Zu starke Förderung von Minijobs


Unterrichtung: Sachverständige kritisieren Minijobs und fordern Mindestlohn
Angesichts des hohen Anteils gering bezahlter Frauen plädiert Kommission auch für einen Mindestlohn


(31.08.11) - Trotz enormer Fortschritte fehlt der Gleichstellungspolitik in Deutschland ein gemeinsames Leitbild, die staatlichen Einflussnahmen auf unterschiedliche Lebensphasen stehen "unverbunden nebeneinander". Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Sachverständigen, die nun als erster Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (17/6240) vorliegt. Der Mangel an Konsistenz führe dazu, dass gleichzeitig Anreize für ganz unterschiedliche Lebensmodelle gesetzt werden oder dass die in einer Lebensphase gewährte Unterstützung in der nächsten abbricht, heißt es darin.

Die Sachverständigenkommission bemängelt, dass Frauen besser ausgebildet seien als je zuvor, gleichzeitig aber Anreize gesetzt werden, ihre Potenziale im Erwerbssystem nicht ausreichend zu nutzen. Dies erschwere nicht nur eine eigenständige Existenz im Erwerbsalter, sondern auch den Aufbau einer armutsfesten Alterssicherung. "Als wenig zukunftsweisend sieht die Kommission dabei insbesondere die starke Förderung von Minijobs, die in Deutschland besonders ausgeprägte Ertragsschwäche vieler typischer Frauenarbeitsplätze und die geringe Zahl von Frauen in Führungspositionen an", heißt es in der Unterrichtung.

Die Kommission empfiehlt deshalb neben einem Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder, die besonderen Anreize für geringfügige Arbeit im Arbeits-, Sozial- und Steuersystem zu beseitigen. Angesichts des hohen Anteils gering bezahlter Frauen plädiert sie auch für einen Mindestlohn. Gleichzeitig fordert sie eine Geschlechterquote für die Aufsichtsräte und Mindestanteilsregelungen für Frauen in Führungspositionen.

Gleichstellung erfordere aber auch eine flexiblere Arbeitswelt mit mehr Arbeitszeitoptionen, schreiben die Sachverständigen. Sie schlagen vor, diese Optionen in einem neuen Gesetz zu Wahlarbeitszeiten zu verankern.

Sie betonen darüber hinaus, dass Gleichstellungspolitik nicht nur neue Lebensentwürfe für Frauen und Männer unterstütze, sondern auch ein "unverzichtbarer Bestandteil einer modernen Innovationspolitik" sei. Denn durch eine Nutzung aller Talente der Gesellschaft würden Unternehmen leistungsfähiger und flexibler. Die Erwerbstätigkeit von Frauen führe nicht nur zu zusätzlicher wirtschaftlicher Nachfrage. Es entstünden dadurch auch neue Beschäftigungsverhältnisse, vor allem im Dienstleistungsbereich.

"Wenn zudem Frauen vollwertige Beitragszahler werden und nicht nur abgeleitete Ansprüche nutzen, werden die Sozialsysteme stabilisiert. Die Kosten der gegenwärtigen Nicht-Gleichstellung übersteigen die Kosten einer zukunftsweisenden Gleichstellungspolitik bei weitem", heißt es in der Unterrichtung abschließend. (Deutscher Bundestag: ra)




Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen