Faktische Ungleichbehandlung beseitigen


Rechtsausschuss: Reform des Handelsgesetzes soll kleine Gesellschaften entlasten
Das Mindestordnungsgeld soll nun für Kleinstkapitalgesellschaften auf 500 Euro und für kleine Kapitalgesellschaften auf 1.000 Euro gesenkt werden

(04.07.13) - Einhellig begrüßt haben die Sachverständigen bei einer Anhörung des Rechtsausschusses die Absicht der Koalition, gegen Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften geringere Ordnungsgelder zu verhängen, sofern sie ihre Pflichten bei der Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen verletzen. Michael Gschrei vom Verband für die mittelständische Wirtschaftsprüfung forderte sogar, bei diesen Unternehmen Ordnungsgelder ganz entfallen zu lassen. Mehrere der neun Experten übten Kritik an Details der Neuregelung des Handelsgesetzes und bezweifelten, ob durch die Änderungen tatsächlich wie erhofft Härtefälle gemildert und die betreffenden Gesellschaften spürbar entlastet werden. Dem Hearing unter Leitung von Halina Wawzyniak (Linke), der Vizevorsitzenden des Ausschusses, lag ein Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zugrunde, der inzwischen von der Regierung wortgleich in einem eigenen Gesetzentwurf übernommen wurde.

Zentrales Anliegen der Reform ist die Reduzierung der Mindestordnungsgelder für Kleinst- und kleine Kapitalgesellschaften, sofern sie ihre Rechnungslegungsunterlagen nicht innerhalb vorgeschriebener Fristen offenlegen. Bislang beläuft sich das Mindestordnungsgeld unabhängig von der Unternehmensgröße stets auf 2.500 Euro, die Höchstsumme kann 25.000 Euro betragen. Das Mindestordnungsgeld soll nun für Kleinstkapitalgesellschaften auf 500 Euro und für kleine Kapitalgesellschaften auf 1.000 Euro gesenkt werden.

Zudem kann im Falle einer Fristversäumnis künftig eine zusätzliche sechswöchige Nachfrist gewährt werden, wenn das betreffende Unternehmen glaubhaft darlegt, ohne eigenes Verschulden das vorgeschriebene Datum verpasst zu haben – wenn beispielsweise ein Alleingeschäftsführer schwer erkrankt war oder Dokumente durch Feuer zerstört wurden. Überdies ist geplant, erstmals eine Beschwerdemöglichkeit gegen Urteile des Bonner Landgerichts zu schaffen, das bundesweit als einzige Instanz über Widersprüche gegen die Verhängung von Ordnungsgeldern durch das Bundesamt für Justiz urteilt.

Heinz-Josef Friehe sagte, er sehe dem neuen Gesetz "mit einem gewissen Optimismus" entgegen. Der Präsident des Bundesamts für Justiz begrüßte es besonders, dass künftig Beschwerden gegen Entscheidungen des Bonner Landgericht formuliert werden können, dessen einzelne Kammern zu diesem Thema inzwischen eine "divergierende Rechtsprechung" entwickelt hätten.

Gschrei begründete seine Forderung, bei Kleinst- und Kleinkapitalgesellschaften auf Ordnungsgelder generell zu verzichten, u.a. mit dem Hinweis, dass von offengelegten Jahresabschlüssen 25 Prozent falsch seien, wobei in diesen Fällen keine Sanktionen ergriffen würden. Sei es schlimmer, keine oder falsche Zahlen offenzulegen, fragte der Sachverständige. Er fände es besser, Unternehmen im Bundesanzeiger zu benennen, die keine Daten publizieren.

In einer gemeinsam vorgelegten Stellungnahme begrüßten Annika Böhm vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag, Robert Kiesel von der IHK der Region Stuttgart und Roland Kleemann, Präsident der Steuerberaterkammer Berlin, die geplanten Neuerungen als "Schritt in richtige Richtung". Wegen komplizierter Detailregelungen sei indes absehbar, dass die Entlastungen zahlreiche Klein- und Kleinstunternehmen nicht erreichen würden, darunter "viele unglückliche Fälle" (Kiesel). Aus Sicht Böhms ist nicht präzise geklärt, wie mit Fristversäumnissen bei der Offenlegungspflicht umgegangen werde, wenn Unterlagen etwa durch Feuer oder durch eine Flut vernichtet würden.

In einer schriftlichen Stellungnahme sprach sich Christoph Teichmann für die Herabsetzung der Mindestordnungsgelder mit dem Argument aus, bislang würden kleine Gesellschaften "überproportional belastet". Bei der Verhängung von Sanktionen würden große und kleine Unternehmen gleich behandelt, so der Professor von der Uni Würzburg, was "faktisch eine Ungleichbehandlung bedeutet", da solche Maßnahmen kleine Gesellschaften härter träfen als große. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • PKGr-Bericht über Kontrolltätigkeit vorgelegt

    Als Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) liegt dessen "Bericht über die Kontrolltätigkeit gemäß Paragraf 13 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes" (21/12) für den Berichtszeitraum Oktober 2023 bis Februar 2025 vor. Das PKGr kontrolliert die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, Bundesnachrichtendienst).

  • Deutsche Bahn dominiert

    Die Bundesregierung hat eine auf das 9. Sektorgutachten Bahn der Monopolkommission (20/8027) bezogene Stellungnahme vorgelegt (21/21). Dabei werde auf die Marktsituation bis zum 1. Halbjahr 2024 sowie auf Maßnahmen der Bundesregierung Bezug genommen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen worden sind oder deren Umsetzung bevorsteht, heißt es in der Unterrichtung.

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen