt die Vereinbarung über die gemeinsame Netznutzung nach Auffassung der Kommission eher dazu, dass es für die beiden Mobilfunkbetreiber weniger Anreize für die Verbesserung ihrer Netze und ihrer Leistungen zum Nutzen der Verbraucher geben dürfte.
Sollten sich diese Bedenken bestätigen, liefe dies auf einen Verstoß gegen das in Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise begründete Verbot wettbewerbswidriger Vereinbarungen hinaus.

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis des Verfahrens nicht vor.

Hintergrund
Im Oktober 2016 leitete die Kommission eine förmliche Untersuchung ein.
O2 CZ ist ein Tochterunternehmen des PPF-Konzerns und bedient mehr als sechs Millionen Festnetz- und Mobilfunkanschlüsse.
T-Mobile CZ ist eine Tochtergesellschaft des Konzerns Deutsche Telekom und seit 1996 in der Tschechischen Republik tätig.
Der tschechische Mobilfunkmarkt ist stark konzentriert, da sich drei Mobilfunkbetreiber (O2 CZ, T-Mobile CZ und Vodafone) nahezu den gesamten Markt teilen. Ungefähr drei Viertel aller Mobilfunkabonnenten sind Kunden bei O2 CZ/CETIN oder T-Mobile CZ. Vodafone ist ein kleineres Unternehmen, das im Gegensatz zu den Parteien der gemeinsamen Netznutzung kaum im Festnetzsegment präsent ist.

Die Analyse der Kommission steht im Einklang mit den Grundsätzen, die das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) in seiner gemeinsamen Stellungnahme vom 13. Juni 2019 zur gemeinsamen Nutzung von Mobilfunk-Infrastruktur angelegt hat.Sie betrifft aktuelle Technologien und ihre Vorläufer (2G/3G/4G) und stellt keinen Vorgriff auf die künftige Bewertung entstehender Technologien wie 5G dar, die ganz andere Merkmale aufweisen könnten.

Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens verbieten Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können. Wie diese Bestimmungen umzusetzen sind, ist in der EU‑Kartellverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) festgelegt, die auch von den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten angewendet werden kann.
Nach Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der jeweiligen Sache. Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung besagt ferner, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.

Für den Abschluss einer kartellrechtlichen Untersuchung gibt es keine verbindliche Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa von der Komplexität des jeweiligen Falles, der Bereitschaft der betroffenen Unternehmen zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Rechte auf Verteidigung.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 19.08.19
Newsletterlauf: 22.10.19


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