Sie sind hier: Home » Markt » Hintergrund

Korruption - Schmiermittel für die Wirtschaft?!


Kriminalitätsbezogenes Compliance-Management verhindert Schäden, Haftungsproblematiken und ist ein Wettbewerbsfaktor
Würzburger Symposium der FH bot Fakten und Auswege - Die großen Unternehmenskrisen der letzten Jahre lassen sich auf wirtschaftskriminelle Handlungen zurückführen


Gegen Filz und Vetternwirtschaft mit
Gegen Filz und Vetternwirtschaft mit kriminalitätsbezogenem Compliance-Management (v.l.n.r.: Uwe Dolata, Prof. Dr. Angelica Kreitel, Rolf Kreitel ), Bild: BDK

(13.12.07) - "Die Lage im Lande ist schizophren: Das Bewusstsein gegenüber Filz und Vetternwirtschaft war selten so wach, und dennoch ist bei vielen Bürgern die Bereitschaft gewachsen, in die eigene Tasche zu arbeiten – siehe Versicherungsbetrug, Schwarzarbeit, Spesenbetrug und Korruption." Mit dieser Feststellung eröffnete Korruptionsexperte Uwe Dolata bei der "Offenen Vorlesung für jedermann" seine Bestandsaufnahme in der Würzburger Fachhochschule.

Prof. Dr. Angelika Kreitel von der Fakultät Betriebswirtschaft hatte am Dienstag eingeladen und neben den Studenten folgten interessierte Bürger den Ausführungen der Referenten Rolf Kreitel, Compliance-Experte im Bankenwesen aus Frankfurt und Uwe Dolata, Lehrbeauftragter für Anti-Korruptionsstrategien aus Würzburg, unter dem Titel "Korruption - Schmiermittel für die Wirtschaft?!"

Mit 1,3 Milliarden Euro haben die verdächtigen Zahlungen bei Siemens einen Welt-Rekordstand erreicht und gleichzeitig gibt es immer mehr Verbote, Geld für die in Büros oder Behörden geführten Kaffeekassen zu spenden. In den Unternehmen werden mit Schwung Ethik-Richtlinien verabschiedet und Compliance-Programme eingeführt.

Ein Autozulieferer berichtet: "Die Guten lassen sich nicht mehr zum Essen einladen und auch der Sekretärin darfst Du nicht mal mehr für acht Euro einen Blumenstrauß schenken. Die Bösen räumen vor Weihnachten wieder ihre Garage leer, um Platz für Präsente zu schaffen." Was lange Jahre geschmiert lief, läuft nicht mehr reibungslos: Kommunalpolitiker sind wegen so genannten Dienstreisen mit Energieversorgern ins Zwielicht geraten und an verschiedenen Plätzen ermitteln Staatsanwälte oder klagen an.

"Compliance", erklärte Rolf Kreitel, "steht für ein ganzheitliches Organisationsmodell mit Prozessen und Systemen, das die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen, interner aber auch industriespezifischer Standards sowie die Erfüllung wesentlicher Ansprüche des Unternehmens selbst sicherstellt." Aktuell ist Compliance sehr eng mit Corporate Governance und der Effektivität des internen Kontrollsystems verknüpft. Durch die oftmals persönliche Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat aber auch von Geschäftsführern gewinnen nicht nur direkte Sanktionen an Bedeutung. Die großen Unternehmenskrisen der letzten Jahre lassen sich auf wirtschaftskriminelle Handlungen zurückführen, sei es von außerhalb oder aus den Firmen heraus.

Kriminalitätsbezogenes Compliance-Management verhindert Schäden, Haftungsproblematiken und ist ein Wettbewerbsfaktor, ergänzte Uwe Dolata. Aufgrund der Schadenswirkungen ist die regionale Ausprägung von Wirtschaftskriminalität für Unternehmen zunehmend ein Standortfaktor. Gleichzeitig werden durch die nationale und internationale Ausprägung und durch die Komplexität sowie Vernetzung von Wirtschaftskriminalität sowohl die Aufgabe als auch die Rahmenbedingungen für kriminalitätsbezogenes Compliance-Management der Unternehmen begründet.

Kreitel stellte fest, dass die Erfüllung der Compliance-Anforderungen von vielen Unternehmern in erster Linie als Kostenfaktor wahrgenommen wird. "Compliance sollte jedoch eher als breites Regelwerk verstanden werden, das die Führung des Unternehmens unterstützt, und ein Wir-Gefühl, also eine Identifizierung der Belegschaft mit dem Betrieb erreicht", animierte Rolf Kreitel die Unternehmer von morgen.

Im Fall der Korruption helfen hervorragende Statistik-Veröffentlichungen der Sicherheitsbehörden wenig weiter. Korruption ist ein reines "Hohldelikt". Wo nicht hingeschaut wird, wird auch nichts gefunden.

Andererseits: "Die Komplexität und die besondere Kompliziertheit von Wirtschaftsdelikten erfordert Spezialisten. Lokale Ermittlungsbehörden sind da oftmals überfordert. Es geht nicht darum, irgendjemanden etwas wegzunehmen. Tatsache ist aber, dass wir in der Kriminalitätsbekämpfung einen Fleckerlteppich haben, der so nicht weiter hinnehmbar ist", schloss Dolata mit einem Appell. (Bund Deutscher Kriminalbeamter, BDK: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt / Hintergrund

  • Insider-Risiken bleiben relevant

    Die unermüdliche Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz beschleunigt die Evolution bestehender Betrugsszenarien. In unserem Tagesgeschäft - der Betrugsprävention - beobachten wir besonders im E-Commerce neue Herausforderungen, die differenziert betrachtet werden müssen.

  • Leben ohne Digitalzwang

    Menschen, die auf bestimmte Dienstleistungen im Alltag angewiesen sind, haben einen Anspruch darauf, diese auch analog nutzen zu können. Dies ist das Kernergebnis des Rechtsgutachtens, das am 11.12.2024 auf Initiative des Vereins Digitalcourage vom Netzwerk Datenschutzexpertise vorgelegt wurde.

  • DORA am 17. Januar 2025 in Kraft

    Mit Blick auf das Jahr 2025 sticht ein Element bei der Einführung und Weiterentwicklung generativer künstlicher Intelligenz (KI) hervor: die Datensicherheit. Da generative KI-Modelle riesige Datenmengen benötigen, um zu lernen und Inhalte zu generieren, wird die Gewährleistung des Datenschutzes, der Vertraulichkeit und der Integrität dieser Daten von größter Bedeutung sein.

  • Schutz der privaten Sparer

    Seit über 45 Jahren gibt es den Einlagensicherungsfonds der privaten Banken. Seitdem sichert er zuverlässig die Guthaben der Sparerinnen und Sparer ab, falls es zum Entschädigungsfall kommt. Klar ist jedoch, dass selbst ein funktionierendes System regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und zur Verbesserung gegebenenfalls angepasst werden muss.

  • Verschiebung der Einreichfrist

    Die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) haben eine Verschiebung der Einreichfrist der Informationsregister auf 30. April 2025 bekanntgegeben (Quelle: The ESAs announce timeline to collect information for the designation of critical ICT third-party service providers under the Digital Operational Resilience Act | European Banking Authority). Grund dafür ist u. a. die Verzögerung bei der Finalisierung der technischen Implementierungsstandards (ITS).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen