Vorschläge für rechtlich verbindliche Regelungen


Besorgniserregende biosicherheitsrelevante Forschung: Ethikrat legt Stellungnahme zur Biosicherheit vor
Im Einzelnen spricht sich der Ethikrat erstens dafür aus, in der Wissenschaftsgemeinschaft das Bewusstsein für Missbrauchsgefahren zu schärfen

(27.05.14) - Wie sollte man mit Forschung umgehen, die zum medizinischen Fortschritt oder anderen gesellschaftlich wichtigen Zielen beitragen möchte, gleichzeitig aber auch von Bioterroristen oder anderen Straftätern missbraucht werden könnte? Zu dieser Frage gibt der Deutsche Ethikrat in seiner der Bundesregierung und der Öffentlichkeit übergebenen Stellungnahme "Biosicherheit – Freiheit und Verantwortung in der Wissenschaft" fünf Empfehlungen ab, die von bewusstseinsbildenden Maßnahmen und einem bundesweit gültigen Forschungskodex für Wissenschaftler bis hin zu Vorschlägen für rechtlich verbindliche Regelungen und internationale Initiativen reichen.

Manche Forschungsergebnisse in den Lebenswissenschaften können nicht nur zum Nutzen des Einzelnen und der Gesellschaft angewandt, sondern auch in Schädigungsabsicht missbraucht werden. Zwei Studien, in deren Verlauf die Übertragbarkeit von Vogelgrippeviren zwischen Säugetieren experimentell erhöht worden war, hatten 2012 weltweit eine bis heute andauernde internationale Diskussion über den Umgang mit missbrauchsgefährdeter Forschung in den Lebenswissenschaften ausgelöst.

Besorgniserregende biosicherheitsrelevante Forschung (Dual Use Research of Concern, kurz DURC) umfasst Arbeiten, bei denen anzunehmen ist, dass sie Wissen, Produkte oder Technologien hervorbringen, die direkt von Dritten missbraucht werden können, um das Leben oder die Gesundheit von Menschen, die Umwelt oder andere Rechtsgüter zu schädigen.

Der Ethikrat hat im Auftrag der Bundesregierung erörtert, ob die in Deutschland geltenden rechtlichen Regelungen und die Verhaltenskodizes von Wissenschaft und Wirtschaft ausreichen, um das Missbrauchspotenzial von DURC zu minimieren. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass zwar viele Regelungen existieren, aber weitere bewusstseinsbildende und verantwortungsfördernde Maßnahmen sowie rechtliche Regelungen für eine angemessene Risikovorsorgestrategie notwendig sind.

Im Einzelnen spricht sich der Ethikrat erstens dafür aus, in der Wissenschaftsgemeinschaft das Bewusstsein für Missbrauchsgefahren zu schärfen, zweitens einen bundesweit gültigen Forschungskodex für einen verantwortlichen Umgang mit missbrauchsgefährdeter Forschung zu erstellen und drittens die Förderung von DURC-Vorhaben an das positive Votum einer neu einzurichtenden DURC-Kommission zu knüpfen.

In seiner vierten Empfehlung macht der Ethikrat Vorschläge für rechtlich verbindliche Regelungen. Dazu gehören die gesetzliche Definition von DURC, die Einsetzung einer DURC-Kommission, die Verpflichtung, sich vor Durchführung solcher Forschung durch dieses Gremium beraten zu lassen, sowie die Verankerung eines Verfahrens zur Evaluation des DURC-Beratungsverfahrens.

Die Beratung der DURC-Kommission soll sich u.a. auf die Frage beziehen, ob die Risiken im Verhältnis zu den Chancen verantwortbar sind. Die Kommission soll ferner Empfehlungen zu Maßnahmen der Risikominimierung, zu einem begleitenden Monitoring, zu geplanten Forschungskooperationen sowie zur Weitergabe und Veröffentlichung von DURC-Ergebnissen geben.

Einige Ratsmitglieder empfehlen die Ergänzung des Beratungsverfahrens um ein Genehmigungsverfahren durch eine Bundesbehörde.

In seiner fünften Empfehlung fordert der Ethikrat die Wissenschaftsgemeinschaft und die Bundesregierung auf, sich auch in der Europäischen Union und international für die Entwicklung vergleichbarer Standards im Umgang mit biosicherheitsrelevanter Forschung einzusetzen. (Deutscher Ethikrat: ra)


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Weitere Maßnahmen sollten folgen

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt die Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), den sektoralen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen von zwei auf ein Prozent zu senken. Damit reagiert die Aufsicht auf die veränderten Marktbedingungen und kommt einer Forderung der Kreditwirtschaft nach. Der Schritt ist ein wichtiges Signal für die differenzierte und verantwortungsvolle Anwendung makroprudenzieller Instrumente.

  • Dringend gesetzliche Klarheit & Bürokratieabbau

    Als am 1. Juli 2024 die Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) in Kraft getreten ist, waren sich die meisten Krankenhäuser über die weitreichenden Folgen vermutlich noch gar nicht im Klaren. Denn: Auch wenn der ursprüngliche Gedanke aus dem Gesundheitsministerium durchaus begrüßenswert ist - nämlich Pflege und Versorgung im Gesundheitswesen zu verbessern - ist es wieder einmal das Wie, das eine Besserung der oftmals dramatischen Lage verhindert. In der Praxis erweist sich die Verordnung nämlich nicht als pragmatische Lösung für bessere Arbeitsbedingungen oder einen Abbau von zeitintensiver Bürokratie, sie ist ziemlich genau das Gegenteil: ein bürokratisches Monster, das an inhaltlicher Komplexität seinem eigenen Namen in nichts nachsteht.

  • Stärkung der Demokratie notwendiger denn je

    Transparency Deutschland (TI-D) hat den Koalitionsvertrag der neuen Regierung geprüft - die Bilanz fällt weitgehend ernüchternd aus. Mit Blick auf Lieferkettengesetz, Geldwäschebekämpfung sowie Klima- und Umweltpolitik seien leider erhebliche Rückschritte zu erwarten.

  • Bewertung von PCI DSS 4.0

    Am 31. März 2025 trat die neueste Version des Payment Card Industry Data Security Standard (PCI DSS) in Kraft - Version 4.0*. PCI DSS 4.0 verlangt nicht nur, dass digitale Identitäten eindeutig Personen zugeordnet werden, sondern legt zudem den Fokus auf die Aufrechterhaltung robuster Sicherheitsmaßnahmen angesichts sich ständig weiterentwickelnder Cyberbedrohungen. Organisationen, die mit Zahlungskartendaten arbeiten, müssen verbesserte Sicherheitsanforderungen umsetzen - darunter auch starke Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA).

  • EU-Richtlinie gegen Diskriminierung muss kommen

    Auf EU-Ebene fanden weitere Verhandlungen zur "5. Antidiskriminierungsrichtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung" statt. Der Sozialverband VdK fordert die Bundesregierung auf, sich endlich dafür einzusetzen, dass diese verabschiedet wird.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen