Sie sind hier: Home » Governance » Anforderungen

DCGK: Comply-or-Explain-Mechanismus aufgeweicht


Vorschläge der EU-Kommission zur Erweiterung der Kodex-Regelung gefährden Transparenz
Geplante "Leitlinien" der EU-Kommission zur Ausweitung der Entsprechenserklärungen hebeln Transparenzmechanismus "Comply or Explain" aus

(03.06.15) - Die Vorschläge der EU-Kommission zur Erweiterung der Empfehlungen im Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) gefährden die Transparenz-Ziele des Kodex für gute Unternehmensführung. Denn die zusätzlichen Detailregelungen aus Brüssel schwächen den entscheidenden Comply-or-Explain-Mechanismus des Kodex. Das ist das Ergebnis der Studie "Qualität der Berichterstattung über die Unternehmensführung" von Professor Dr. Peter Ruhwedel, Wissenschaftlicher Leiter des KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance an der FOM Hochschule Duisburg und Geschäftsführer des diep Deutsches Institut für Effizienzprüfung.

Die Entsprechenserklärungen des Jahres 2014 der 30 DAX- und 50 MDAX-Unternehmen sind auf die Frage hin analysiert worden, inwieweit die Unternehmen bereits heute die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen "Leitlinien" für die Erklärung ihrer Abweichungen vom DCGK erfüllen. In Entsprechenserklärungen berichten Unternehmen über die Einhaltung (comply) der Kodex-Regeln oder erklären die Abweichung (explain).

Neue Empfehlungen der EU-Kommission bereits zum Gutteil erfüllt
"Schon jetzt berichten die Unternehmen der zentralen Börsenindizes DAX und MDAX umfangreich darüber, warum, in welcher Weise und bis wann sie von den Kodex-Vorgaben abweichen. Damit bieten sie Investoren längst die notwendige Informationsbasis", sagt Professor Ruhwedel. "Erhöht die EU-Kommission wie geplant die Berichtspflichten, dann besteht die Gefahr, dass die Unternehmen aus Risikogründen formal weniger Abweichungen vom Kodex erklären. Damit würde der Comply-or-Explain-Mechanismus des Kodex aufgeweicht."

Gut drei Vierteil (77 Prozent) der DAX- und MDAX-Unternehmen haben in ihren Entsprechenserklärungen mindestens eine Abweichung vom Kodex erklärt. "Diese sehr hohe Quote belegt, dass derzeit der Comply-or-Explain-Mechanismus sehr gut funktioniert", sagt Professor Peter Ruhwedel. Weichen Unternehmen vom DCGK ab, dann legen sie auch dar, wie sie das tun – und erfüllen damit bereits die Empfehlung der EU-Kommission. Ebenfalls alle untersuchten Unternehmen erläutern zumindest teilweise die Gründe für das Abweichen vom Kodex. Auch diese Forderung der Europäischen Kommission ist bereits erfüllt, wie die Studie zeigt.

Aufwand und Ertrag zusätzlicher Berichtspflichten abwägen
Die Frage, wie in den Unternehmen die Entscheidung für eine Abweichung vom Kodex zustande gekommen ist, beantwortet gut ein Fünftel (21 Prozent) der Gesellschaften zumindest teilweise. "Die Empfehlung der EU-Kommission ist hier zwar nur ansatzweise erfüllt. Der Mehrwert an Informationen für die Investoren durch eine Erhöhung des Aufwandes durch eine erweiterte Berichterstattung ist aber fraglich", urteilt Professor Peter Ruhwedel. Denn Vorstand und Aufsichtsrat würden in der Regel die Erklärung zur Unternehmensführung gemeinsam abgeben. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Gremien – nach einer Diskussion und dem Entscheid – mit den erklärten Abweichungen einverstanden seien.

Jedes dritte Unternehmen erläutert Zeitrahmen bis zur Einhaltung der Kodex-Empfehlung
Ein Drittel (31 Prozent) der größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland geben an, ob eine Abweichung zeitlich befristet ist, wovon sogar 90 Prozent darüber informieren, ab wann sie die Empfehlung einhalten werden. "Bereits heute wird die Empfehlung der EU-Kommission bis auf wenige Ausnahmen erfüllt, sodass auch hier kein weiterer Regulierungsbedarf besteht", sagt der wissenschaftliche Leiter des KCU KompetenzCentrums.

Der größte Nachholbedarf zur EU-Forderung besteht immer dann, wenn die Unternehmen eine andere Vorgehensweise als im Kodex gefordert wählen. Denn nur jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent) informiert darüber, für welche alternative Vorgehensweise es sich entschieden hat, um das Ziel der Kodex-Empfehlung zu erreichen. "Bei dieser Empfehlung der Europäischen Kommission passen die DAX- und MDAX-Unternehmen in der Tat weitgehend. Aber auch hier ist der Mehrwert für Investoren durch eine entsprechende Leitregel aus Brüssel fraglich. Denn Investoren wollen in erster Linie wissen, warum und wie Unternehmen sich nicht an die Regeln des Deutschen Corporate Governance Kodex halten. Diese gewünschte Information bieten ihnen aber längst die meisten Unternehmen", sagt Professor Peter Ruhwedel. (FOM Hochschule Duisburg: ra)

FOM Hochschule: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Anforderungen

  • Managerverantwortlichkeit in der Diskussion

    Die Bayerische Justizministerin und stellvertretende CSU-Vorsitzende Dr. Beate Merk zum Kompromiss der Großen Koalition zur Managervergütung und Managerverantwortlichkeit: "Das sind nicht mehr als erste Trippelschritte in die richtige Richtung. Die Vorschläge aus Berlin reichen jedoch nicht aus."

