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Kartellrecht & Kartellverfolgung


Bundeskartellamt mit Jahresrückblick 2023: Summe der verhängten Bußgelder geringer als in den Vorjahren
Die Durchsetzung des Kartellverbots erfolgt nicht ausschließlich über Bußgelder



Das Bundeskartellamt veröffentlichte seinen Jahresrückblick 2023. Darunter fallen die Verfahren gegen Amazon, Apple, Google, Meta / Facebook und Microsoft, verhängte rund 2,8 Mio. Euro Bußgelder wegen verbotener Kartellabsprachen, die Verarbeitung von rund 100 Nachprüfungsanträge in Vergabesachen und die Prüfung von rund 800 Zusammenschlüssen von Unternehmen. Rund 5.500 Einträge und 245.000 Abfragen im Wettbewerbsregister wurden registriert.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, stellte fest: "Die Anwendung des Kartellrechts bewegt sich am Puls der Zeit. Wir befassen uns mit vielen Kooperationen in der Wirtschaft sowohl krisenbedingt als auch beim Thema Nachhaltigkeit. Das Thema Energie beschäftigt uns stark: Missbrauchsaufsicht bei den Preisbremsen, Kooperationen bei LNG-Terminals und zum Aufbau einer Netzinfrastruktur für Wasserstoff, Untersuchungen zu Kraftstoffen, E-Ladesäulen und der Betrieb unserer Markttransparenzstellen. Außerdem haben wir kürzlich mehrere Missbrauchsverfahren zu Preissteigerungen bei der Fernwärme eingeleitet."

Kartellverfolgung
Das Bundeskartellamt hat 2023 rund 2,8 Mio. Euro Bußgelder gegen insgesamt acht Unternehmen und fünf natürliche Personen verhängt. Betroffen waren Industriebauleistungen. Rund 77,4 Mio. Euro Bußgelder inklusive Zinsen wurden aus vergangenen Verfahren vereinnahmt. 14 Unternehmen haben dem Bundeskartellamt über Kronzeugenanträge neue Informationen über Verstöße in ihrer Branche mitgeteilt. Daneben erreichten das Amt viele weitere Hinweise aus anderen Quellen.

Andreas Mundt: "Die Summe der verhängten Bußgelder ist geringer als in den Vorjahren. Wir merken noch die Nachwirkungen der Pandemie, die die Kartellverfolgung deutlich erschwert hatte. Aber die "Corona-Delle" ist endgültig überwunden. Uns haben eine beachtliche Zahl an neuen Hinweisen von Kronzeugen und sonstigen Informanten erreicht und wir haben in diesem Jahr zwölf Durchsuchungen durchgeführt. Mehrere große Fälle laufen und werden bald abgeschlossen sein. Die Kartellverfolgung bleibt effektiv, weil wir unsere Ermittlungstechniken, darunter moderne Screening-Techniken, immer weiter verfeinern. Viele wertvolle Hinweise erhalten wir auch über die bei uns seit Mitte des Jahres eingerichtete externe Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz. Mit Hilfe dieses Instruments ist der Hinweisgeber vor Offenlegung und Repressalien geschützt."

Die Durchsetzung des Kartellverbots erfolgt nicht ausschließlich über Bußgelder. Im Jahr 2023 wurde ein Verwaltungsverfahren gegen die Arbeitsgemeinschaft von Hilfsmittelverbänden (ARGE) abgeschlossen. Im Ergebnis wurde die wettbewerbswidrige Koordinierung von Preisen bei der Hilfsmittelversorgung durch die ARGE beendet (s. Pressemitteilung vom 6. November 2023).

Digitalwirtschaft
Andreas Mundt: "Die Digitalwirtschaft ist und bleibt ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Mit der erweiterten Missbrauchsaufsicht haben wir bereits konkrete Verbesserungen geschaffen, etwa bessere Kontrollmöglichkeiten für Verbraucherinnen und Verbraucher über ihre Daten bei Google-Diensten oder bei Nutzung von Metas VR-Brillen. Viele weitere Verfahren gegen die großen Digitalkonzerne laufen und sind zum Teil weit fortgeschritten."

