Abschlussbericht zum Wirecard-Skandal übergeben
Ausschuss sollte klären, was Bundesregierung, Behörden und Wirtschaftsprüfer über Verdachtsmomente, über strafbares oder manipulierendes Handeln wie Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche bei dem seit Juni 2020 insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard wussten
Die Koalitionsfraktionen betonen in ihrem Votum, nach Experteneinschätzung habe Wirecard über mehrere Jahre betrügerische Bilanzen vorgelegt
Der Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal hat dem Bundestag seinen Abschlussbericht vorgelegt (19/30900). Ausschussvorsitzender Kay Gottschalk (AfD) überreichte das mehr als 2.000 Seiten starke Dokument zum 3. Untersuchungsausschuss ("Wirecard") Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU). Da der neunköpfige Ausschuss nicht zu einem einvernehmlichen Ergebnis gekommen war, enthält der Bericht neben dem von den Fraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Bewertungsteil zwei Sondervoten, eines der Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sowie eines der AfD-Fraktion. Der Ausschuss sollte klären, was Bundesregierung, Behörden und Wirtschaftsprüfer über Verdachtsmomente, über strafbares oder manipulierendes Handeln wie Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche bei dem seit Juni 2020 insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard wussten und ob diese ihren Aufsichts- und Kontrollpflichten nachgekommen sind. Das Gremium hat zwischen dem 19. November 2020 und dem 8. Juni 2021 in 32 Sitzungen 105 Zeugen befragt.
Die Koalitionsfraktionen betonen in ihrem Votum, nach Experteneinschätzung habe Wirecard über mehrere Jahre betrügerische Bilanzen vorgelegt. "Das interne Kontrollsystem des Konzerns wurde gezielt ineffektiv gehalten." Die mediale und investigative Berichterstattung habe auch "zu aufsichtlichen Maßnahmen geführt", etwa seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) habe in der Ausübung seiner Rechts- und Fachaufsicht die operative Unabhängigkeit der BaFin zu achten. "Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verfügte das Bundeskanzleramt zum Zeitpunkt der Kontakte zur Wirecard AG über keinerlei eigene Informationen und Erkenntnisse, auch nicht über einen möglichen Bilanzbetrug."
Weiter heißt es in dem Bericht: "Ein besonderes Interesse für Wirecard im Bundeskanzleramt oder eine Sonderbehandlung des Unternehmens sind nicht erkennbar. Sämtliche Treffen hatten keine konkreten erkennbaren Auswirkungen. Ob die Ansprache der Wirecard AG durch die Kanzlerin in China die Übernahme des Unternehmens beschleunigt oder begünstigt hat, ist nicht ersichtlich."
FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen betonen in ihrem Sondervotum, dass es um den größten Börsen- und Finanzskandal der Nachkriegszeit gehe, "der durch kollektives Aufsichtsversagen, deutsche Wagenburgmentalität gegenüber Nicht-Deutschen sowie ein politisches Netzwerk und die Sehnsucht nach einem digitalen nationalen Champion und dessen Markteintritt in China ermöglicht wurde". Deutsche Aufsichtsbehörden seien "nicht fit für das ,Internetzeitalter' und digitale Geschäftsmodelle."
Nach Ansicht der AfD spart die Bewertung der Ausschussmehrheit wesentliche Erkenntnisse aus oder verharmlost diese. "Nach unserer Auffassung relativierten die Fraktionen der SPD und der CDU/CSU die Verantwortung ihrer jeweiligen politischen Entscheidungsträger", erklären die Abgeordneten. (Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 29.06.21
Newsletterlauf: 23.09.21
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