Liechtenstein: Rechtssicherheit der Anleger
Fiskalische Interessen wurden über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt: Stellungnahme von Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und des Regierungschef-Stellvertreters Klaus Tschütscher zu den aktuellen Ereignissen
Liechtenstein wehrt sich gegen deutsche Kampagne - Das Vorgehen der deutschen Behörden wäre in Liechtenstein gesetzlich nicht gedeckt - Deutschland werde mit seinem Angriff auf Liechtenstein nicht das Problem mit seinen Steuerzahlern lösen
(26.02.08) - Die Souveränität Liechtensteins gegen die Angriffe und Unterstellungen deutscher Behörden haben am 19.02.08 Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit klaren Worten verteidigt.
"Das Vorgehen der deutschen Behörden wäre in Liechtenstein gesetzlich nicht gedeckt" lautet unisono die Einschätzung des amtierenden Staatsoberhauptes und des Justizministers. Laut Medienberichten hat das deutsche Finanzministerium einem verurteilten Rechtsbrecher Geld für seine aus einer Liechtensteiner Bank gestohlenen Daten zukommen lassen. Justizminister Tschütscher: "Wir lehnen das Vorgehen der deutschen Regierung und ihrer Behörden entschieden ab. Wenn die Medieninformationen stimmen, dann hat der deutsche Finanzminister und eine Reihe von Staatsbediensteten einem verurteilten Rechtsbrecher mehrere Millionen für gestohlene Daten zukommen lassen. Eine derartige Vorgehensweise in Liechtenstein wäre rechtlich völlig undenkbar." Erbprinz Alois: "Bei uns können fiskalische Interessen nicht über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt werden."
Die liechtensteinische Justiz hat deshalb auch ein Ermittlungsverfahren gegen die unbekannte Täterschaft wegen Verletzung eines Betriebsgeheimnisses zugunsten des Auslandes eingeleitet. In der Liechtensteinischen Verfassung wird dem Schutz der Privatsphäre ein besonderer Wert beigemessen. Dazu gehört auch das Bankkundengeheimnis. Das liechtensteinische Verständnis ist von einem grundsätzlichen Vertrauen allen Bürgern gegenüber geprägt.
Klaus Tschütscher: "Als Justizminister habe ich dafür zu sorgen, dass unsere Bürger und auch die Menschen, die mit Unternehmen und Institutionen in unserem Land in einer wirtschaftlichen Verbindung stehen, Rechtssicherheit haben. Zur Rechtssicherheit gehört nach unserer Rechtsordnung auch der Respekt der Privatsphäre. Diese Privatsphäre kann nur bei begründetem Verdacht auf eine kriminelle Handlung aufgehoben werden. Wenn diese Rechtssicherheit, die wesentlicher Grundpfeiler unseres Rechtsstaates ist, durch Dritte gefährdet wird, stellt das die Souveränität unseres Landes und unserer Gesetzgebung in Frage. Meine Aufgabe als Justizminister ist es auch, für die Rechtssicherheit der Anleger und Geschäftspartner zu sorgen."
Gleichzeitig hat Liechtenstein eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um den Finanzplatz an internationale Standards heranzuführen, damit Geldwäsche oder organisierte Kriminalität verhindert werden.
Seit dem Jahr 2000 sind im Zuge der Stärkung und Modernisierung des Finanzplatzes weit reichende Gesetzesvorhaben realisiert worden, die unter anderem zur Schaffung der Financial Intelligence Unit (FIU) im Jahre 2002 und der Finanzmarktaufsicht (FMA) im Jahre 2005 geführt haben.
Weitere zentrale Vorhaben betrafen unter anderem die Totalrevision des Rechtshilfegesetzes (2000), verschiedene Abänderungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (2002 und 2005), das Rechtshilfeabkommen mit den USA (2003), das Anti-Terrorismuspaket (2003), der Abschluss des Zinsbesteuerungsabkommens mit der Europäischen Gemeinschaft (2004), die Totalrevision des Sorgfaltspflichtgesetzes (2004) und des Investmentunternehmensgesetzes (2005), die Schaffung eines Vermögensverwaltungsgesetzes (2005) und eines Marktmissbrauchsgesetzes (2006), verschiedene Abänderungen des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung, des Betäubungsmittelgesetzes und des Rechtshilfegesetzes in Umsetzung der 2. Geldwäscherei-Richtlinie und des Palermo-Übereinkommens (2006), zentrale Änderungen im Bankengesetz in Umsetzung von MiFID und Basel II (2006 und 2007) sowie die Totalrevision des Wertpapierprospektgesetzes (2007) und das Pensionsfondsgesetz.
Dem fügt sich die Einführung der Europäischen Gesellschaft AG als Flaggschiff der europäischen Gesellschaftsformen sowie die Europäische Genossenschaft an.
Liechtensteinische Staatsanwälte und Untersuchungsrichter haben in den vergangenen Jahren in unzähligen Fällen eng und erfolgreich mit ihren deutschen Kollegen zusammengearbeitet. Die Rechtshilfe funktioniert nach Aussage deutscher Staatsanwaltschaften klaglos und vorbildlich. So konnten in zahlreichen wichtigen Fällen Straftäter zur Verantwortung gezogen werden.
Erbprinz Alois: "Liechtenstein will und kann aber nicht ein überreguliertes Kontrollwesen aufbauen. Eine Bespitzelung der Bürger ist in Liechtenstein nicht denkbar, schon gar nicht über die Landesgrenzen hinweg."
Deutschland werde mit seinem Angriff auf Liechtenstein nicht das Problem mit seinen Steuerzahlern lösen. Wie gestern aus den deutschen Medien zu entnehmen war, hat eine internationale Studie das deutsche Steuersystem als das schlechteste weltweit eingestuft - noch nach Haiti. Das Staatsoberhaupt weiter: "Deutschland sollte seine Steuergelder besser dafür einsetzen, sein Steuersystem in den Griff zu bekommen, als Millionenbeträge für Daten auszugeben, deren rechtliche Verwertbarkeit zweifelhaft ist."
Eine andere Studie habe nämlich gezeigt: Je bürgernäher und demokratischer ein Staat organisiert ist, desto weniger Probleme hat er mit seinen Steuerzahlern.
Erbprinz Alois abschließend: Als Staatsoberhaupt des Fürstentums Liechtenstein nehme ich die jüngsten Vorgänge besorgt zur Kenntnis. Wir werden weitere rechtliche Schritte überprüfen, um unsere Bürger und auch die Anleger, die uns vertrauen, vor derartigen Untersuchungsmethoden, die in Liechtenstein gesetzlich nicht gedeckt sind, zu schützen. Wir werden Sie in den nächsten Tagen über die nächsten Schritte informieren." (Fürstentum Liechtenstein: ra)
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