In Europa unterfallen bestimmte große Internetplattformen seit diesem Jahr der Regulierung des Digital Markets Acts (DMA). Daneben bleibt das Wettbewerbsrecht anwendbar. Das Bundeskartellamt wird weiterhin eng mit der EU-Kommission kooperieren.

Nach den Regeln der klassischen Missbrauchsaufsicht wurde 2023 ein Verfahren gegen PayPal wegen möglicher Behinderung von Wettbewerbern und Beschränkung des Preiswettbewerbs eingeleitet (s. Pressemitteilung vom 23. Januar 2023). Zudem hat das Bundeskartellamt im Jahr 2023 eine Sektoruntersuchung zur nicht-suchgebundenen Online-Werbung (s. Pressemitteilung vom 31. Mai 2023) und eine verbraucherrechtliche Sektoruntersuchung zu Messenger- und Video-Diensten (s. Pressemitteilung vom 17. Mai 2023) abgeschlossen.

2023 ist ein richtungsweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Facebook-Fall des Bundeskartellamtes aus 2019 ergangen. Der EuGH hat klargestellt, dass Datenschutzregeln auch von Wettbewerbsbehörden im Rahmen von Missbrauchsverfahren geprüft werden können (s. Pressemitteilung vom 4. Juli 2023).

Missbrauchsverfahren u.a. bei Bahn, Post und Rüstung
Bei der allgemeinen Missbrauchsaufsicht standen im vergangenen Jahr die staatsnahen Bereiche Bahn und Post sowie die Rüstung im Fokus. Im Juni 2023 hat das Bundeskartellamt der Deutsche Bahn aufgegeben, Mobilitätsplattformen Verkehrsdaten zur Verfügung zu stellen sowie weitere wettbewerbsbehindernde Verhaltensweisen zu ändern (s. Pressemitteilung vom 28. Juni 2023). Die Bahn hat dagegen Rechtsmittel zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben. Im Rahmen eines Missbrauchsverfahrens gegen Rheinmetall hat das Amt den Wettbewerb bei der Wartung des Radpanzers "GTK Boxer" gesichert (s. Pressemitteilung vom 13. März2023). Im Bereich der Briefkonsolidierung wurde ein Verfahren gegen die Deutsche Post InHaus Services, Postcon und Compador wegen möglicher wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen eingeleitet (s. Pressemitteilung vom 20. Juli2023).

Missbrauchsaufsicht über die Energiepreisbremsen
Im Rahmen der Missbrauchsaufsicht bei den Energiepreisbremsen hat das Bundeskartellamt bislang Prüfverfahren gegen insgesamt 57 Versorger aus den drei Energiebereichen Gas (23 Verfahren), Wärme (17 Verfahren) und Strom (17 Verfahren) eingeleitet. Gemessen an allen im bisherigen Prüfzeitraum beantragten Entlastungsbeträgen sind das bei Gas und Wärme gut 15 Prozent und bei Strom in Bezug auf private Verbraucherinnen und Verbraucher und kleine Unternehmen ca. 20 Prozent (s. Pressemitteilung vom 13. Dezember 2023).

Fusionskontrolle
Das Bundeskartellamt hat 2023 knapp 800 Fusionen geprüft. Sieben Zusammenschlüsse wurden in der sogenannten zweiten Phase vertieft geprüft. Die Übernahme von Teilen des Molkereigeschäfts von Royal Friesland Campina (insb. die Marken "Landliebe" und "Tuffi") durch die Unternehmensgruppe Theo Müller wurde nur nach Zusagen der Beteiligten freigegeben. Auch einer Übernahme in der Entsorgungsbranche (Veolia/Friedrich Hofmann) wurde nur unter Bedingungen zugestimmt. Vier der vertieft geprüften Vorhaben wurden freigegeben. Ein Vorhaben läuft noch.

Wettbewerbsregister
In 2023 wurden rd. 5.500 Wirtschaftsdelikte in das Wettbewerbsregister eingetragen. Im Schnitt erfolgen 1.000 Abfragen pro Tag von öffentlichen Auftraggebern, die in Vergabeverfahren über ein Web-Portal prüfen, ob ein Unternehmen wegen begangener Wirtschaftsdelikte von einem öffentlichen Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann (seit Start des vollen Wirkbetriebs im Juni 2022 sind 390.000 Abfragen erfolgt). 27 Anträge auf vorzeitige Löschung wegen Selbstreinigung sind eingegangen (davon 16 Stattgaben, vier Rücknahmen, sieben Anträge befinden sich noch im Verfahren).

Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Am 7. November 2023 ist die 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft getreten. Ein zentraler Bestandteil der Novelle ist die Erweiterung der Befugnisse des Bundeskartellamtes um Abhilfemaßnahmen im Anschluss an eine Sektoruntersuchung.

Darüber hinaus hat das Amt auch neue Ermittlungsbefugnisse zur Untersuchung möglicher Verstöße gegen den EU-Digital Markets Act erhalten. Zudem senkt die Novelle die Voraussetzungen für die Abschöpfung eines wirtschaftlichen Vorteils, der durch einen Kartellrechtsverstoß entstanden ist (sog. Vorteilsabschöpfung). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat die 12. Novelle des GWB angekündigt. Die Novelle soll das Bundeskartellamt bei der Durchsetzung des Verbraucherschutzes stärken. (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 08.01.24
Newsletterlauf: 02.04.24


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Meldungen: Bundesnetzagentur

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Anreizregulierung ohne negativen Effekt

    Am 23. Oktober 2014 fand in Bonn der vierte Workshop zur Evaluierung der Anreizregulierung statt. Auf Basis der Erkenntnisse aus dem Evaluierungsprozess zeichnen sich die zentralen Bausteine eines zukünftigen Regulierungssystems ab. Vier Anpassungsoptionen wurden durch die Bundesnetzagentur vorgestellt und mit der Branche diskutiert.

  • Androhung von Zwangsgeld

    Die Bundesnetzagentur hat einen Telekommunikationsdiensteanbieter unter Androhung von Zwangsgeld dazu verpflichtet, künftig seinen gesetzlichen Pflichten bei der Bekämpfung von Fax-Spam nachzukommen: Er muss nach einer Umsetzungsfrist betroffene Kunden anlässlich der Einrichtung von Rufnummern schriftlich darüber informieren, dass Faxwerbung ohne Einwilligung des Empfängers verboten ist. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Netzbetreiber trotz internetbasierter Rufnummernvergabe zumindest einmal mit seinen Kunden in Schriftform Kontakt aufnimmt und diese zu rechtmäßiger Rufnummernnutzung anhält.

  • Rechnungen in Höhe von 90 Euro erhalten

    Die Bundesnetzagentur geht umfassend gegen SMS-Fallen vor. Sie hat die Abschaltung von weiteren 60 Rufnummern angeordnet, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsmodell der Telecom Billing Ltd., Sofia/ Bulgarien, rechtswidrig genutzt wurden. Aus diesem Anlass rät die Bundesnetzagentur Verbrauchern zu einem überlegten Umgang mit SMS-Nachrichten von nicht bekannten Absendern.

  • Unzumutbare Belästigung von Verbrauchern

    Die Bundesnetzagentur hat zum Schutz der Verbraucher vor massenhaften, belästigenden Telefonanrufen die Abschaltung von neun Rufnummern eines Callcenters angeordnet. Mehr als 300 Verbraucher hatten sich bei der Bundesnetzagentur über derartige Anrufe beklagt. Das Callcenter hat mit den als belästigend einzustufenden Anrufversuchen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen. "Mit der Abschaltung der Rufnummern setzen wir ein klares Zeichen. Eine unzumutbare Belästigung von Verbrauchern durch unerwünschte Telefonanrufe werden wir nicht akzeptieren", betonte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

  • Nach wie vor beträchtliche Marktmacht

    Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, die Telekom Deutschland GmbH (Telekom) auch zukünftig zu verpflichten, Call-by-Call und Preselection an ihren Anschlüssen zuzulassen. Dies sieht ein jetzt veröffentlichter Entscheidungsentwurf vor, in dem die Rahmenbedingungen für die Regulierung der Festnetz-Endkundenanschlüsse festgelegt werden sollen. Auf diesem Markt verfügt die Telekom nach dem Ergebnis einer von der Bundesnetzagentur turnusmäßig vorgenommenen Marktuntersuchung nach wie vor über eine beträchtliche Marktmacht.

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