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Verbraucherrechterichtlinie macht den Weg frei


Bei Abofallen und Telefonwerbung: Verbraucherzentrale fordert Bundesregierung auf, den Ankündigungen jetzt Taten folgen zu lassen
Compliance im Verbraucherrecht: Neben der Button-Lösung können sich deutsche Verbraucher auf einige Neuregelungen mit praktischem Mehrwert freuen


(27.06.11) - Die Europäische Union macht den Weg frei, um die Bürger besser vor Abofallen im Internet zu schützen. Möglich macht dies die neue EU-Verbraucherrechterichtlinie, die nach zähem Ringen vom Rat und dem zuständigen Ausschuss des Europaparlaments gebilligt wurde. Offen war bis zum Schluss, ob Deutschland im Kampf gegen Abofallen eine sogenannte Button-Lösung einführen kann. Dies soll nunmehr verpflichtend eingeführt werden. Die Bundesregierung müss ihren Ankündigungen nun rasch Taten folgen lassen und ein Gesetz auf den Weg bringen, wonach Verbraucher einem - explizit als solchen sichtbaren - kostenpflichtigen Angebot aktiv zustimmen müssen, sagt Verbraucherzentrale Bundesverband.

In punkto Telefonwerbung lässt die Richtlinie den Mitgliedsstaaten freie Hand. Damit kann die Bundesregierung auch hier eine Bestätigungslösung umsetzen, wonach infolge eines Werbeanrufs abgeschlossene Verträge erst dann wirksam werden, wenn die Angerufenen den Vertragsabschluss schriftlich bestätigen. Eine solche Bestätigungslösung muss nach Ansicht des vzbv auch für Eintragungslisten von Gewinnspielanbietern gelten, um die Zunahme unlauterer Gewinnspielwerbung einzudämmen.

Neuregelungen mit praktischem Mehrwert
Bereits im Oktober 2008 hatte die Europäische Kommission ihren Richtlinienvorschlag veröffentlicht. Was folgte war ein Auf und Ab zur Ausgestaltung. "Es gab Zeiten, in denen wir das Schlimmste befürchtet haben", resümiert vzbv-Vorstand Gerd Billen. "Vor diesem Hintergrund sind wir mit dem nun verabschiedeten Paket durchaus zufrieden." Maßgeblichen Anteil daran, dass das deutsche Verbraucherschutzniveau in wesentlichen Teilen nicht abgesenkt und an anderen Stellen heraufgesetzt wurde, hatten die deutschen Berichterstatter und die deutschen Ministerien. Billen sagte: "Sie haben sich gegen zum Teil starken Widerstand aus anderen Mitgliedsstaaten für die Verbraucherrechte eingesetzt." Neben der Button-Lösung können sich deutsche Verbraucher auf einige Neuregelungen mit praktischem Mehrwert freuen:

Keine pauschalen Aufschläge für Zahlungsmittel: So dürfen Händler etwa für die Zahlung per Kreditkarte nur diejenigen Zusatzkosten in Rechnung stellen, die auch der Händler selbst bezahlen muss. Dies gilt explizit auch für Personentransportunternehmen.

Telefonhotlines zum "Basistarif": Künftig müssen Anbieter für die Dauer der Gewährleistungsfrist telefonisch erreichbar sein. Dabei darf die Hotline nicht teurer sein als die ortsüblichen Tarife.

Schluss mit Voreinstellungen: Wer im Internet eine Reise bucht, dem wird vielfach durch eine obligatorische Voreinstellung eine Reiserücktrittsversicherung untergejubelt. Künftig können Kunden diese Kosten zurückverlangen. Denn Extrakosten sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Kunden zulässig, die bei einer Voreinstellung nicht vorliegt.

