E-Mail-Überwachung müsse gestoppt werden


Piratenpartei verurteilt scharf überbordende Überwachung durch Geheimdienste
Piratenpartei kritisiert: Die Geheimdienste fahren hier derzeit eine verfassungswidrige elektronische Rasterfahndung, von der jeder einzelne Bürger betroffen ist


(08.03.12) - Deutsche Geheimdienste haben im Jahre 2010 deutlich über 37 Millionen E-Mails von Bürgern abgehört. Das ist eine Versechsfachung gegenüber dem Vorjahr. Dabei waren nur 0,00057 Prozent der E-Mails tatsächlich relevant. Bei ca. 40 Milliarden tatsächlich verschickter Mails 2010, die kein Spam waren, ist damit etwa jede tausendste Mail betroffen.

Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Sebastian Nerz, nimmt dazu wie folgt Stellung:

"Der Vorfall zeigt, dass deutsche Geheimdienste tun und lassen können, was sie wollen. Obwohl das Parlamentarische Kontrollgremium über diese Grundrechtsberaubung informiert war, hat es nichts dagegen getan. Nach dem NSU-Debakel und diesem erneuten Skandal stellt sich die Frage was noch passieren muss, damit endlich eingesehen wird, dass die heutigen parlamentarischen Kontrollen nicht mehr funktionieren. Der vielfach beschworene "rechtsfreie Raum" existiert bei den Geheimdiensten de facto und muss endlich beseitigt werden! Die Bundestagsabgeordneten müssen sich ihrer Verantwortung stellen und das Parlamentarische Kontrollgremium nicht länger als Pausenraum verwenden!

Die Geheimdienste fahren hier derzeit eine verfassungswidrige elektronische Rasterfahndung, von der jeder einzelne Bürger betroffen ist. Eine solche ist aber nur bei konkreten Gefahren zulässig und nicht etwa, weil 'Lieschen Müller' an ihre Freundin schreibt, dass der nette Junge aus der Parallelklasse so klasse und bombig aussieht.

Die Lehren aus dem Skandal sollten klar sein: Die E-Mail-Überwachung muss mit sofortiger Wirkung gestoppt werden. Das Briefgeheimnis muss endlich zeitgemäß zu einem allgemeinen Kommunikationsgeheimnis erweitert werden, mit dem auch elektronische Kommunikation sinnvoll vor anlassloser Totalüberwachung geschützt wird. Schon alleine zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist dieser Schritt ohne Umschweif erforderlich. Und in der Politik braucht es dringend ein Umdenken weg von der anlasslosen Überwachung aller Menschen zurück zum Schutz der Grundrechte der Menschen! Eine transparente Liste aller Überwachungsmaßnahmen ist erforderlich.

Bis dahin kann ich nur jedem Bürger empfehlen, seine Emails zu verschlüsseln. Höchst private Korrespondenz und Geschäftsgeheimnisse liegen ansonsten offen, wie an dem aktuellen Beispiel leider eindrucksvoll demonstriert wurde."
(Piratenpartei: ra)

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Kein Anlass zur Beanstandung


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