Sexueller Missbrauch Minderjähriger und Kirche
Deutsche Bischofskonferenz stellt Neufassung der Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch vor
Bei der Formulierung der Leitlinie zur Unterstützung der staatlichen Strafverfolgungsbehörden war eine Interessenabwägung notwendig
(06.09.10) - Die katholische Kirche erhöht ihre eigenen Ansprüche an Compliance und Transparenz im kirchlichen Dienst: So hat die Deutsche Bischofskonferenz hat am 31. August 2010 die überarbeiteten "Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" vorgestellt, die die bisherigen Leitlinien von 2002 deutlich verschärfen.
Bischof Dr. Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für alle Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich, sagte bei der Präsentation der Leitlinien in Trier: "Die schrecklichen Erkenntnisse und Erfahrungen der vergangenen Monate haben uns gezeigt, dass die Leitlinien von 2002 nicht in allen Punkten präzise genug waren. Deshalb haben wir sie noch einmal einer besonders kritischen Prüfung unterzogen und verschärft."
Ein zentraler Punkt sei die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden. "Hier galt es soweit möglich und rechtlich zulässig ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anzeigenpflicht und der Gewährleistung eines Opferschutzes zu erreichen. Bei der Formulierung der Leitlinie zur Unterstützung der staatlichen Strafverfolgungsbehörden war deshalb eine Interessenabwägung notwendig, um dem Interesse an der Zusammenarbeit mit der Strafverfolgungsbehörde im Verhältnis zum möglichen Wunsch des Opfers nach Vertraulichkeit bestmöglich Geltung zu verschaffen", betonte Bischof Ackermann. "Die Pflicht zur Weiterleitung entfällt nur ausnahmsweise, wenn dies dem ausdrücklichen Wunsch des mutmaßlichen Opfers (bzw. dessen Eltern oder Erziehungsberechtigten) entspricht und der Verzicht auf eine Mitteilung rechtlich zulässig ist. In jedem Fall sind die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten, wenn weitere mutmaßliche Opfer ein Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung der Taten haben könnten."
Neben der Präzisierung der Anzeigenpflicht enthalten die neuen Leitlinien verbesserte Regelungen zur Auswahl der Beauftragten. Bischof Ackermann: "Um mögliche Opfer zu ermutigen, sich zu melden, soll das Angebot möglichst niedrigschwellig gehalten werden. D
azu gehört, dass die beauftragte Person nicht zur Leitung des Bistums gehören soll. Werden mehrere Personen beauftragt, soll mindestens eine von ihnen nicht zur Leitung des Bistums gehören." Außerdem solle zur Beratung in Fragen zum Umgang mit sexuellem Missbrauch ein ständiger Beraterstab mit unterschiedlichen Experten eingerichtet werden.
Darüber hinaus berücksichtigen die überarbeiteten Leitlinien auch das Thema Prävention. So müssten Personen, die haupt- oder nebenberuflich in der Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt werden sollten, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, erklärte Bischof Ackermann.
Um ein "möglichst optimales Ergebnis" zu erhalten, hätten sich die Bischöfe bei der Überarbeitung der Leitlinien mit zahlreichen kirchlichen und nicht-kirchlichen Experten beraten, sagte Pater Dr. Hans Langendörfer SJ, Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz.
Dabei wurde darauf geachtet, "dass insbesondere auch psychiatrisch-psychotherapeutischer sowie juristischer Sachverstand und fundierte fachliche Erfahrung und Kompetenz in der Arbeit mit Opfern sexuellen Missbrauchs bei den Fachleuten nachgefragt und eingebracht wurde." Gerade die Vertreter von Opferschutzverbänden hätten hier wertvolle Hinweise geleistet, so P. Dr. Langendörfer. (Deutsche Bischofskonferenz: ra)
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