  • Corporate Governance und Gesellschaftsrecht

    Fischer & Partner LLP weist auf einen Beschluss der Europäische Kommission hin: Danach werden Vertragsverletzungsverfahren gegen zwölf Mitgliedstaaten, die es unterlassen haben, bestimmte Binnenmarktrichtlinien in den Bereichen Gesellschaftsrecht und Corporate Governance in nationales Recht umzusetzen, fortgesetzt.

  • Governance und Vorstandsgehälter in Deutschland

    Die aktienkursorientierte Vergütung wird überschätzt und die Berichterstattung ist weiterhin intransparent. Dies ist das Ergebnis der Studie "Vergütung deutscher Vorstandsorgane von 2005 bis 2007". Sie ist Teil gemeinsamer Forschungsaktivitäten des Instituts für Unternehmensführung (IBU) der Universität Karlsruhe (TH) und des Center for Entrepreneurial and Financial Studies (CEFS) der Technischen Universität München zum Themenkomplex Corporate Governance.

  • Governance von ERP-Applikationen

    Governance von ERP-Applikationen ist aus zahlreichen Gründen zu einem wichtigen Thema für das Management geworden. In den letzten Jahren sich häufende Fälle von Missmanagement-Skandalen, Forderungen nach mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Geschäfts-Prozesse, wachsende Bedenken bezüglich Datenschutz und Sicherheit der Infrastruktur sowie die Notwendigkeit, rasch auf unerwartete Verfügbarkeits-Störungen reagieren zu können sind die Treiber für die Suche nach geeigneten Ansätzen und Tools.

  • Unternehmensweites Risikomanagement

    Der Trend in der Informationssicherheit in großen Unternehmen geht hin zu einem integrierten und steuernden Ansatz, der mehrere Disziplinen wie das Sicherheits- und Risikomanagement sowie das Business Continuity-Management umfasst. Dies bestätigen anerkannte Marktforschungsunternehmen. Dieser Artikel beleuchtet mögliche Ansätze bei der konkreten Umsetzung eines Risikomanagements in der Informationssicherheit und zeigt die Parallelen zu einer in vielen Unternehmen angestrebten oder bereits umgesetzten Governance-Strategie.

  • Open Source und IT Governance

    Hewlett-Packard (HP) unterstützt Unternehmen durch eine neue Governance-Initiative für den Einsatz von freier und Open Source Software (FOSS). Die von HP gestartete Initiative "Fossbazaar" sowie das Werkzeug "Fossology" sollen IT-Verantwortlichen dabei helfen, lizenzrelevante, finanzielle und sicherheitskritische Risiken beim Einsatz von freier und quelloffener Software im Unternehmen zu minimieren.

  • Corporate Governance bei den Kantonalbanken

    Eine zeitgemäße Corporate Governance hilft den Kantonalbanken und ihren Eignern, den Kantonen, Transparenz im unternehmerischen Handeln zu schaffen und ein ausgewogenes Verhältnis von Führung und Kontrolle zu erreichen. Zusammen mit einer erfolgreichen Kunden- und Marktausrichtung ist dies die Basis, um das Risiko von finanziellen oder reputationsbezogenen Fehlentwicklungen zu minimieren, das Vertrauen der Kundschaft und der Öffentlichkeit zu erhalten und so eine erfolgreiche Weiterentwicklung zu gewährleisten.

  • Was ist Corporate Governance?

    Corporate Governance wird in Deutschland zunehmend zum Thema. Nicht nur Skandale wie bei VW und Siemens, sondern auch das Engagement ausländischer Finanzinvestoren zwingt dazu, die Praxis der Unternehmensführung hierzulande auf den Prüfstand zu stellen. Deutsche Aufsichtsgremien sind nicht selten personell aufgebläht, überaltert und inkompetent. Doch Deutschland braucht Kontrolleure, die ihre Aufgabe nicht als Ehrenamt verstehen, sondern als professionelle Aufgabe. Denn ihre Arbeit prägt die Unternehmenskultur in unserem Lande.

  • Integrierter Ansatz für Business Governance

    Die Business Governance gewinnt in den Unternehmen weltweit an Bedeutung. Sie ist ein kontinuierlicher Prozess - oder vielmehr eine Kontrollfunktion, die von der Unternehmensleitung initiiert wird, um die betriebswirtschaftliche Performance zu maximieren. Mit Hilfe von Business Governance wird festgelegt, wie das Unternehmen gesteuert werden, Entscheidungen treffen und unter bestimmten Rahmenbedingungen reagieren soll.

  • Governance und Mittelstand

    Der Mittelstand in Deutschland sieht sich seit einigen Jahren mit den Herausforderungen einer sich immer stärker beschleunigenden Globalisierung konfrontiert. Verstärkter Kostendruck, erhöhter Kapitalbedarf und verschärfter Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter sind die Folgen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen