Überregulierungen am Kapitalmarkt


FDP-Anfrage hat Bürokratieabbau bei Regulierung börsennotierter Unternehmen im Sinn - Welchen Aufwand hat die Einführung von Insiderverzeichnissen bei börsennotierten Unternehmen verursacht?
In wie vielen Fällen hat die BaFin zur Überprüfung von Verdachtsfällen des Insiderhandels auf Insiderverzeichnisse zurückgegriffen?


Guido Westerwelle:
Guido Westerwelle: börsennotierte Unternehmen unter Bürokratiedruck, Bild: FDP

(23.07.07) - Nach dem Bürokratieabbau bei der Regulierung börsenorientierter Unternehmen erkundigt sich die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (16/6012). Kapitalmarktexperten sprächen inzwischen von "Überregulierungen am Kapitalmarkt", die die Attraktivität der Börsennotierung im Verhältnis zu anderen Formen der Kapitalaufnahme mindere.

Die Regierung soll sagen, ob sie die Möglichkeiten des Bürokratieabbaus bei Regulierungen börsenorientierter Unternehmen prüfen will. Die Abgeordneten fragen ferner, in wie vielen Fällen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bei der Prüfung von Insiderhandel-Verdachtsfällen auf so genannte Insiderverzeichnisse zurückgegriffen hat.

Bürokratieabbau bei der Regulierung börsennotierter Unternehmen
Die Bundesregierung hat "bessere Rechtsetzung" und "Bürokratieabbau" zu einem Schwerpunkt ihres politischen Programms erklärt. Die Erfahrung zeigt, dass auch viele gut gemeinte Regeln exzessive bürokratische Folgen haben können. Dies gilt auch für die spezifischen Regulierungen für börsennotierte Unternehmen, die von aktiengesetzlichen Sonderregeln bis hin zu Auflagen an die Unternehmens- respektive Kapitalmarktkommunikation reichen.

Eine Reihe von Kapitalmarktexperten spricht angesichts der gewachsenen Regulierungsintensität mittlerweile offen von "Überregulierungen am Kapitalmarkt", die die Attraktivität der Börsennotiz im Verhältnis zu anderen Formen der Kapitalaufnahme herabsetze. Damit würde genau das Gegenteil dessen erreicht, was mit den vielfältigen Schutzvorschriften ursprünglich bezweckt wurde. Anleger besäßen weniger Möglichkeiten, in börsennotierte Aktien zu investieren, weil Unternehmen regulierungsbedingt Finanzierungsformen außerhalb der Börse bevorzugten.

Kleine Anfrage der FDP

Die FDP-Fraktion fragte die Bundesregierung:
1. Unternimmt die Bundesregierung derzeit konkrete Schritte, systematisch Möglichkeiten des Abbaus von Bürokratie und der Reduktion von Ineffizienzen bei den spezifischen Regulierungen börsennotierter Unternehmen zu prüfen?

2. Wenn ja, wann ist hier mit Ergebnissen beziehungsweise Empfehlungen zu rechnen?

3. Kann die Bundesregierung beziffern, welchen administrativen Mehraufwand jeweils die Erweiterung der Ad-hoc-Meldepflichten (§ 15 WpHG) sowie der Directors’ Dealings-Meldungen (§ 15a WpHG) und die Einführung von Insiderverzeichnissen (§ 15b WpHG) bei börsennotierten Unternehmen verursacht hat?

4. Wie schätzt die Bundesregierung den Nutzen dieses Maßnahmenpaketes für den Kapitalmarkt nach den ersten Erfahrungen ein?

5. Lässt sich diese Einschätzung empirisch fundieren?

6. In wie vielen Fällen hat die BaFin zur Überprüfung von Verdachtsfällen des Insiderhandels seit Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes auf Insiderverzeichnisse zurückgegriffen?

7. Wie viele Verfahren wurden aufgrund des Hinzuziehens der Insiderverzeichnisse eröffnet?

8. Wie viele dieser Verfahren hätten ohne Insiderverzeichnis
a) gar nicht oder
b) nur mit Verzögerung eröffnet werden können?

9. Welchen zusätzlichen Aufwand hat die Einführung des jährlichen Dokumentes nach § 10 des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) für die börsennotierten Unternehmen verursacht?

10. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, inwieweit das jährliche Dokument bei Anlageentscheidungen von professionellen und privaten Anlegern genutzt wird?

11. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass mit der Umsetzung der Transparenzrichtlinie in deutsches Recht die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines so genannten jährlichen Dokumentes (§ 10 WpPG) obsolet geworden ist, da nunmehr eine europaweite Speicherung von Kapitalmarktpflichtinformationen besteht?

12. Wenn ja, plant die Bundesregierung, auf europäischer Ebene Schritte zur Änderung der entsprechenden Regelung in der Prospekt-Richtlinie zu unternehmen?

13. Wo sieht die Bundesregierung generell Verbesserungsbedarf mit Blick auf die Marktmissbrauchsrichtlinie, die Prospektrichtlinie und die Transparenzrichtlinie?

14. Liegen der Bundesregierung Erfahrungen zum Maßnahmenpaket des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vor?

15. Ist es insbesondere gelungen, das "missbräuchliche Ausnutzen von Rechten und Rechtsmitteln zu beschränken" (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des UMAG vom 14. März 2005, Bundestagsdrucksache 15/5092, S. 10)?

16. Wenn der Bundesregierung (noch) keine Erfahrungen vorliegen, für wann ist eine systematische Erhebung der Auswirkungen des UMAG geplant?

Berlin, den
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

(Bundestag: FDP: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • E-Rechnung: E-Mail-Postfach reicht aus

    Für den Empfang einer E-Rechnung reicht künftig die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus. Das erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/12742) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/12563). Allerdings können die beteiligten Unternehmen auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren.

  • Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt

    Die Nutzung neuer Flächen für Bau- und Verkehrsprojekte soll weiter reduziert und bis 2050 auf "Netto-Null" reduziert werden. Dieses Ziel wird in dem von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/12650) vorgelegten Transformationsbericht zum Bereich Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende formuliert.

  • Förderung für Reparaturinitiativen statt Reparatur

    Die Bundesregierung will laut einer Antwort (20/12723) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/12495) Reparaturinitiativen mit insgesamt drei Millionen Euro fördern. Die Einführung eines Reparaturbonus auf Elektrogeräte lehnt sie mit Verweis auf die Haushaltslage ab.

  • Vor möglichen Lieferengpässen gewarnt

    Eine Bedrohung der Arzneimittelversorgung ist nach Angaben der Bundesregierung durch das novellierte chinesische Anti-Spionage-Gesetz derzeit nicht zu befürchten. Es gebe einen engen Austausch mit den Ländern, um mögliche Bedenken und Risiken bei künftigen Inspektionsreisen zu minimieren, heißt es in der Antwort (20/12695) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/12482) der Unionsfraktion.

  • Bericht zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt

    Die Bundesregierung hat den "Bericht über die für die Europäische Kommission zu erstellenden Berichte über die durch die Strukturfonds geleisteten Beiträge zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt" als Unterrichtung (20/12550) vorgelegt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen