Kartelle im Krankenhauswesen
Fusionskontrolle: Bundeskartellamt untersagt Krankenhausfusion in Worms
Übernahme hätte wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen auf den Markt für Akutkrankenhäuser im Gebiet Worms
(18.09.12) - Das Bundeskartellamt hat dem Klinikum Worms untersagt, das ebenfalls in Worms gelegene Agaplesion Hochstift Krankenhaus zu erwerben. Durch die Fusion hätte das Klinikum Worms auf dem Markt für Akutkrankenhäuser in der Region Worms eine marktbeherrschende Stellung erlangt. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Mit der Fusionskontrolle auf den Krankenhausmärkten wollen wir wettbewerbliche Strukturen zum Wohle des Patienten erhalten. Gerade weil dieser Bereich spezifischer staatlicher Regulierung unterliegt und es nur wenig Preiswettbewerb gibt, ist es wichtig, Auswahlalternativen für die Patienten und damit den Qualitätswettbewerb zwischen den Krankenhäusern zu erhalten."
Das Klinikum Worms (555 Betten) ist das größte Krankenhaus südlich von Mainz im Versorgungsgebiet Rheinhessen-Nahe. Es ist ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung mit neun Planabteilungen, einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und zusätzlichen Spezialzentren. Das Hochstift in Worms (141 Betten) ist ein Krankenhaus der Grundversorgung mit sechs Abteilungen und gehört dem Hessischen Diakonieverein, der von der Agaplesion-Gruppe vor zwei Jahren übernommen wurde, die verschiedene Krankenhäuser vorwiegend in Hessen und in Rheinland-Pfalz betreibt.
Die Übernahme hätte wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen auf den Markt für Akutkrankenhäuser im Gebiet Worms. In diesem Marktraum gibt es neben den beiden Kliniken nur das St. Marienkrankenhaus in Lampertheim, das sich auf Geriatrie und Innere Medizin spezialisiert hat. Durch den Erwerb des benachbarten Hochstifts würde das Klinikum Worms zum mit Abstand stärksten Wettbewerber in der Region. Die Positionen der konkurrierenden Krankenhäuser, auch der großen Universitätsklinken in der weiteren Umgebung, fallen demgegenüber sehr stark ab. Durch die Übernahme wären die Auswahlmöglichkeiten der Patienten in dem Marktgebiet Worms erheblich eingeschränkt worden.
Geprüft wurde auch, ob die Voraussetzungen einer Sanierungsfusion vorliegen. Die operativen Betriebsergebnisse des Hochstifts ließen jedoch derzeit keine Insolvenzgefahr erkennen.Z udem fehlte der konkrete Nachweis, dass kein anderer Erwerber zur Verfügung stand.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, Beschwerde beim OLG Düsseldorf einzulegen.
Die Entscheidung kann in ca. zwei Wochen im Internet unter www.bundeskartellamt.de abgerufen werden.
Hintergrund:
Das Bundeskartellamt hat von 2004 bis heute rund 170 Fusionen im Krankenhaussektor geprüft. Von diesen Fusionen konnte die weit überwiegende Anzahl innerhalb der Vorprüfphase freigegeben werden. Lediglich 17 Fälle mussten in der 2. Phase geprüft werden. Davon hat das Bundeskartellamt innerhalb des o.g. Zeitraumes sechs Fusionen untersagt und fünf Fusionen mit Nebenbestimmungen freigegeben. Ein Vorhaben wurde im Laufe der 2. Phase von den beteiligten Unternehmen aufgegeben.
Im Verhältnis Krankenhaus - Patienten geht das Bundeskartellamt, bestätigt vom Bundesgerichtshof (KVR 26/07 – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt), von einem Markt für akutstationäre Krankenhausdienstleistungen aus, der sämtliche stationären medizinischen Dienstleistungen umfasst, die die Krankenhäuser gegenüber ihren Patienten erbringen. Davon abzugrenzen sind die Märkte für Rehabilitationseinrichtungen sowie für Alten- und Pflegeheime und reine Privatkliniken. In räumlicher Hinsicht sind Krankenhausmärkte aus Sicht der Nachfrager abzugrenzen, d.h. es ist anhand der Patientenströme zu analysieren, welche Krankenhäuser aus Sicht der Patienten tatsächlich als austauschbar angesehen werden. (Bundeskartellamt: ra)
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