Korruption muss aktiv bekämpft werden


Korruption: Ein blinder Fleck in der internationalen Sicherheitspolitik
Transparency-Studie identifiziert Korruption als eine Hauptbedrohung für Stabilität und Frieden

(19.02.14) - Kurzfristige Ziele in Friedensmissionen führen oft zu einer Verfestigung von Korruption in staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen im Interventionsland, warnt Transparency International Deutschland. Auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz stellte die Antikorruptionsorganisation eine Studie vor, die hervorhebt, wie Korruption Stabilität erschwert und Frieden weltweit unterminiert.

Die Studie "Corruption as a Threat to Stability and Peace" zeigt eine deutliche Korrelation zwischen Korruptionsrisiken und gewaltsamen Konflikten. Sie legt zudem dar, dass Korruption Friedenseinsätze mit ihren friedenschaffenden und staatsaufbauenden Aktivitäten gefährdet.

Die Notwendigkeit, Korruption aktiv zu bekämpfen, ist in vielen Regionen und für multilaterale Organisationen offensichtlich geworden. Die Studie beleuchtet Afghanistan, Kosovo und West Afrika sowie die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die NATO. Korruption wird jedoch erst langsam als Bedrohung und insbesondere durch Erfahrungen wie in Afghanistan ernster genommen. Beispielsweise mussten Afghanen im Jahr 2009 in etwa 2.5 Milliarden Dollar an Bestechungszahlungen leisten – dies entsprach fast einem Viertel des dortigen Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2010.

"Internationale Akteure haben die Bedeutung des Kampfes gegen Korruption viel zu lange vernachlässigt. Wenn Korruption als ein Mittel für kurzfristige Stabilität akzeptiert wird, schafft dies die Grundlage für langfristige Instabilität und wiederkehrenden Konflikt. Akteure wie die Europäische Union müssen in ihren Friedensmissionen Ansätze zu guter Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Antikorruption stärker integrieren", erläutert Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland.

Transparency International Deutschland und das Transparency International Defence and Security Programme rufen daher zu einem aktiven Ideenaustausch zu Maßnahmen im Sinne einer Bekämpfung und Prävention von Korruption in internationalen Einsätzen in fragilen und Konfliktstaaten auf. Sie fordern, dass Führungspersonen mit gutem Beispiel voran gehen. Dies sollte sich in einer priorisierenden Aufnahme auf den Agenden multilateraler Organisationen sowie durch die Umsetzung von Lehren, unter anderem in operationellen Richtlinien, widerspiegeln.

"Die internationale Gemeinschaft muss Korruption erst noch entgegentreten. Afghanistan hat gezeigt, dass Korruption den Erfolg der Mission und nachhaltige Sicherheit gefährdet. Organisationen müssen den Problemen in zukünftigen Interventionen die gebotene Aufmerksamkeit zukommen lassen und entsprechende Strategien, Trainings und Doktrinen entwickeln", so Mark Pyman, Direktor Transparency International Defence and Security Programme.

Das zunehmende Engagement der Europäischen Union in Sahel Afrika unterstreicht die Notwendigkeit Fortschritte im Bereich Antikorruption zu erlangen, insbesondere wenn es um den Aufbau von Verteidigungsinstitutionen geht. Ahmedou Ould-Abdallah, Mitglied des Advisory Council von Transparency International und ehemaliger Sondergesandter der VN für West Afrika: "Aufgrund einer Vielzahl von Gründen, aber vor allem aufgrund der Schwäche der politischen und Sicherheitsinstitutionen in den Ländern des Sahels, sind diese Länder unzureichend gegen die derzeitigen miteinander verbundenen Bedrohungen gewappnet – zu diesen Gefahren zählen die allgegenwärtige Korruption und Nepotismus."

Hohe Zuströme von Hilfsleistungen und Untervergabe von Verträgen bergen besondere Korruptionsrisiken
Die Studie beschreibt einen Teufelskreis: Indem enorme Mengen an Hilfsleistungen und informellen Unterstützungsleistungen von Nichtregierungsorganisationen teils unkontrolliert in das Land fließen, wird häufig die Vetternwirtschaft der lokalen Eliten wiederbelebt, da diese die Hilfsleistungen kanalisieren können. Das Problem der "Aufnahmefähigkeit von Hilfsleistungen" wird dadurch verschärft, dass Mittel in Notsituationen unmittelbar zu verteilen oder öffentlichkeitswirksame Erfolge durch schnell durchführbare Projekte zu erzielen sind. Eine bessere Koordination unter den internationalen Akteuren ist geboten, um diesem Problem Herr zu werden.

Die Studie zeigt auch, dass der Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen zum Schutz von Militärlagern und Projekten die Dezentralisierung von Macht und die Korruption weiter befördert. Diese Firmen können in besonderer Weise vom organisierten Verbrechen missbraucht werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass sie sich nicht an die gleichen Antikorruptionsrichtlinien wie staatliche oder öffentliche Akteure halten.

Zur Studie
Ein Verständnis des komplexen Zusammenhangs zwischen Korruption, Instabilität und Konflikten hilft bei der Betrachtung der Rolle, die externe Sicherheitsakteure bei der Korruptionsbekämpfung in einem solchen Umfeld spielen können bzw. gespielt haben. Dabei hat das jeweilige Umfeld einen bestimmenden Einfluss. Beispielsweise hat im Kosovo der internationale Streit um den politischen und rechtlichen Status des Gebietes die territorialen Gräben vertieft und kriminelle Machtstrukturen bei grassierender Korruption verfestigt. Allein im Jahr 2011 floss Entwicklungshilfe in Höhe von 657 Millionen Dollar in den Kosovo. In Westafrika blüht der Rauschgifthandel und das internationale organisierte Verbrechen fördert das Entstehen des ersten "Rauschgiftstaats" in Guinea-Bissau unter der Ägide krimineller Netzwerke. Das Volumen des jährlichen Kokainhandels in diesem Land wird auf über 4 Milliarden Dollar geschätzt, viermal mehr als das offizielle Bruttoinlandsprodukt (ca. 1 Milliarde Dollar).

Die Studie ist Teil des einjährigen Projektes "The Corruption Threat to the Security and Stability of Fragile States – Towards a Better International Response", das von der Robert Bosch Stiftung gefördert wird. Die Präsentation des Berichts ist der Startpunkt für weitere Initiativen, um eine Diskussion unter Stakeholdern anzustoßen und das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu diesem Themenbereich zu schärfen. (Transparency: ra)

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