Bundeskartellamt untersucht Kraftstoffsektor
Umfassende Untersuchung des Wettbewerbs auf den Märkten für Benzin und Diesel: Verbraucherbeschwerden sowie Eingaben freier Tankstellenbetreiber waren der Anlass
Die sehr transparenten deutschen Tankstellenmärkte sind von einem marktbeherrschenden Oligopol von fünf integrierten Mineralölgesellschaften geprägt
(29.05.08) - Das Bundeskartellamt hat eine Untersuchung des Wettbewerbs auf den Märkten für Benzin und Diesel begonnen. Ziel ist es, zu untersuchen, ob die Kraftstoffmärkte in Deutschland ordnungsgemäß funktionieren. Im Rahmen dieser so genannten Sektoruntersuchung sollen zunächst die generellen Marktbedingungen beleuchtet werden und mögliche Wettbewerbsverzerrungen identifiziert werden. Sollten sich Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ergeben, werden angemessene Maßnahmen ergriffen.
Zahlreiche Verbraucherbeschwerden sowie Eingaben freier Tankstellenbetreiber haben Anlass zu dieser umfassenden Untersuchung gegeben. Während viele Kraftfahrer der Preisbildung bei Benzin und Diesel grundsätzlich misstrauen, werfen speziell freie Tankstellenbetreiber den Farbengesellschaften vor, sie mit Beschaffungspreisen über den Tankstellenabgabepreisen in so genannte Preis-Kosten-Scheren zu nehmen.
Zudem möchte sich das Bundeskartellamt eine aktuelle Marktdatengrundlage verschaffen, nachdem die letzte umfassende und bundesweite Erhebung schon einige Jahre zurückliegt.
Der Sektoruntersuchung vorangegangen war die Zusammenschlussentscheidung in Sachen "Shell/HPV" (vgl. Beschluss vom 7. März 2008, kostenlos abrufbar), wonach die sehr transparenten deutschen Tankstellenmärkte von einem marktbeherrschenden Oligopol von fünf integrierten Mineralölgesellschaften geprägt sind. So entfallen in Deutschland rund 73 Prozent des Kraftstoffabsatzes auf die Unternehmen Shell, BP (Aral), ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil (Esso) und Total.
Erste Schwerpunkte der Untersuchung sind daher die Großhandelsmärkte und die Preisbildung im Kraftstoffsektor. Weitere Gegenstände der Untersuchung sind die wettbewerblichen Auswirkungen von Tankkarten-Systemen und von Markenpartner-Verträgen. Als Markenpartner ("branded resellers") betreiben an sich unabhängige Kraftstoffhändler Tankstellen für Markengesellschaften.
Grundlage der Untersuchung ist § 32 e des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Danach kann das Bundeskartellamt die Untersuchung eines bestimmten Wirtschaftszweiges durchführen, sofern Umstände darauf hindeuten, dass der Wettbewerb in diesem Sektor in Deutschland eingeschränkt ist. Sektoruntersuchungen richten sich dabei nicht gegen einzelne Unternehmen.
Zur Durchführung der Untersuchung kann die Wettbewerbsbehörde bei Unternehmen und Verbänden Informationen, Unterlagen und Erklärungen einholen. Dabei strebt das Bundeskartellamt einen offenen Dialog mit allen Beteiligten an und wird Fachkreise sowie die allgemeine Öffentlichkeit über die Fortschritte der Untersuchung auf dem Laufenden halten. Ein erster Zwischenbericht soll bis Ende des Jahres veröffentlicht werden. (Bundeskartellamt: ra)
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