Suchmaschinenbetreibern droht Klagewelle
Grundsatzurteil: EuGH entscheidet für Recht auf Vergessenwerden im Internet
Suchmaschinen müssen Links auf persönliche Daten entfernen
(03.06.14) - Bürger der Europäischen Union haben ein Recht auf Vergessenwerden im Internet. Sie können von Suchmaschinen verlangen, Links auf personenbezogene Daten zu entfernen, wenn sie sich dadurch in ihren Grundrechten verletzt sehen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union in einem Grundsatzurteil entschieden (Az.: C-131/12). Das Verdikt kommt überraschend, nachdem der Generalanwalt im Juni 2013 noch gegenteilig argumentiert hatte. In der Regel folgt das Gericht dessen Schlussanträgen.
"Die […] Entscheidung ist ein Paukenschlag", erklärt Dr. Christiane Bierekoven von Rödl & Partner. "Suchmaschinen können fortan nicht mehr darauf verweisen, sie würden die Daten lediglich verlinken. Vielmehr müssen sie sich die Inhalte der Internetseiten, auf die sie verweisen, zurechnen lassen und auf berechtigten Antrag hin Links entfernen. Das dürfte eine Klagewelle gegen missliebige Links auslösen", erklärt die IT-Rechtsexpertin.
Von der Entscheidung sind alle Suchmaschinenbetreiber betroffen, die ihre Dienste in der Europäischen Union oder über Niederlassungen in der Europäischen Union wie im Fall von Google oder Bing von Microsoft anbieten. Sie sind künftig verpflichtet, Anträge betroffener Personen sorgfältig zu prüfen und bei ausreichender Begründetheit die Links zu löschen. Nur Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, bei denen die Öffentlichkeit ein Interesse am Zugang zu Informationen hat, können sich nach Ansicht der Luxemburger Richter nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen darauf berufen, solche Verweise zu unterbinden.
"Das Urteil schafft eine neue Dimension. Der Aufwand für die Suchmaschinenbetreiber, entsprechende Anträge zu prüfen, wird immens sein", betont Bierekoven. "Der Gesetzgeber sollte hier ein Prozedere überlegen, das es Antragstellern wie Betreibern ermöglicht, schnelle und für alle Seiten tragbare Lösungen zu finden." Die Abgrenzung des öffentlichen Interesses bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten werfe darüber hinaus schon jetzt schwierige Rechtsfragen auf. "Fraglich ist, innerhalb welcher Frist die Anträge zu bearbeiten sind und ob Anträge an jeden Betreiber einzeln zu richten sind. Es dürfte viele gerichtliche Auseinandersetzungen um die Entscheidungen geben", so Bierekoven.
Geklagt hatte ein spanischer Staatsbürger gegen den amerikanischen Suchmaschinenbetreiber Google, der auf Artikel in einer spanischen Lokalzeitung über eine Zwangsversteigerung im Jahr 1998 verlinkt hatte. Der Spanier argumentierte, die Angelegenheit sei längst erledigt und sah sich durch die Links in seinem Recht auf Selbstbestimmung über seine persönlichen Daten verletzt. Die spanische Datenschutzagentur hatte ihm recht gegeben, gegen die Entscheidung wandte sich Google vor spanischen Gerichten. Diese legten dem EuGH Fragen zur Auslegung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vor. (Rödl & Partner: ra)
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