Leitfaden von Facebook umgarnt Politiker
In einem Leitfaden von Facebook werden Politiker und Amtsträger dazu animiert werden sollen, Accounts und Fanpages bei Facebook einzurichten
Thilo Weichert, ULD: "Es ist dreist, wie Facebook in dem Leitfaden politisch Verantwortliche für dumm zu verkaufen versucht"
(16.05.13) - Am 14. April 2013 stellte die Facebook Germany GmbH laut Angaben der ULD einen "Leitfaden für Politiker und Amtsträger" vor, in dem auf 21 Seiten Politiker und Amtsträger dazu animiert werden sollen, Accounts und Fanpages bei Facebook einzurichten, für sich zielgruppenspezifisch zu werben und zugleich den eigenen Erfolg über "Facebook Insights" zu analysieren. Ziel des Leitfadens ist es weniger, politisch Verantwortliche zu einer besseren Selbstdarstellung zu bringen. Das Interesse an deren Selbstvermarktung werde vielmehr genutzt, um über diese noch mehr Traffic bei dem Werbeportal zu generieren und zugleich die politische und gesellschaftliche Akzeptanz von Facebook zu erhöhen.
Dieses Ziel sei wegen der einmütigen Kritik der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (DSB-Konferenz) verständlich, die nach umfassenden Analysen feststellten, dass Facebook in vieler Hinsicht gegen deutsches und europäisches Datenschutzrecht verstößt.
Es komme so nicht von ungefähr, dass sich der Leitfaden auf zwei Seiten mit dem Thema Datenschutz befasst. Geworben werde damit, dass Facebook "irischen und europäischen Datenschutzgesetzen" unterläge und, dass das Unternehmen – unterlegt mit einem Foto aus dem ULD – in einem "intensiven und konstruktiven Dialog mit den Landesdatenschutzämtern und dem Bundesdatenschutzbeauftragten" stand und stehe.
Nicht erwähnt werde, dass der erwähnte Dialog u. a. darüber erfolgt sei, dass "Gefällt mir"-Buttons und Fanpages zu unzulässigen Datenspeicherungen und -auswertungen in den USA führen, die die Grundlage für "Facebook Insights" sind. Nicht erwähnt werde, dass ein Gutachten des Arbeitskreises I der Innenministerkonferenz im Auftrag der Chefs der Staatskanzleien zu dem Ergebnis kommt, "dass die datenschutzkonforme Ausgestaltung von Social Plugins wie dem Like-Button sowie von Fanpages sowohl in tatsächlicher Hinsicht (…) als auch in rechtlicher Hinsicht (…) noch nicht abschließend geklärt ist". Es bedürfe der "Klärung tatsächlicher Fragen". Diese Klärung bleibe seit zwei Jahren erfolglos, weil Facebook die nötigen, u. a. vom ULD mehrfach angeforderten Dokumente nicht vorlege. Die DSB-Konferenz habe sich deshalb soeben mit der Bitte um Unterstützung an die Ministerpräsidentenkonferenz gewendet.
Erwähnt werde auch nicht, dass sich Facebook der Anwendung deutschen Datenschutzrechtes dadurch entziehe, dass es behaupte, irisches Datenschutzrecht sei auch für die 25 Millionen deutschen Nutzer anwendbar. Der irische Datenschutzbeauftragte habe in zwei Audits Facebooks Datenschutzkonformität nach irischem Recht bestätigt. Die Leugnung der Anwendbarkeit deutschen Rechtes war jüngst vor dem Verwaltungsgericht Schleswig vorläufig erfolgreich mit dem Argument, Facebook habe in Deutschland keine Niederlassung. Genau diese Niederlassung zeichne aber für den aktuellen Leitfaden verantwortlich.
Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), kritisierte: "Es ist dreist, wie Facebook in dem Leitfaden politisch Verantwortliche für dumm zu verkaufen versucht. Bisher haben die meisten Verantwortlichen geschwiegen und viele Facebook einfach genutzt. Politiker und Amtsleiter sind zur Beachtung des Datenschutzrechtes verpflichtet und können sich nicht darauf berufen, dass andere auch gegen den Datenschutz verstoßen. Spätestens mit diesem Leitfaden dürfen sie nicht weiter schweigen und Facebook weiternutzen. Sie müssen sich den Datenschutzverstößen mit und durch Facebook stellen. Deshalb fordere ich Facebook und die Politik auf, den Datenschutzdialog endlich zu führen – von dem bisher nur geredet wird. Das ULD steht, wir Datenschützer stehen hierfür bereit."
Der Leitfaden von Facebook ist abrufbar unter
http://www.scribd.com/doc/136194390/Facebook-Leitfaden-fur-Politiker
Das Gutachten des Arbeitskreises der Innenministerkonferenz ist abrufbar
unter
https://www.datenschutzzentrum.de/internet/20120404-AG-SozNetzw-AK-I-IMK.pdf
Die Kritik der DSB-Konferenz findet sich unter
http://www.datenschutz-bayern.de/dsbk-ent/DSK_82-Nutzerdaten.html
(ULD: ra)
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