Anwendungsbereich von Inhouse-Vergaben


EuGH bremst ausschreibungsfreie Inhouse-Geschäfte bei öffentlichen Auftraggebern
TU Hamburg-Harburg darf Beteiligungsgesellschaft der Hansestadt nicht direkt beauftragen - Vergaberechtsexperte Holger Schröder: "Hürden für Einkauf innerhalb kommunaler Konzerne bleiben hoch"

(27.05.14) - Die Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH) durfte die Hochschul Informations System GmbH (HIS), an der die Hansestadt, aber nicht die TUHH geringfügig beteiligt ist, nicht ohne europaweite Ausschreibung direkt beauftragen. Die TUHH kann die HIS mangels gesellschaftsrechtlicher Beteiligung nicht kontrollieren. Ob hingegen die ausschreibungsfreie Ausnahme für die Inhouse-Vergabe auch auf sogenannte horizontale Inhouse-Geschäfte angewendet werden kann, also auf Fälle, in denen derselbe öffentliche Auftraggeber eine Kontrolle über zwei verschiedene Unternehmen ausübt, von der eines einen Auftrag an das andere vergibt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem Urteil (Az.: C-15/13) allerdings offen gelassen.

"Die europäischen Richter haben den Anwendungsbereich von Inhouse-Vergaben mit diesem Urteil nicht ausgedehnt. Die öffentlichen Auftraggeber können aber weiter hoffen. Denn der EuGH scheint den ausschreibungsfreien Einkauf zwischen öffentlichen Tochtergesellschaften nicht gänzlich abzulehnen. Die Voraussetzungen hierzu wird die Rechtsprechung aber noch klären müssen", erläutert Rechtsanwalt Holger Schröder, Leiter der Vergaberechtspraxis von Rödl & Partner.

Die Entscheidung des EuGH hat hohe Praxisrelevanz. Inhouse-Geschäfte sind beliebte Beschaffungsinstrumente. Sie sind im Allgemeinen nicht ausschreibungspflichtig, wenn die öffentliche Vergabestelle über den im Wesentlichen für sie tätigen Auftragnehmer eine Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienststelle. Diese Voraussetzungen sind in der Praxis häufig z.B. zwischen einer Stadt und ihrer 100Prozent-igen Tochtergesellschaft erfüllt (sog. vertikale Inhouse-Geschäfte). Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hatte die europäischen Richter nun um Entscheidung ersucht, ob ein Inhouse-Geschäft auch in horizontalen Beschaffungsverhältnissen möglich ist, also dann, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer durch kein direktes Kontrollverhältnis miteinander verbunden sind, aber von demselben Träger kontrolliert werden.

Der EuGH-Entscheidung liegt ein Rechtsstreit zwischen der Fa. Datenlotsen Informationssysteme GmbH (DIS) und der TUHH zugrunde. Die DIS werfen der TUHH vor, einen Auftrag zur Beschaffung eines IT-Hochschul-Managementsystems ohne europaweite Ausschreibung an die HIS vergeben zu haben. Die HIS gehört zu einem Drittel der Bundesrepublik Deutschland und zu zwei Dritteln den 16 Bundesländern, unter ihnen die Freie und Hansestadt Hamburg mit 4,16 Prozent. Der EuGH gab der DIS nun Recht.

Ein vergaberechtsfreies Inhouse-Geschäft ist nach Ansicht des EuGH in horizontalen Beschaffungsverhältnissen zwischen Tochtergesellschaften der Öffentlichen Hand jedenfalls dann nicht vorstellbar, wenn die beauftragende Tochtergesellschaft nicht an der auftragnehmenden Tochtergesellschaft beteiligt ist. Ob es für ein Inhouse-Geschäft ausreichend sein könnte, wenn dieselbe Einrichtung der Öffentlichen Hand über beide Vertragsparteien eine Kontrolle ausüben kann wie über eine eigene Dienststelle, brauchte der EuGH nicht weiter zu entscheiden. Denn die Freie und Hansestadt Hamburg kann die TUHH nur in einem Teilbereich ihrer Tätigkeiten, d.h. der Beschaffung, kontrollieren, nicht aber die universitäre Lehre und Forschung beeinflussen. (Rödl & Partner: ra)

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