Neun Gerichtsurteile zur Auslandsbestechung
Strafverfolgung bei Auslandsbestechung hat in Deutschland im Jahr 2007 erheblich zugenommen - Allerdings können Unternehmen selbst bei Vergehen ihrer Führungskräfte in Deutschland nur unzureichend belangt werden
Transparency International veröffentlicht jährlichen Fortschrittsbericht zur Umsetzung der OECD-Konvention über Auslandskorruption - Ungenügende Belegung des Unternehmens Siemens mit Geldbußen bei Auslandsbestechung
(25.06.08) - Die internationale Antikorruptionsorganisation Transparency International hat ihren jährlichen Fortschrittsbericht veröffentlicht, in dem der aktuelle Stand der Umsetzung und Anwendung der OECD-Konvention über die Bestechung ausländischer Amtsträger bewertet wird. Der Bericht umfasst in diesem Jahr die Analyse von 34 der 37 Länder, welche die OECD-Konvention ratifiziert haben. Deutschland steht mit den USA an vorderster Stelle der Staaten, welche die Strafverfolgung der Auslandsbestechung sehr ernst nehmen.
So hat es nach dem Bericht von Transparency International, der auf Auswertungen der nationalen Transparency -Organisationen fußt, in Deutschland bis zum Jahre 2007 neun Gerichtsurteile zur Auslandsbestechung gegeben. Die Zahl der neuen Ermittlungsverfahren gegen Auslandsbestechung betrug im Jahr 2007 88, gegenüber 65 im Vorjahr, und sie wird im Jahr 2008 voraussichtlich weiter steigen. Die kumulierte Zahl der Ermittlungsverfahren von 2001 bis 2008 beträgt in Deutschland über 200.
Positive Berichte liegen Transparency International außer für die USA (69 Ermittlungsverfahren kumuliert bis 2008) auch für Frankreich (16 Ermittlungsverfahren bis 2008), die Schweiz (36 Verfahren bis 2008), Belgien (30 Ermittlungsverfahren bis 2008), Schweden (15 Ermittlungsverfahren bis 2008) und Dänemark (21 Ermittlungsverfahren 2007) vor.
Demgegenüber gibt es eine Reihe von Industriestaaten, vor allem Großbritannien, Japan, Kanada und Italien, in denen, wie in den Vorjahren, auch im Jahre 2007 praktisch keine oder nur eine äußerst geringe Strafverfolgung von Taten der Auslandsbestechung stattfindet. Leider weist insgesamt die Mehrheit der Konventionsstaaten praktisch keine Strafverfolgung von Auslandsbestechung aus.
Transparency fordert, vor allem von den wichtigen Industriestaaten, die bis jetzt die OECD-Konvention praktisch nicht umsetzen, dass sie in Zukunft der Strafverfolgung der Auslandsbestechung eine hohe Priorität einräumen.
Max Dehmel, Leiter der Arbeitsgruppe Internationale Konventionen bei Transparency Deutschland: "Nach wie vor mangelt es in vielen Industriestaaten am politischen Willen, Auslandsbestechung zu verfolgen. Wenn Länder ausscheren, werden die Bemühungen der anderen Länder untergraben. Damit wird der internationale Wettbewerb geschädigt. Gleichzeitig bleiben die enormen durch Korruption verursachten Schäden ungesühnt“.
Scharf kritisiert wird im Bericht die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen BAE Systems hinsichtlich eines saudischen Verteidigungsauftrags durch die britische Regierung. Die Behauptung Großbritanniens, dass nationale Sicherheitsinteressen das Verbot der Auslandsbestechung außer Kraft setzen würden, schafft ein Schlupfloch, das andere Länder bereitwillig nutzen könnten.
Dass die Zahl der Ermittlungsverfahren in Deutschland in den vergangenen Jahren so erheblich gestiegen ist, ist sicherlich auch auf die Konzentration der Strafverfolgung der Auslandsbestechung auf einzelne Schwerpunktstaatsanwaltschaften in den einzelnen größeren Bundesländern zurückzuführen. Dies wird von Transparency Deutschland ausdrücklich begrüßt. Eine noch effektivere Strafverfolgung kann durch eine Konzentration der Verfahren bei der Bundesanwaltschaft erreicht werden. Transparency fordert eine ausreichende Ausstattung der Staatsanwaltschaften und der Gerichte für die Durchführung der Verfahren von Auslandsbestechung.
Der Bericht von Transparency International erkennt an, dass in Deutschland im vergangenen Jahr das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Strafverfolgung von Auslandskorruption gewachsen ist, was insbesondere auch die intensive öffentliche Diskussion über die Auslandsbestechungsfälle durch Siemens- Führungskräfte und deren beginnende Strafverfolgung beweist.
Die bisher bekannt gewordene ungenügende Belegung des Unternehmens Siemens mit Geldbußen bei Auslandsbestechung zeigt, dass in Deutschland, wie schon lange von Transparency Deutschland gefordert, ein Umdenken erforderlich ist und dass verstärkt über die Einführung eines Unternehmensstrafrechts nachgedacht werden sollte. Denn ein Verstoß gegen das Ordnungswidrigkeitengesetz wird weder dem Straftatbestand der Auslandsbestechung in Bezug auf das Unternehmen, noch der öffentlichen Wahrnehmung gerecht.
Bis die grundsätzlichen Widerstände gegen ein Unternehmensstrafrecht überwunden sind, wäre es jedenfalls erforderlich, dass die Geldbußengrenzen des OWiG drastisch heraufgesetzt werden und die Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung konsequent angewandt werden. (Transparency: ra)
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