Anwendbarkeit der Datenschutzrichtlinie
Datenschutz und die Informationsfreiheit: Andrea Voßhoff zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Videoüberwachung durch Privatpersonen
Offen bleibt, ob jeglicher Öffentlichkeitsbezug ausreicht, um die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts zu legitimieren
(07.01.15) - Wie der Europäische Gerichtshof entschieden hat, unterfällt eine durch eine Privatperson an ihrem Einfamilienhaus zum Schutz des Eigentums, der Gesundheit und des Lebens der Hausbesitzer betriebene Videoüberwachung dem europäischen Datenschutzrecht, soweit diese den öffentlichen Raum erfasst. Gemäß Art. 3 Absatz 2 der Europäischen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG findet diese keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird. Nach Auffassung des EuGH liegt keine "ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit" vor, die die Anwendbarkeit der Datenschutzrichtlinie ausschließen würde.
Hierzu erklärt die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Andrea Voßhoff: "Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist von grundlegender Bedeutung für das europäische und deutsche Datenschutzrecht. Der EuGH betont, dass Ausnahmen von der Anwendbarkeit der Datenschutzrichtlinie eng auszulegen sind. Dies stärkt den Datenschutz."
Aus dem Urteil des EuGH folgt auch, dass die Rechtsauffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, der Einsatz von Videokameras durch Privatpersonen im Straßenverkehr zu Zwecken der Schadensdokumentation und Beweissicherung, so genannter Dash-Cams, unterfalle dem Datenschutzrecht, zutrifft.
Die Entscheidung lässt offen, ob durch die Anwendbarkeit der europäischen Datenschutzrichtlinie auch die dort aufgezählten Betreiberpflichten durch private Betreiber von Videoüberwachungsanlagen und ähnlichen Verfahren zu erfüllen sind.
Ebenfalls offen bleibt, ob jeglicher Öffentlichkeitsbezug ausreicht, um die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts zu legitimieren oder ob es entscheidend auf die jeweiligen Zwecke der Videoüberwachung ankommt. Wenn das Urteil so verstanden werden muss, dass die Frage, ob eine Datenverarbeitung ausschließlich persönlich oder familiär ist, objektiv anhand des Öffentlichkeitsbezugs zu beantworten ist und nicht nach der subjektiven Zwecksetzung der Videoaufnahme, würden viele Alltagsdatenverarbeitungen durch Privatpersonen dem Datenschutzrecht unterfallen, selbst wenn die aufgenommenen Bilder in der privaten Sphäre verbleiben und nicht an Dritte (Einstellen in das Internet, Weitergabe an die Strafverfolgungsbehörden) weitergegeben werden.
Eine derart weitreichende Erstreckung des Datenschutzrechts auch in den Bereich privater Freizeitgestaltung, etwa dem Einsatz von Helmkameras auf Skipisten und möglicherweise sogar von Camcordern oder Smartphones mit Videofunktion zu touristischen Zwecken, wäre in ihrer Konsequenz allerdings nicht unproblematisch. (BfDI: ra)
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