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Von der Kameralistik zur Doppik


Der Gegensatz von Doppik und Kameralistik – zwei formale Systeme – ist nur ein Scheinwiderspruch
: Doppik und Kameralistik unterscheiden sich theoretisch ausschließlich in der Methode
n der Doppik und in der Kameralistik gibt es die Möglichkeit, auf das Rechnungswesen manipulierend einzuwirken, indem Sachverhalte entsprechend der eigenen Ziele gestaltet werden


Aus: Wikipedia.de

(05.03.08) - Kameralistik (von lateinisch: camera, hier etwa "fürstliche Schatztruhe"), auch kameralistische Buchführung oder Kameralbuchhaltung, ist ein Verfahren der Buchführung. Im Gegensatz zur Doppik, also der doppelten Buchführung, werden bei der Kameralistik Einnahmen und Ausgaben betrachtet, jedoch nicht die Erträge und Aufwendungen. Des Weiteren werden in der Kameralistik stets Planrechnungen auf der Basis von Prognosen praktiziert (Soll/Ist): Haushaltsplan (1 oder 2 Jahre) und Mittelfristige Finanzplanung (5 Jahre). Schließlich liefert die Kameralistik die Daten für die Finanzwissenschaft. Die erweiterte Kameralistik und die Doppik versuchen, durch Nebenrechnungen die Kosten und Leistungen einzubeziehen.

Der Gegensatz von Doppik und Kameralistik – zwei formale Systeme – ist nur ein Scheinwiderspruch. Sowohl im Rahmen der Kameralistik als auch im Rahmen der Doppik lassen sich alle Vorgänge (einschließlich Vermögensveränderungen) abbilden. Dies weist z. B. das Lücke-Theorem nach. Theoretisch müsste die Kameralistik die Vermögens- und Schuldenwerte als Teilwert ermitteln, da ihr nicht Aufwand und Ertrag (Veränderungen des Vermögens), sondern nur Einnahmen und Ausgaben für die Vermögens- und Schuldenermittlung zur Verfügung stehen. Demgegenüber müsste die Doppik die Vermögenswerte nach dem Anschaffungswertprinzip (Anschaffungswert – Aufwand + Ertrag) ermitteln. Da die Kameralistik das Anschaffungswertprinzip und nicht das Teilwertprinzip verwendet, kann die Kameralistik z. Zt. nicht auf die Nutzung von Aufwand und Ertrag verzichten.

Doppik und Kameralistik unterscheiden sich theoretisch ausschließlich in der Methode. Die doppelte Buchführung verwendet die Buchung auf jeweils zwei Konten. Die Kameralistik verwendet einen Gruppierungsplan (vgl. § 10 Abs. 3 Haushaltsgrundsätzegesetz), der den Zusammenhang zwischen Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung herstellt, und einen Funktionenplan (vgl. § 11 Abs. 2 Haushaltsgrundsätzegesetz). Beide Systeme können von Politik und Verwaltung (z. B. durch Sonderregelungen bezüglich der Erfassung bestimmter Schulden) aber auch in der privaten Wirtschaft (vgl. z. B. Zweckgesellschaften zur Auslagerung von Schulden bzw. für Sale-Lease-Back) missbraucht werden.

Das "International Public Sector Accounting Standards Board" (IFAC) unterscheidet zwischen zwei Arten der staatlichen Rechnungslegung (International Public Sector Accounting Standards; IPSAS): "Financial Reporting Under the Cash Basis of Accounting" (Kameralistik) und "Financial Reporting Under the Accrual Basis of Accounting" (Doppik) und gibt entsprechend verschiedene Standards heraus.

Im historischen Sinn versteht man unter Kameralistik auch die so genannte Kameralwissenschaft, das heißt die Wissenschaft von der staatlichen Verwaltung und Volkswirtschaftspolitik, wie sie in Deutschland bis ins 20. Jahrhundert gepflegt wurde

In der Doppik und in der Kameralistik gibt es die Möglichkeit, auf das Rechnungswesen manipulierend einzuwirken, indem Sachverhalte entsprechend der eigenen Ziele gestaltet werden, zum Beispiel durch Einsatz von Sale and lease back oder Public Private Partnership. Im Gegensatz zur Doppik kann in der Kameralistik die Verwendung der Gelder dem Geldgeber (und somit letztlich dem Steuerzahler) objektiv richtig dargelegt werden. Aktivierungswahlrechte und Passivierungswahlrechte sowie Bewertung (Rechnungswesen) und damit verbundene Ermessenspielräume haben im Gegensatz zur Vorgehensweise bei der Doppik keinen Einfluss auf die Rechnungslegung.

Von der Konzeption hat die Kameralistik den Vorteil, dem Budgetrecht des Parlaments zu entsprechen. Ex ante werden die geplanten Ein- und Ausgabenströme festgelegt und somit die Verwaltung gebunden, die gesetzten Prioritäten des Parlaments anhand des Haushaltsplanes zu realisieren. Die Einhaltung der Prioritäten kann ex post anhand der Rechnungslegung überprüft werden. In der Doppik fehlt diese Planungs- und Kontrollfunktion, da Jahresabschluss mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ex post erstellt werden und deshalb um eine Budgetplanung ergänzt werden müsste, sofern nicht das Budgetrecht des Parlaments beschnitten werden sollte.

In der Kameralistik halten es die Finanzministerien für zu aufwändig, die Vermögenssituation im Sinne einer Bilanz darzustellen. Betrachtet man den Wert von Grundstücken, die sich über Jahrhunderte im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, so wird schnell klar, dass die jeweiligen Anschaffungswerte inzwischen nur noch Erinnerungswert haben. Währungsreformen und Hyperinflationen sind der Grund dafür. Zusätzlich ist die Bewertung des Grundvermögens extrem schwierig, da es keinen Marktpreis für öffentliche Grünflächen oder Straßen gibt. Darüber hinaus werden Standorte von Behörden in der Regel politisch und nicht anhand der standortbezogenen Abschreibungen und Zinsen bestimmt. So ist z. B. Berlin zur Hauptstadt und zum Sitz der Regierung bestimmt worden. Dabei wäre ein Sitz in Mecklenburg-Vorpommern, Ostfriesland oder dem Schwarzwald deutlich günstiger.

Ein doppisches Rechnungswesen hätte nur dann einen Sinn, wenn die Solvenz eines Staates anhand des Reinvermögens aus der Bilanz festgestellt würde. Da der Glaube besteht, dass ein möglicher Staatsbankrott nicht bilanziell zu messen ist, werden mit Hilfe der Doppik meist Zahlen produziert, die für keine Entscheidung relevant sind.

Die Verwendung der Doppik führt nicht zwangsläufig zur Änderung der Steuerung. So wird in Österreich seit über 30 Jahren die Doppik praktiziert und gleichwohl nach Haushaltszahlen entschieden. Ebenso wenig verhindert die Kameralistik die Steuerung in Hinblick auf den Output. So ist z. B. im Haushaltsgrundsätzegesetz vorgesehen, dass Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen eines Systems der dezentralen Verantwortung einer Organisationseinheit veranschlagt werden können.

Dabei wird die Finanzverantwortung auf der Grundlage der Haushaltsermächtigung auf die Organisationseinheiten übertragen, die die Fach- und Sachverantwortung haben. Voraussetzung sind geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente, mit denen insbesondere sichergestellt wird, dass das jeweils verfügbare Ausgabevolumen nicht überschritten wird. Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sind durch Gesetz oder den Haushaltsplan festzulegen (vgl. § 6a Haushaltsgrundsätzegesetz). Die Politik weigert sich jedoch häufig, Ziele vorzugeben, weil dann ein Scheitern leicht nachzuweisen ist (vgl. z. B. Bundeskanzler Schröder im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit oder Bundeskanzler Kohl im Hinblick auf die blühenden Landschaften im Osten). Auch in der Verwaltung herrscht diese Interessenlage vor. Insofern scheitern outputorientierte Ansätze nicht am Rechnungswesen, sondern an der Politik. Diese will nicht in ihren Möglichkeiten, Risiken einzugehen, Schulden zu machen und Staatseigentum kurzfristig zu liquidieren, beschnitten werden.

An der kameralistischen Buchführung wird eine übermäßige Bindung der Verwaltung an eine zu detaillierte Planung und die damit verbundene mangelnde Flexibilität kritisiert. Allerdings kann dieser Kritik das Budgetrecht des Parlaments entgegen gehalten werden. Zudem ist davon auszugehen, dass Verwaltungen eine komplexere Zielkonzeption als privatwirtschaftliche Unternehmen haben, die sich im Wesentlichen auf die Gewinnerzielung konzentrieren können. Insofern ist zu befürchten, dass ein doppisches Rechnungswesen, das im Wesentlichen auf das Ziel Gewinn und die Nebenbedingungen "Liquidität" und "Schuldendeckungsfähigkeit" ausgerichtet ist, Politik und Verwaltung zu stark einengt.

Die Einführung der Doppik erfordert – wie auch die Umsetzung der für den Bund gesetzlich vorgeschriebenen Vermögensrechnung im Rahmen der Kameralistik – unter anderem eine vollständige Bewertung des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens, welches einen immensen Aufwand für die Bundesministerien und Bundesbehörden darstellt. Der Nutzen dagegen besteht lediglich in einer größeren Transparenz zur Vermögenslage, da natürlich keine steuerlichen Abschreibungen erfolgen können, da von Körperschaften öffentlichen Rechts – sofern sie keinen Betrieb gewerblicher Art betreiben – keine Einkommensteuern gezahlt, sondern erhoben werden. (Quelle: Wikipedia.de: ra)

Ausführlich zum Thema "Kameralistik und Doppik"
siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Kameralistik


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