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Call Center-Branche in der Kritik


Zeit zum Handeln: Call Center-Branche drohen staatliche Sanktionen - Beschwerden über lange kostenpflichtige Warteschleifen
Forderung der Brancheninitiative Voice Business: Betroffene Wirtschaftskreise sollten gemeinsam Qualitätsstandards für telefonischen Kundenservice erarbeiten

(26.06.07) - Sehr unruhig geht es derzeit in der Call Center-Branche zu. Nach einer klaren Ansage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die im vergangenen Jahr unerlaubten Werbeanrufen den Kampf angesagt hat, notfalls über gesetzliche Regelungen, reißen die Hiobsbotschaften nicht mehr ab. So ist von einer Nachbesserung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) die Rede. Verbraucherschutzverbände laufen Sturm gegen mangelhafte Sanktionsmechanismen und zu allem Überfluss erhebt sich jetzt auch noch Skandalautor Günther Wallraff aus der Stille und berichtet nach einem Undercover-Einsatz bei Call Center-Unternehmen über die unseriösen Methoden der Branche.

Da sich die Beschwerden von Verbrauchern über lange Wartezeiten an Telefon-Hotlines häufen, sollen die Wartezeiten verkürzt werden. In diesem Zusammenhang will der Gesetzgeber auch die oft verwirrenden und umständlichen Sprachsteuerungssysteme verbessern. Darüber hinaus sollen Kunden nur noch dann Telefongebühren zahlen, wenn sie tatsächlich mit einem "kompetenten Hotline-Mitarbeiter" verbunden werden. "Zunächst ist die Wirtschaft am Zuge. Wenn diese zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis kommt oder die Beschwerden über lange kostenpflichtige Warteschleifen trotzdem andauern, werden wir prüfen, ob der Gesetzgeber eingreifen muss", betont Dr. Gerd Müller (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, im Interview mit NeueNachricht.

"Es mag sein, dass die Zahl der Anrufe, die in teuren Warteschleifen enden, im Verhältnis zur großen Zahl der insgesamt getätigten Telefonate gering ist. Die vielen eingehenden Beschwerden zeigen jedoch, dass es sich hier um ein ernstzunehmendes Problem handelt, das angegangen werden muss, genauso wie das Problem der unerbetenen Werbeanrufe. Die Probleme kann man nicht klein reden. Bei den unerbetenen Anrufen ist es offensichtlich, dass das schon jetzt geltende Verbot nach dem UWG nicht ausreichend ist, da sich zahlreiche Anbieter nicht an das Gesetz halten. Eine zentrale Beschwerdestelle kann nützlich sein, reicht aber nicht", sagt Müller.

"Diese Entwicklungen machen klar, dass sich die Lage für die Call Center-Branche zuspitzt. Allerdings ist es notwendig, die Gefechtslage differenziert zu betrachten: während es sich bei den unerlaubten 'Cold Calls', um Verstöße gegen geltendes Recht handelt, die man ahnden muss, greifen die Forderungen von Seehofer direkt in unternehmerisches Handeln ein und können zusätzliche Kosten verursachen.

Geringere Wartezeiten für Anrufer erfordern gewaltige personelle und technische Anstrengungen der Call Center-Anbieter und auch die angesprochene Reduzierung der Hotline-Gebühren geht zu Lasten der Netzbetreiber und der Unternehmen, die oft Rückvergütungen aus sogenannten 'Mehrwert-Nummern’ (z.B. 0180-5-xxx) nutzen, um die Kosten ihrer Agenten zu subventionieren. Das verdeutlicht den Ernst der Situation: um derartig weitreichende staatliche Eingriffe zu verhindern, muss die Branche dringend handeln und eine vernünftige und umsetzbare Selbstverpflichtungserklärung erarbeiten", fordern Jens Klemann, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Strateco, und Bernhard Steimel, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Mind Business Consultants und Vertreter der Brancheninitiative Voice Business.

Auch Hersteller von Sprachdialogsystemen, die mittlerweile in fast 50 Prozent aller in Deutschland eingehenden Serviceanrufe zum Einsatz kommen seien hier gefordert. "Da umständliche und verschachtelte Menüstrukturen aus Sicht des Seehofer-Ministeriums ebenfalls zu längeren Verweilzeiten in Hotlines und damit zu höheren Kosten zu Lasten der Verbraucher führen, muss es im Sinne der Hersteller sein, hier Abhilfe zu schaffen. Dass sich mit Sprachtechnologie hervorragende Ergebnisse erzielen lassen, wenn man bestimmten Gestaltungskriterien folgt, verdeutlicht seit nunmehr vier Jahren der Voice Award der Initiative Voice Business", so Klemann und Steimel.

Für eine Selbstverpflichtungserklärung müssten sich jetzt alle Mitspieler zusammenfinden: die Initiative Voice Business als Vertreter nahezu aller Hersteller von Sprachtechnologie und die wichtigsten Branchenverbände Call Center Forum, Kundendialog in Deutschland (KiD) und der Deutsche Direktmarketingverband (DDV). "Im ersten Schritt ist es dabei unerlässlich, sich mit dem Seehofer-Ministerium und Verbraucherschützern an einen Tisch zu setzen, um alle Forderungen richtig aufzunehmen und nicht am Ziel vorbeizuarbeiten.

Bis zum Herbst sollten die wichtigsten Kriterien für eine Selbstverpflichtungserklärung vorliegen. Auf den Voice Days vom 17. bis 18. Oktober könnte man dann im Alten Bundestag in Bonn die ersten Ergebnisse der Öffentlichkeit vorstellen", schlagen Klemann und Steimel vor. (NeueNachricht: ra)


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