Allerdings auch einige Rückschritte
Die positiven Effekte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verbraucherrechterichtlinie auch einige Negativfolgen mit sich bringt. So werden die Widerrufsrechte im Versandhandel eingeschnitten. Wurden Kunden nicht über ihr Widerrufsrecht unterrichtet, galt bisher eine unbefristete Widerrufsfrist. Künftig erlischt diese bereits zwölf Monate nach Vertragsabschluss. Zudem ist zu befürchten, dass Händler künftig die Rücksendekosten vermehrt auf die Verbraucher abwälzen werden. Muss bisher in Deutschland der Verkäufer ab einem Warenwert von 40 Euro die Rücksendekosten übernehmen, können diese künftig den Verbrauchern auferlegt werden. Darüber müssen sie aber vor Vertragsabschluss unterrichtet werden.

Vollharmonisierung mit nationalem Spielraum
Mit der neuen Verbraucherrechte-Richtlinie werden zwei bereits existierende EU-Richtlinien zusammengefasst und einheitliche Rechte für die Bereiche Fernabsatz und Haustürgeschäfte in allen Mitgliedsstaaten geschaffen. Am 15. und 16. Juni hatten der Rat und der zuständige Ausschuss des Europaparlaments für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) dem zuvor in einer Trilog-Verhandlung erarbeiteten Kompromissvorschlag zugestimmt. Es sollte nun reine Formsache sein, dass der Vorschlag am 23.06.2011 in erster Lesung das Europaparlament passiert. Die Richtlinie muss bis zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten europaweit umgesetzt werden. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Maßnahme zum Schutz des EU-Finanzsystems

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder mit hohem Risiko, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen, aktualisiert. Akteure in der EU, die unter den Rahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche fallen, müssen bei Transaktionen, an denen die betreffenden Länder beteiligt sind, erhöhte Wachsamkeit walten lassen - eine wichtige Maßnahme zum Schutz des EU-Finanzsystems.

  • Umsetzung der FRTB-Eigenkapitalanforderungen

    Die Europäische Kommission hat einen delegierten Rechtsakt angenommen, der den Geltungsbeginn der grundlegenden Überprüfung des Handelsbuchs (FRTB) in der EU um ein weiteres Jahr verschiebt. Somit greift der verbleibende Teil der internationalen Basel-III-Standards erst ab dem 1. Januar 2027. Mit der FRTB sollen ausgefeiltere Methoden zur Messung von Risiken eingeführt werden, damit die Eigenkapitalanforderungen besser zu den Risiken passen, denen die Banken bei ihren Tätigkeiten an den Kapitalmärkten tatsächlich ausgesetzt sind.

  • Bereitstellung von Satellitenkapazitäten

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt. Sowohl SES als auch Intelsat sind weltweit tätige Satellitennetzbetreiber, die geostationäre Satelliten besitzen und betreiben. Während beide Unternehmen ihren Hauptsitz in Luxemburg haben und im EWR tätig sind, befinden sich die Haupttätigkeiten und der Verwaltungssitz von Intelsat in den USA.

  • Handelsbeziehungen zwischen EU und Kanada

    Eine Studie zeigt: Das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der EU und Kanada fördert Handelsexporte und diversifizierte Lieferketten in allen EU-Mitgliedstaaten. Die Studie, die von unabhängigen Sachverständigen im Rahmen der Verpflichtung der Kommission zu einer faktengestützten Politikgestaltung durchgeführt wurde, liefert eindeutige Beweise dafür, dass ein offener, regelbasierter, berechenbarer und kooperativer Handel funktioniert.

  • Finanzmittel mobilisieren

    Die Europäische Kommission hat ein Maßnahmenpaket angenommen, das dazu beitragen soll, den EU-Verbriefungsrahmen einfacher und zweckmäßiger zu machen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen haben das Ziel, Verbriefungstätigkeiten in der EU zu erleichtern, ohne die Finanzstabilität zu beeinträchtigen. Ein stärkerer und einfacherer Verbriefungsrahmen kann dazu beitragen, mehr Investitionen in die Realwirtschaft zu lenken, und so das Wirtschaftswachstum, Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der gesamten EU fördern. Diese Überarbeitung ist die erste Gesetzgebungsinitiative, die im Rahmen der Strategie für eine Spar- und Investitionsunion vorgeschlagen wurde.

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